Faksimile 0555 | Seite 547
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gaukeln um-gaukeln
Gāūkeln: 1) intr. (haben):
a) sich leicht, spielend, tändelnd, hüpfend, flatternd etc. hin und her bewegen: Wonnebilder g. | um seine Phantasie. Alxinger D. 147; Die Bilder . ., wie sie gaukelten. G. 6, 365; G–d baden sie um ihn. 10, 312; Gestalten, die auf Schnörkeln und Stäben g. und sich heftiger und munterer bewegen. 31, 41; Da du .. gleich einem .. Schmetterling um eine .. Blume | um mich mit neuem Leben gaukeltest. 13, 28; Die g–de [tändelnde] Naīvität einer Schäferhandlung. Kant Sch. 40; Flatterhaft und g–d. 58; Johannisfünkchen gaukelten zwischen den .. Sträuchern; Klinger F. 19; 41; Fröhlicher hüpft der Knab’ und führt sein g–des Leben. Knebel 1, 19; Das g–de Kind. Sch. 77a; Gaukelt .. ein Truggesicht mir ums Gehirne? [s. c]. W. 11, 11 etc.
b) Mit Etwas g., es hin und her bewegen etc.: Mit dem Licht g., vgl. Gaukellicht etc.
c) durch rasche Bewegung täuschen, blenden; Taschenspielerei, Possenspiel etc. treiben (s. 2a): Unter der ewigen Erregung ihrer g–den, ja gaunernden Einbildungen. Gutzkow Bl. 1, 145; Gaukelst mit langen Spießen [statt ernst zu kämpfen]. Luther 1, 372a; Was hilft doch solch G. und Alfänzen mit so schändlichen Lügen? 5, 299b; Gaukelt und narret von der Seligkeit, daß die solle sein in fleischlicher Lust. 8, 14b; Ein echter oder g–der Wahrsager. Tieck NKr. 2, 162; G–de Irrlichter. Voigts H. 91; Manches | g–de Aftergetön. V. 3, 6; Ein fixfingriger Notizverwandler durch g–den Hokuspokus. A. 1, 163 etc. 2) tr. (s. 1c):
a) betrügen: G. wieder euch die Wälschen | mit dem Freiheits-Affentanz? Arndt 419.
b) gaukelnd vorbringen, hervorbringen, schaffen: Hilft sie wieder Nichts, was die Jüden g. [vorgeben]. Luther 6, 545a; Sie gaukelt | immer erneute Gestalt. V. Ov. 2, 215; Einem Geld aus der Tasche, in die Tasche g.; So hat er uns Pferdsdreck ins Maul gegäukelt. Luther 8, 209a etc. 3) refl. (s. 1a): sich schaukelnd hin- und herbewegen, sich wiegen: Die Phantasie gaukelt sich in den kühnsten Idealen von Erdenglück. Gutzkow R. 7, 104.
Anm. Ahd. goukal etc. (Graff 4, 134), mhd. goukel etc. (Benecke 1, 539 ff.), vwdt. mit lat. joculor, Scherz, Gaukelei treiben (s. Gaukler u. vgl. Jokus, Jux, Gigsen etc. Stalder 1, 446), wohl wie Spiel etc., mit der Grundbed. der Hin- und Herbewegung, s. Schm. 2, 24 z. B. = taumeln etc. und vgl.: Und dann gauketi, gauketi (hüpfend) die Felsen hinunter. Meißner Stein 28 etc., zusammengestellt mit Geck und Gauch (s. d.) Anm. das dann in der Bed. von Geck etc. zunächst den Gaukler bezeichnen würde. Wahrscheinlich sind in G., Gauch, Geck versch. Stämme zusammengeflossen. Wie die Zeitw. der Bewegung überhaupt, s. flattern, fliegen etc., wird das Intrans. mit sein verbunden, wenn die Ortsverändrung bez. werden soll. s. Zsstzg.
Zsstzg. z. B.: Ab-:
1) tr. [2b]: Einem Etwas a., durch Gaukelei abnehmen. Luther 3, 531. Daß man’s vom griechischen dρύς a. [thöricht ableiten] will. Schottel 56 etc.
2) intr. (sein, Anm.): s. Auf-g. Āūf- [1a], intr. (sein, Anm.), gw. mit Ggstz.: Auf- und nieder-gaukeln. G. 6, 378; Wie .. Angst und Hoffnung . .wechselweise auf- und abgaukeln. 25, 80 etc. Āūs-:
1) tr. [2b]: Ihnen .. Wurmsamen-Koth auf zigeunerisch eingaukeln und den Säckelsamen [das Geld] a. Fischart Garg. 192a etc., s. heraus-g.
2) intr. (haben): zu Ende gaukeln, tändeln: Hat die Neigung ausgegaukelt. G. 12, 159.
3) [1a] intr. (sein): Da gaukeln Engel aus und ein. AWSchlegel Gd. 1, 188. Be-: tr. [2a]: Die Feind wöllen .. uns b. mit ihr[er] Zauberei. HSachs 3, 1, 26. Dahêr-: tr. u. intr. (sein, Anm.). Eīn-: tr.: s. Aus-g. 1u. 3: Einem Schwachen Muth einschwätzen und e. Fischart (Wackernagel 3, 1, 478 Z. 34); auch: Abends gaukl’ ihr Bild dich ein! G. 1, 40 [das vor deinem Sinn gaukelnde Bild wiege dich ein, in Schlummer] etc. Er-: tr.: durch Gaukelei erwerben etc. Fórt-: tr. und intr. (haben und sein, Anm.): weiter gaukeln, Etwas gaukelnd fortsetzen: Sie gaukelten auf dem bunten Welttheater .. ihre Mummereien fort. Heinse A. 1, 68; Etwas durch Gaukelei fort-, wegschaffen. Hêr-, Hín- etc.: tr. und intr. (sein, Anm.): Seine schöne Tänzerin tanzte und gaukelte .. vor ihm her. W. 9, 166 Hin-g–d auf des Sees geduld’ger Bahn. Echtermeyer 139; Ich will ihm .. nicht meine Bilder vorkramen, meine Empfindungen hin-g. H. Phil. 13, 38; Der den Hauptpunkt einer Anklage . . ganz ohne Beweis hingaukelt [gaukelnd, trügend hinstellt]. V. Ant. 2, 169; Einem Geld aus der Tasche her- aus-, in die Tasche hineingaukeln; Die Göttin des Leichtsinns möchte gern ihrem Lieblingsvolk allen trüben Ernst aus der Seele hinausgaukeln. Heine Lut. 1, 195; Vor ihm herumgaukeln. Rabner 4, 383; Während solche Bemerkungen aus Mylady’s feinem Munde hervorgaukelten. Heine Reis. 4, 79 etc. Nāch-: tr.: gaukelnd nachmachen etc.: Leichtigkeit, die wir jetzt haben, ihnen nachzusprechen, nachzulallen, nachzugaukeln. H. Ph. 13, 71; Luther 6, 189a; Die Nachgaukelung. V. Ant. 1, 181 etc. intr. (sein, Anm.): Einem gaukelnd folgen etc. Nīēder-: intr. (sein, Anm.): Kirschenblüthe gaukelt nieder | auf der Abgeschiednen Staub. Salis 101. Über-: tr.: Einen durch Gaukelei überraschen, hintergehn. I.
Um-: tr.:
gaukelnd umgeben: Umgaukelt ihn mit süßen Traumgestalten! G. 11, 62; 13, 172; 6, 19; 307; Von Ahnungen umgaukelt. W. 20, 143 u. v. II. Um-: tr.: gaukelnd umschaffen, umgestalten: Kirke .., die umgegaukelt garstig .. die Kameraden. V. Ar. 3, 319. Umhêr-: intr. (sein, Anm.): Prinz Amin auf seinem Flügelpferde | war indessen weit umhergegaukelt. Platen 4, 297; Hebel 2, 188 etc. Ver-: tr.: gaukelnd vergehn machen: Du vergaukeltest ihm manchen Tag. G. Stein 1, 25. Vōr-: Einem Etwas v., durch Gaukelei vor die Augen führen etc.: Im Theater sich das Wunderlichste v. zu lassen. G. Z. 4, 224; Ein Possenspiel, das dem Volke vorgegaukelt wird. Heine Reis. 4, 111; Das zu verbergen, was ihr seid und Das vorzugaukeln, was ihr nicht seid. Klinger F. 66 etc. Vorbēī-, Vorǖber-: intr. (sein, Anm.): Die Bilder gaukeln vorüber und verschwinden. G. 31, 24. Wég-: tr.: fort-, ver-g.: [Sie hat] ihr Leben weggegaukelt. 14, 76.