Faksimile 0549 | Seite 541
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Garn
I. Gárn, n., –(e)s; –e; -:
1) aus Flachs, Lein, Hanf, Werg, Wolle, Baumwolle etc. einfach gesponnener oder zusammengedrehter Faden: Wollen-G., wollnes G.; Kammwoll-G., Streichwoll-G. etc.; ohne Zusatz bez. G. meist Flachs- oder Hanf-G.: Den Flachs zu feinem G. gesponnen, | das G. zum Weber hingebracht. Chamisso 3, 63; Wie mancher Tag zum G.-Kochen, Bleichen, Trocknen, Bocken, Winden, Scheren und Weben erfordert wird. Möser Ph. 1, 116; Durch die Saiten des G–s sauset das webende Schiff. Sch. 76a; Welche gehaspeltes G. von der Wind’ abspulte zum Weben. V. 2, 151; 1, 57 etc. Auch übertr.: Ließ, wie man sagt, das G. auf den Boden laufen [verschwendete]. Auerbach D. 1, 389; Sie muß ihr G. spinnen an allen Ecken [hat alle Hände voll zu thun]. Gotthelf Sch. 139 etc.
2) aus gezwirntem Garn gestricktes Netz bei Jägern u. Fischern, und zwar bei diesen zumeist die großen nicht sackförmigen Zugnetze. Oft übertr. auf Das, womit man Menschen berückt u. fängt: Einen Gimpel (s. d.), Vogel ins G. locken, ziehen; Einem ins G. fliegen, gehn; Einen im G. haben; ihn aus dem G. lassen; Einem ein Wild, einen prächtigen Fisch [s. d., z. B. Gotthelf U. 2, 342] ins G. jagen, treiben, hetzen; Sieh uns Schwache von dem Bösen,| von der Sünde G. umstellt. Chamisso 3, 321; 4, 115 etc.; Vor dem G. fischen (s. d. a). Luther 6, 3b etc.
3) der zweite Magen der Wiederkäuer, die Haube.
Anm. Ahd. garn, wohl zu gar gehörig, vgl. wirken, weben etc.
Zsstzg. zu 1 (s. d.) nach dem Stoff, zu2 (vgl. Netz) nach den damit zu fangenden Thieren, z. B.: Biber-, Enten-, Finken-, Fisch-, Forellen-, Hasen-, Hirsch-, Kaninchen-, Kibitz-, Lerchen-, Marder-, Reh-, Sau-, Schnepfen-, Tauben-, Vogel-, Wachtel-, Wild-, Wolfs-G. etc.; ferner auch sonst zu 1 und 2 nach versch. Arten der Anwendung etc., z B.: Āūßen- [2]: Lenz Nat. 2, 253. Bestéch- [1]: Schustern zum Bestechen ihrer Arbeit dienend. Brīēf-[1]: aus dem Brief (s. d. 5) gesponnenes Baumwollen-G., feiner als das Rädli-G. G. 19, 42.
Déck-: Nacht-G. Díck- [1]: dicker Wollenfaden.
Dócht-: Licht-G., zu Lichtdochten. s. Klopf- G.
Dōhnen-: Dohne (s. d.): Diesen Strohgimpel [Dummkopf] . . in euer D. zu verstricken. Tieck A. 1, 220.
Eīn-: In-G. Döbel 4, 14a.
Eīnschuß-: Schuß-G. Karmarsch 1, 148. Eīntrags-. G. 19, 51.
Fáll-: das niederfallend das Wild fängt. Físcher- [2]. Hes. 26, 5; Döbel 4, 98a etc. Flách- [2]: flach auf die Erde gestecktes Garn, Steck-G.
Flīēgen-: über Pferde etc. gedeckt, um die Fliegen abzuhalten, Fliegennet. Flīēß-[2: Art Fischer- G. Glócken- [2]: zum Fang der Repphühner im Winter. s. Glocke 4f. Grōß- [2]: großes Wurf- G. Grúnd- [2]: Fischer-G. mit schwerem Gesenk, das den Grund oder Boden streift. Hánd- [1]: im Ggstz. zum Maschinen-G., das mit der Hand gesponnene. Hä́nge- [2]: Vogel-G., das an die Durch- und Zugänge aufgehängt wird. JP. 1, 19. Hêbe- [2]: im Ggstz. von Flach-G.: Die Netze wurden gesteckt, das H. zurecht gelegt. vHorn rhD. 2. 26. Hōch- [2]: hochgestelltes Garn zum Fang von Repphühnern. bsbe 2, 19s. In- [2: ein zwischen den Spiegeln befindliches busiges Garn in den Steckgarnen. 197; 4, 99b. Jāgd-, Jǟger- [2]. Kābel- [1]: woraus die Kabeltaue gefertigt werden. s. Ducht. Kāmel-, Kä́mmel-: Kammwoll-G., namentl. das aus dem Haar der Kämmelziege (s. d.), Kamelhaar, u. vgl. Kamelott. Kardūs- [1]: (seem.) zweidrähtiges ungetheertes Garn zum Zusammennähen der Kardusen (s. d.). Kétten- [1]: in einem Gewebe die Kette bildend, Ggstz. Schuß-G., draller als dies und in entgegengesetzter Richtung gedreht. Klêb(e)- [2]: Garn, in welchem die hineingejagten Vögel, Schnepfen, Lerchen etc. kleben, d. i. hängen bleiben; auch Art Grund-G. Klópf- [1]: weichgeklopftes Baumwoll-G., z. B. zu Dochten. Klöppel- [1]: zum Klöppeln dienend. Kóffer- [2]: kofferförmiges Fischer G.; Sack-G. Kúppel- [2]: leichtes Wild-G. Lāūsch- [2]: feines Netz, Hasen und Füchse zu belauschen oder zu beluchsen, Lug-G., Lücken- G., weil sie vor die Lücken in den Lappen gestellt werden. Lēīk- [1]: (seem.) feines Hanf-G., das Leik (s. d.) zu nähen.
Licht-: Docht-G. Līēn- [1]: (seem.) Hanf-G. zur Fertigung der Leinen, der Loggleine etc. Lōth- [1]: sehr feines Leinen-G. von geringem Gewicht. Lücken-, Lūg-: s. Lausch-G. Marīē(e)n-: Marienfaden (s. d.). Máschen- [2]: maschiges Garn. V. Hor. 1, 306.
Maschīnen-: Ggstz. Hand-G. (s. d.). Mücken- [2]: s. Fliegen-G. und: Mit weißem, lose gedrehtem, sogenanntem Muggengarn. G. 19, 133. Mylt- [1]: Art Hand-G. Möser Ph. 1, 115. Nácht- [2]: zum Fang von Lerchen, Wachteln etc. bei Nacht. Döbel 2, 207. Nǟh- [1]: zum Nähen.
Néssel-: s. Nesseltuch.
Plátt-:
1) [1] Art platten Leinengarns zum Stopfen, Stopf-G.
2) [2] Plattnetz. Préll- [2]: Spiegel-G.; Garn zum Fuchsprellen etc. Rād(e)- [1]: mit einem Rad gesponnen, vgl. Brief- G. Sáck-: Koffer-G. Schêr- [2]: zur Scherung dienend, Ketten-G. Schīēmanns- [1] (seem.) aus alten Tauen gefertigtes grobes, lockres G. Schīēr- [1]: Art Hand-G. Möser Ph. 1, 115. Schlāg(e)-: Fall-G. Schlépp-: Zug-G. Schnápp- [2]: Bauerhamen, ein viereckiges Fischernetz. Schúß-: s. Ketten-G. Sêgel- [1]: (seem.) zum Nähen der schweren Segel; zuw. verderbt: Siegel-G. Schnēē- [2]: Schneehaube. Sénk- [2]: mit Bleistücken ins Wasser gesenktes Fischer-G.; auch = Schnapp-G. Spīēgel- [2]: mit spiegelförmigen Maschen. Stéck-: Flach-G. Stéll- [2]: ein über den ganzen Fluß gestelltes Netz mit doppelten Spiegeln. Stíck- [1]: zum Sticken. Stópf-: s. Platt-G. 1. Stōß-:
1) [1] (seem.) zum Ausbessern der Taue.
2) [2] Kleb-G. mit drin angepflöckter Taube, drauf stoßende Raubvögel zu fangen. Strēīch-: Nacht-G.; Zug-G. Strích-: Spiegel-G. zum Forellenfang. Stríck- [1]: zum Stricken. Tāge-: Kleb-G., vgl. Nacht-G. Tākel- [1]: getheertes Segel-G. zum Betakeln und Bindseln. Trēīb-: Grund-G., in das die Fische getrieben werden. Tréns- [1]: (seem:) zum Trensen der Taue. Vōr- [1]: das auf der Vorspinnmaschine gefertigte Vorgespinnst. Wúrf- [2]: trichterförmiges Fischergarn mit Bleikugeln am weitern Ende, das, ins Wasser geworfen, schnell sinkt und die angetroffnen Fische einschließt. Zéttel-: Ketten-G. Zīēh- [2]: zum Zuziehn, z. B. Hänge-G. Zūg- [2]: Zieh-G., nam. Fischwathe, auch übertr.: Sich aus dem Netz seiner Geschäfte oder vielmehr vom Z. seiner Umtriebe loszumachen. König Kl. 2, 4; Gefangen im weiteinschließenden Z. V. Il. 5, 487 u. ä. m.