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Gans
Gáns, f.; Gänse; Gänschen, lein; Gänse-:
1) = J 4 Frosch 8 (s. d.). 2) Bergb.:
a) ein hartes, festes Gestein. s. Schm. 2, 59.
b) in Pirna: eine Art grober Sandstein. 3) im Altendorfer Salzwerk: ein Klumpen Salz. 4) Hüttenw.: Jst das Roheisen zum Verfrischen bestimmt, so gießt man es .. in 3 bis 4“ lange, 4“ breite und im Querschnitt halbrunde Barren, Gänze. Karmarsch 1, 578; Das in Gänze von 6—8“ Länge, 2—3“ Dicke und 9—10“ Breite gegossene Roheisen. 587; Mitscherlich 2, 2, 99, vgl. Deul, Anm., u. Bügel- G. 5) bei Pressen eine an die Schraubenspindel befestigte und ihren Widerstand verstärkende Platte. 6) ein Schwimmvogel, von der nahverwandten Ente (s. d. und vgl. Schwan) durch die größre Gestalt, den sich nach vorn verschmälernden Schnabel und die längern Beine verschieden, Anser, mit mehrern Arten (s. Zsstzg.). Ohne Zusatz gewöhnl.: Die zahme oder Haus- G., A. domesticns, im Ggstz. nam. zur wilden G., A. ferus. Der Name G. umfasst beide Geschlechter; für das Männchen gilt insbesondre der Name: Gänserich, für das Weibchen nur mundartl.: Gansin. Schm. 2, 57; Hatte höchstens das Gehirn einer Gänsin. Gotthelf U. 2, 94. Für die junge G. mundartl. auch = Gänseklein (s. d.) gilt außer den Verkl. hochd. Gänseküchlein (s. d.): a) Die Gänse schnattern (s. auch Dada 1; Gack, Anm. und quaken), zischen wofür auch zuw.: pfeifen gilt; So ist’s als pfiffe ihn eine G. an. Luther 5, 285b (von leerem, nichtigem Schelten und Drohn); Zogen wilde Gänse mit ihrem trompetenden Geschrei hoch über uns. Tieck Nov. 7, 70; Göckingk Lieb. 36. Wohl dazu: Erzählungen unsrer Mutter G. (nach dem frz. contes de ma mère l’oie) = Ammenmärchen, s. Gack, Anm. 5.1— h) Gänse fett machen, mästen, fretzen, frecksen, stopfen, nudeln (s. d.); Gänse braten; Trug man als Hauptschüssel eine fette G. auf. Thümmel 1, 9 etc.
c) die G. gilt als dumm, daher auch oft übertr. auf Menschen: Es ging ein Gänschen übern Rhein und kam ein Gickgack wieder heim; Weil ich dich nicht für eine G. halte. Garzoni 138a; Man sagt, die Gänse wären dumm. G. 4, 45; Für Schöpse, Gänse, Hornvieh etc. Holtei Lammf. 1, 302; So grobe Esel, Gänse oder Enten. Luther 8, 7a; Der Schubiak Semler . ., die impertinente Professor-G. L. 12, 530 etc., nam. oft von einfältigen Mädchen etc.: So ein Gänschen von Nichte. G. 6, 351; 14, 82; Du bist die dümmste G., die auf Gottes Erdboden herumwackelt. Grimm M. 251; 84; 97; 279; Bat.., einzusteigen und die G. schnattern zu lassen. Gutzkow R. 1, 202; 2, 134; Eine alte verliebte G. Hackländer Stillfr. 1, 177; Eine G. zu belügen und zu verführen, um Geld zu kriegen, es dann hören zu müssen, die G. sei kahl, gerupft! Im- mermann M. 3, 438; 374; 4, 252; Entweder ist sie eine G., sich zu fürchten, oder ein Luderchen. Riemer G. 2, 664; Das Weib ist eine alberne G. Sch. 182b; Ein gutes Gänschen. Zschokke 1, 295 U. V.; Es wird sich zeigen, wer das Feld hier behält, ein gebildetes Kammermädchen oder so eine Land-G. Benedir 10, 14.
d) oftim Ggstz. zum Schwan: Neben deiner Schönheit Schwan nur schlecht befittigt schnatterhafte Gänse. G. 12, 174; Sie werden jetzt eine G. braten (denn Hus heißt eine G.), aber über 100 Jahr werden sie einen Schwan singen hören. Luther 5, 302b; Prutz Woch. 147 etc.
e) Sprichw. (s. c): Watscheln wie die Gänse; Hinter einander her gehn, wie die Gänse (s. Gänsemarsch); Mit den Gänsen im Proceß liegen [den Flaumenbart bekommen, von dem es erst zu entscheiden, ob es Haare oder Federn werden]; Den jungen Gänslein den Salat zu verwahren geben [vgl.: Den Bock zum Gärtner setzen]. Gryphius Säug. 18; Aussehen wie die Gänse, wenn’s blitzt [wie angedonnert, vgl. Ente]; Steht . . dumm und stumm, | den Gänsen gleich, wenn’s auf dem Anger blitzt. Göckingk 1, 154; Der ist ja so dumm, daß ihn die Gänse beißen. König Kl. 1, 82; Du weißt, woraus die G. pisst [bist gar zu klug, iron.]; Die Gänse gehen überall barfuß (s. d. und kochen 2a). 6) nach 5:
a) ein Binsenbündel zum Schwimmenlernen. Stalder 1, 424.
b) Gänschen, Gänsel = Milchschwamm, Agaricus cantharellus, von der Farbe, wie Galuschel nach it. gialo, gelb.
c) Gäns’ und Milch = Gänsedistel, Sonchus oleraceus.
Anm. Das deutsche Wort (5), vgl. Diez 163, schon bei Plinius Nн. 10, 22 ganza, entspr. dem skr. hansa, gr. ν, dor. ναν (lat. anser, mit Wegfall des Hauchlauts), plattd. mit Wegfall des n: Gos, wie engl. goose, u. verkl. 68 Gössel (Pip-Gössel), engl. gosling, vgl.: So rufen die sächsischen Bauern die Gänse: Hus! Hus! und es ist bekannt, daß Hus und Gus im Slawischen die Gans bedeutet. Monatbl. 1, 435, s. 5d, u. s. auch Wuseln, Anm. Viell. urspr. Tonw. nach dem Zischen, vgl. gr. αίν(, den Mund aufsperren. Für „Gänschen“ schles.: die Grusche. Wein- hold, und: Ein Grischlichen. Weise Js. 153. Die Bed. 1—5 gehören wahrsch. andern Stämmen an, s. zu 2 Gandecke, Anm., zu 4 Ganz, doch vgl. engl. goose, das Bügel- eisen der Schneider etc. und Bügel-G. Ungw. als Bstw. unverändert, z. B.: Gans-Brust. Platen 4, 28; -Kopf. Merck’s B. 2, 213; -Leberpastete. Tieck N. 1, 140 etc.
Zsstzg. meist zu [], z.B.: Bāūern-: Haus-G., auch scherzh. Bezeichn. eines Taschenmessers: Zu gutem Glücke finde ich eine B. in meinem Hosensacke. W. 27, 149, vgl. Klößelhengst.
Bāūm-: Anas bernicla; statt dummer Mensch. V. Sh. 1, 88.
Blāder-: die schnatternde Gans: Die Schnadergans, die B., die Märtensgans. Uhland V. 572.
Blä́ssen-: A. albitrons. s. Tschudi Th. 68.
Bránd-: A. tadorna.
Brént-: Baum-G.
Brūt-: brütende Gans. Bǖgel- [4 u. Anm.]: Bügeleisen: Schneider! Hier [in der Hölle] kannst du demne B. braten. Tieck Matb. 2, 2.
Eīder-: A. mollissima, s. Eider. Eīsen- [4].
Ember-: Colymbus immer, engl. embergoose, nach der Aschfarbe, s. Ammer II, 2.
Ērd-: Brand-G.
Ernte-: Gänsebraten als Ernteschmaus, so Licht-G.: Wir sollen morgen die E. bei Ihnen verzehren .Luisens Erntemahl. Pfeffel Pr. 3, 154.
Fétt-: Pinguin.
Flíck-: geräucherte Gänsebrust. V. 1, 181.
Fúchs-: Brand-G. Gélb-, Góld-: gw. verkl. Gelbgänschen = Goldammer.
Grāū-: A. cinereus. s. d. folg.
Hāgel-: wilde Gans; nach Einigen: die mit Ausnahme der schwarzen letzten Schwungfedern ganz weiße, im Ggstz. der Grau-G. etc. S. Schaidenreißer 12í; 68b etc., vgl. auch Benecke 1, 478b.
Hāyl-: Hagel- G. Brentano Fr. 1, 273.
Hāūs-: die zahme Gans.
Hêêr-: Reiher; auch: Art schwarzer Taucher.
Hīēle-: s. Wule-G.
Krách-: Brand-G.
Krópf-: Pelikan, Pelecanus onocrotalus..
Lách-: Blässen-G. Lánd- [5c].
Lēīb-: s. Leibgeld.
Lêse-: Gänsebraten, womit die Bettelmönche die zurückgekehrten Sammler zu regalieren pflegten. Schm. 1, 56.
Lícht-: Gänsebraten als Lichtbraten. s. Ernte-G.
Lóch-: Brand- G.
Löffel-: Löffelreiher.
Mártins-: eine Gans, insofern sie um den Martinstag, beim sogen. Martinsschmaus verzehrt oder zu demselben dem Gutsherrn gezinst wird (s. Uhland V. 567—573). Gutzkow R. 6, 55 etc.
Mêêr-: Kropf-G.
Mêêr-Nord-: Anas ruficollis.
Nūdel-: genudelte Gans.
Pȫkel-: eingepökelte Gans.
Préß-: Flick-G.
Ríngel-: Baum-G.; Brand-G.
Rōth-: Baum-G., nach Nemnich Rott-G., von ihrem Geschrei: Rott!
Rōthhals-: Meernord-G.
Sāāt-: Art wilder Gans. Tschudi Th. 68.
Sáck-: Kropf-G.
Sāhl-: Hagel-G.
Schlécker-: Anas hyperborea.
Schnátter-: s. Blader-G.; Die Schnattergänse im Dorf [Klatschschwestern etc.]. Spindler St. 1, 32.
Schnēē-: Hagel-G. Tschudi Th. 67, von Personen: Wenn solche junge Schneegänse klüger sein wollen als alte erfahrene Männer. Prutz E. 3, 169.
Schótten-: Soland-G.
Schwānen-: Anas cygnoides.
Schwárz-: Gänse-Schwarzsauer. Palm Weise 50.
Schwémmer-: der Kormoran (s. d.). Spate.
Sēē-: nach Spate ein Vogel Chenerotes; nach Nemnich = Froschfisch.
Sōland-: Pelecanus bassanus. Forster R. 1, 41; 120.
Spíck-: Flick-G.
Stópf-: Nudel-G.
Tāūch(er)-: Ganner.
Tölpel-: Pclecanus sula; Schimpfwort für einen Menschen. Droysen A. 1, 205; 3, 364.
Wátschel-: watschelnde Gans.
Wēīhnachts-: Gänsebraten zum Weihnachtsfest. Lewald W. 1, 150. Wūle-, Wūsel-: Kinderw. für Gans (s. Wusel und vgl. Pak-Ente etc.).
Zins-: eine Gans als Grundzins etc.