Fülle
Fülle, f.; –n:
Das, womit Etwas gefüllt wird od. ist; das Gefüllt-, Vollsein, im Ggstz. der Leere etc.:
1) Gefäß zum Aus- und Einfüllen, Füll-Kelle, -Löffel etc.: Aus welchem man den Talg mit einer F. ausschöpft. 1, 412; 3, 260 u. o. —
2) Das, was in Etwas, um es zu füllen, hineingethan wird:
a) Kochkunst: Füllung, Füllsel, Gefüll, s. auch Farce: Die F. eines Kohlkopfs, einer Gans etc., vgl. 3. —
b) Füll- Bier, -Wein etc. zum Auf- und Ausfüllen der Fässer. —
c) (bibl.) bei den Juden das Füllopfer, die Füllung, womit den Priestern „die Hände gefüllt“ wurden (s. 2. 28, 41; 29, 9 etc.). 2. 29, 22 ff.: vgl. jedoch: Deine F. und Thränen. 22, 29, mit der Randglosse: F. heißet er alle harte Früchte, . .. da man Speise von machet, Thränen . .. alle weiche Früchte, da man Saft und Trank von machet, als da sind Weintrauben, Öle. SW. 64, 19. —
3) Das, wovon Etwas voll ist, der es erfüllende Inhalt: Einem die F. seines Herzens ausschütten (s. 5). So nam. im Ggstz. der den Inhalt fassenden Hülle, vgl. zu 5 gehörig: Jahre mag, Jahrhunderte lang die Mumie dauern, | mag das trügende Bild lebender F. bestehn, | bis . . . an das hohle Gebäu rühret die Noth. 76b; Weil diese [Gedichte] vom . . . Oriente die Hülle borgten für die F. des Occidents. 6, 63. Und daher die Zusammenstellung: Die Hüll’ und die F., alles Erforderliche in reichem Maße, vgl. das Sprchw.: Hat der Bettler was, fehlt es ihm am Faß, z. B.: Käufer die Hülle und F. H. 2, 1, 167; Ich habe Guts die Hüll’ und F. 1, 121; Ich schicke dir . keine . . Bücher, weil du aus der . . Bibliothek die Hülle und die F. haben kannst. 6, 115 etc., nach urspr. von Kleidung (Hülle) und Nahrung (Füllung des Magens) s. 4. —
4) der reiche Vorrath, wonach Etwas in vollem Maß vorhanden ist, der Alles ausfüllt, so daß nirgend ein Mangel, eine Lücke erscheint: Die F. des Reichen lässt ihn nicht schlafen. 5, 11; Wer da hat, Dem wird gegeben, daß er die F. habe. 13, 12; Brots die F. haben. 3. 26, 5; Hatten die F. Brot zu essen. 2, 16, 3; Brot die F. haben. 15, 17 etc.; Brot in F. haben; Von seiner F. haben wir alle genommen Gnade um Gnade. 1, 19; In ihm wohnet die ganze F. [Vollkommenheit] Gottes leibhaftig. 2, 9; 1, 19 etc.; Die F. seiner Schande | sei Sühne dir. 4, 49; Jch habe dich — das ist die F.! | ich habe dich — mein Wünschen ruht. Garb. 76; 2, 229; Er befindet sich .. mitten in der F. und schwelgt. 3, 196; Farbe her! dein Meisterwille | schafft ein sichtliches Gedicht; | doch bescheiden in der F., | du verschmähst die Worte nicht. 6, 74; Da magst du die F. der Liebe dir erwarten. 10, 272; Diese F. der Gesichte. 11, 24 [der Reichthum der mir sich zeigenden Erscheinungen, s. Geister-F.]; Der Thaten stärkste F. | durch würd’ge Lieder auf die Nachwelt bringen. 13, 125; 31, 19; 41, Die gewöhnliche F. an Mangel und den großen Überfluß an Bedürftigkeit. J. 2, 3; Zum erstenmal, seitdem ich sie geboren, | umfass’ ich meines Glückes F. ganz [die beiden vereinten Söhne, die mein volles Glück ausmachen]. 492a; Kassen seiner Finanzaufseher, in denen eine F. herrschte, die mit der Leerheit der königlichen .. einerlei Ursache hatte [s. 5]. 7, 124. — In diesem Sinn ist die Mz. ungw., doch gebraucht sie häufig z. B.: So wurden neue F–n | des Lobgesanges wach. 1, 99; 104; Wie unscheinbares Kraut des Duftes F–n hütet. BE. 352; Aus F–n deines Borns. Rost. 54a; Das Unglück .. verschlang die F–n | des Meers, das der Versiegung schien zu spotten. Mak. 1, 107; 200 u. o. —
5) das Vollsein, s. voll, z. B.: Ein Faß, das Herz, der Busen, die Wangen, der Körper, der Wuchs, ein Ton ist voll, daher: Die F. des Fasses; Verhülle | des schönen Busens F. 1, 294; Daß mir nicht das Herz | vor Füll’ und Freude brechen sollte. 8, 123; Da klang so ahnungsvoll des Glockentones F. 11, 34; Aus Füll’ und Leere bildet sie Bewegung [beim Pumpenwerk etc.]. 6, 26; In schlanker F. [des Körpers, Wuchses]. H. 1, 90; Aus Leerheit oder F. des Herzens. 20, 164 etc. Ungw.: Daß der versammelte Himmel der Zeiten F. [Erfüllung, = daß die Zeit voll, erfüllt sei] vernehme. — hat auch hier die sonst ungw. Mz.: Daphne, die . . ihres Busens rege F–n | in die rauhe Rinde schloß. 1, 17. —
6) Kohlenbrenn.: eine auszufüllende Grube im Meiler.
Anm. Von voll s. Orth. 18, mit der Nbnf.: Völle der ertheilten Gnaden. 190; Durch solche Abstinenz zu der Völle [Saufgelage] lustiger. Sp. 111b; so noch: In des Menschen Brust | liegt der Welten Völle, | liegt des Himmels Lust | und die Qual der Hölle. 1, 111; N. 59; Rückt vor! dringt ein! recht in des Wirrwarrs Völle. Rich. III. 5, 3 etc., vgl. Füllerei. — Verwandt, aber nicht gleichbedeutend, ist das veralt.: die Viele, indem es wie das heutige Menge (s. d.) eine große Zahl von einzelnen Gegenständen, nicht aber die innerliche Aus- und Erfüllung, die Intensität bez., z. B.: Aquitania . .. wird also genennet von überflüssiger Viele der durchfließenden Wasseren. 142a: Eine große Viele Erdrichs und Gesteins. 390a etc. — Als Bstw. z. B.: Deren erstes Grün für die Folge den füllereichsten Anblick versprach. 15, 25; aber: Füllreich. St. 1, 55.
Zsstzg. z. B.: Erfahrungs-F. [reiche Erfahrung] habt ihr wohl gewonnen. G. 12, 90; Wo Geister-F. [4] mich umgab. 11, 28, vgl. 24; Seligkeit und Himmels- Völle [Anm.]. Rückert 2, 320; Jugend-F. . . rings umher! Matthisson 15; Pröhle J. 146; Von der ganzen überschwänglichen Lebens-F. Prutz DM. 1, 2, 513; Wer brach sie [die Knospen] . . auf | zu solcher Liebes-F.? WMüller Gd. 1, 228; Alle sel’gen Liebes-F–n. Rückert 1, 385; Die wuchernde Über-F. des Geistes. Gutzkow R. 7, 449; Der Busen vollkräftig ohne Über-F. Stahr Par. 1, 140 etc., ungw.: Die Ü. [das Überfülltsein] mit neugierigen Fremden. Gutzkow Zaubr. 3, 146; Die gesammte allgemeine Wesens-F. göttlicher Machtvollkommenheit. Stuhr Rel. 229; Die Wonne- F. Sch. 3a etc.
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