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Finesse eFinger
* Finéſſe (frz.), f.; –n: Schlauheit, Feinheit.
eFinger, m., –s; uv.; –chen, –lein; -: 1) eig. die
am Ende der Hand ſitzenden, getrennten, beweglichen
Glieder derſelben (vgl. Zeh und Daumen), im weitern
Sinn von allen den Thieren, denen eine Hand beigelegt
wird, z. B. Affen, Fledermäuſen, nam. auch von den
Fängen der Falken (ſ. Döbel 3, 104b), am häufigſten
aber von der menſchlichen Hand (in der Bibel auch an-
thropomorphiſch von Gott, ſ. 2a, wie dichteriſch: Tan-
nenbaum mit grünen F–n | pocht an’s niedre Fenſterlein.
Heine Lied 291; Ein ungeheurer Bogen | vom F. der Natur
in einen Berg geſprengt. W. 12, 254), z. B.: Der kleine
F., der fünfte, vom Daumen entfernteſte; Ließ den Käfer
auf ihrer Hand herumkriegen, zw. Berg und Thal ihrer F.
Auerbach Barf. 41; Für jeden F. der rechten und linken Hand
hatte er einen Spitznamen ꝛc. G. 20, 137; Noch etwas We-
niges hat man | geflüchtet vor den F–n der [diebiſchen]
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Kroaten. Sch. 333a (ſ. 2f) ꝛc. 2) ſo in vielen ſprchw.
Fügungen: als Subj.: a) Sie ſind wie zwei F. an einer
Hand. Gotthelf Sch. 29 [engverbundne Freunde]; Von
Dem ließ’ ich mich nicht kurieren, und wenn mir Nichts als
ein F. weh thäte. Gutzkow R. 2, 273; Mir ſagt’s mein klei-
ner F. [mir iſt’s auf geheimnisvolle Weiſe kund, vgl.
Däumerling]. Alexis H. 2, 2, 190; Sacht! ihm erzählt
es ein Vögelchen oder ſein F. [er erfährt es]. V. 2, 5;
vgl.: Erſt geſtern fragt’ ich noch den kleinen F. aus. Günther
387; Das iſt Gottes F. [darin läſſt ſich Gottes Fügung,
Macht erkennen], ſ. p. Als Obj.: b) Sich die F. ab-
[ſehr eifrig] arbeiten. Gotthelf Sch. 9, Ggſtz.: Keinen F.
rühren. W. 12, 30; Sich um Etwas keinen F. naß machen.
Tieck Nov. 6, 125; Keinen F. ins Waſſer tauchen ꝛc. c)
Den F. zwiſchen Etwas ſtecken [ſich in einen Handel miſchen,
wobei man in die Klemme gerathen kann]. Luther 1,
152b; Zwiſchen Baum und Borke muß man den F. nicht
ſtecken; Den F. herausziehn. Stalder; Sich die F. bei Etwas
verbrennen (ſ. d.), empfindlichen Schaden leiden ꝛc.
d) Die F. ſchlecken. Gotthelf G. 49, lecken (Fiſchart B. 160b
ꝛc.) nach Etwas, ſehr gierig danach ſein. e) Den F.
auf den Mund legen, ſchweigen. f) Lange, krumme F.
haben oder machen, die F. kleben laſſen, ſtehlen, vgl.: Der
Donnerskerl mit den langen F–n! Prutz Muſ. 1, 201; Das
verächtliche Heer der langen F. [Spitzbuben]. Sch. 149b;
Bei geraden F–n [ehrlich] verhungern. 108a. g) Die
F. aufrecken [ſchwören]. Berlichingen 209, heben [drohend].
W. 15, 107; Hebel 3, 447 ꝛc. h) Einen F., den F. von
der rechten Hand um Etwas geben. Gotthelf U. 2, 219 ;. Sch.
103b, es mit dem größten Opfer erkaufen; Sich lieber
einen F. abbeißen als Das und Das thun, es unter keinen
Umſtänden thun, vgl.: Die Römer hätten ſich eher in
einen F. gebiſſen, als ꝛc. Spate XVIII. i) Die Hand
nehmen, wo man Einem einen F. giebt. Gotthelf U. 2, 313;
L. 3, 217, vgl. 4 und z. B.: Eine Handbreit zu neh-
men, wo ihm ein F. breit gegeben wird. Claudius 6, 24.
Abhängig v. Präp. (alphab.). k) Das Wohl des Staa-
tes an ſeinen F–n haben [lenken]. Gutzkow R. 8, 395; Et-
was an den F–n [geläuſig, wie am Schnürchen] herrech-
nen. W. 7, 130; erzählen. L. 11, 60; wiſſen. 7, 337 ꝛc.,
auch: Auf (an Pfeffel Pr. 3, 172) den F–n vorrechnen. 1,
238; Zähl auf dem F., wie viel ꝛc. V. Ant. 2, 308; Es mit
ſeiner Geſchichte und Literatur auf den F–n zu kennen. Nie-
buhr Nachgel. 25 ꝛc., ſ. p. 1) Wenn dich dein Geld an
die F. brennt [du es durchaus los ſein willſt]. Hebel 3, 181.
m) Einem od. Einen auf die F. klopfen (ſ. d. 1e), ſchlagen.
Börne 2, 249; W. 32, 17 ꝛc., ihn für Begangnes ſtrafen;
Einem (ſcharf) auf die F. ſehen, paſſen. Alexis H. 1, 1,
195; 2, 2, 208; Gutzkow R. 2, 154, daß er nichts
Ungehöriges treibt, nicht betrügt ꝛc. S. auch k.
n) Sich Etwas aus den F–n ſaugen [aus der Luft greifen].
L. 11, 527; Gutzkow R. 6, 336 ꝛc.; auch: Ein leichtes
Ding, das man aus den F–n ſaugen könnte. Spate 2, 208;
vHorn Schmj. 229 ꝛc. o) Einem durch die F. ſehen (lu-
gen. Stumpf 343a), es nicht genau mit ihm nehmen,
ihm Manches nachſehen, hingehen laſſen. G. 13, 107;
16, 17; Luther 1, 372a u. v.; ungw.: Ihn bloß durch
die F. zu ſehen. Hippel Ehe 128. Ihr Vermögen ver-
ſickerte größtentheils durch die F. der verwaltenden Beamten.
König (DMuſ. 1, 2, 401); Hier | fällt es [das Geld] mir
doch nur durch die F. L. Nath. 4, 3 ꝛc., vgl. t; Etwas geht
durch Jemandes F. [Hände]. Bodenſtedt 2, 27. p) Mehr
Verſtand, Macht ꝛc. im kleinen F. haben, als ein Andrer im
Kopf, im Leib ꝛc.: Gutzkow R. 5, 172; Immermann M. 2,
305; 3, 225; Luther 8, 3b ꝛc.; Seid ihr nicht am kleinen
F. geſcheiter als er am ganzen Körper. Hebel 3, 74; Gotthelf
U. 2, 88; 269; 341; Sein kleiner F. iſt mehr werth als
Du, ganz und gar ꝛc. q) Geld in die F. [Hand] bekom-
men. vHorn Schmj. 81. Sich in die F. beißen (ſ. h),
Reue über Etwas empfinden. G. 29, 223. r) Mit
den F. ſchnippen ꝛc. Immermann M. 3, 423 [vor Freude];
auf Jemand deuten [als auf eine bekannte Perſon, nam.
zur Verhöhnung. Sch. 104b; Für jede Beleidigung hatte
ich ſogleich mit fünf F–n einen Habedank zur Hand. Gutzkow
R. 5, 470, vgl. Ohrfeige. s) Er iſt um den F. zu
wickeln, von der äußerſten Nachgiebigkeit und Willen-
loſigkeit. HSmidt Devr. 27. t) Das Geld zerrinnt Einem
unter den F–n [unter der Hand]. Tieck Nov. Kr. 2, 215,
ſ. o, u. ä. m. 2) an Handſchuhen der einen Finger
bekleidende Theil, Fingerling: Nicht Fauſthandſchuhe,
ſondern Handſchuhe mit F–n ꝛc. 3) F–lein, Fingerling,
Ring: Er ſteckt ihr an ein F–lein. Schwab 301; Talvj 1,
163. 4) F., als Maß = der Breite eines Fingers,
vgl. Daum: Eines F–s tief. Zink Ök. 1, 315 u. v.;
Einen Quer-F. breit Platz. Danzel 97; In Dreiquer-
finger-Zeilen. L. 3, 237 ꝛc. 5) verhüllend: Ter
elfte F., das männliche Glied, ſ. Grimm 3, 110. 6) Uhr-
mach.: in das Repetierwerk eingreifender Theil.
Anm. Goth. tiggrs, ahd. fiugar, mhd. vinger, v. fangen
(ſ. d.) als das faſſende, greifende Glied, vgl. Fang 4.
Zſſtzg. z. B.: Lilien-F., nach der Weiße, Roſen-
F., nach der Röthe (H. 15, 157; V. Od. 10, 187) ꝛc.;
auch: Wie ſie ſorgenvoll den Warnungs-F. [den war-
nenden F.] hebt. Alxinger D. 210 u. ſ. w., nam. aber:
Arzt-: der 4te oder Ring-F. Sebitz 79; bei Spate aber
Doktor-F., Daumen. Arſch-: Mittel-F.
Góld-: Ring-F. Börne 1, XXVIII; W. 19, 219.
Góttes- [1a]. Hérzens-: Ring-F. Heinſe A. 1,
108, woran namentl. der Verlobungsring ſteckt.
Héren-: Teufels-F. Júngfer-: Ring-F.
Júnker-, Klein-: der kleine Finger. Métz-
ger-: Mittel-F. Míttel-, Nárren-: der dritte
F., in einem Kinderſpruch: Langelei. Öhr-: der
kleine F. Prúnk-, Ríng-: der vierte F. Immer-
mann M. 1, 269. Tēūfels-: Die ſ. g. Donnerkeile
(„Belemniten“) oder T. ſind fingerſörmige Knochenzapfen,
welche von tintenfiſchartigen Thiergeſchlechtern herrühren. Volger
EE. 449. Vórder-: Zeige-F. Zēīge-: der
zweite, dem Daumen (ſ. d.) nächſte F. Engel 12, 247;
Heine Rom. 207 ꝛc.