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Erde
Erde, f.; –n; Erdchen; –n-, -, Erd-: 1) der von
uns Menſchen bewohnte Weltkörper: a) Die E. dreht
ſich um die Sonne ꝛc., zuw. in Mz., z. B. übertr. auf
andre Planeten: Dem Wunderlaufe zahlenloſer E–n.
EvKleiſt 1, 131; 154 ꝛc.; Als er die Berge wie neue E–n
auf unſrer liegen ſah. IP. 1, 42 ꝛc. (vgl. Welt).
b) die Erdoberfläche oder ein Theil derſelben, feſter
Boden, zumal im Ggſtz. des Waſſers (G. 16, 40 ꝛc.),
zuw. auch von dem Boden eines Zimmers ꝛc., z. B.:
Etwas liegt auf der E., es fällt, man wirft es auf die E.;
auch übertr.: Ein Wort ꝛc. fällt (platt) auf die E. [geht
verloren, bleibt unbeachtet, unerfüllt ꝛc.], z. B.:
1. Sam. 3, 19; 2. Kön. 10, 10; Fichte Nic. 59; G. 16,
21; Klinger F. 99 u. o.; Zu ebner (ſ. d.) E. wohnen;
Der Götter Saal ſchien dir auf gleicher E., | nun überwäl-
tigt dich der jähe Fall. G. 13, 153; Eine Stadt der E.
gleich machen ꝛc.; Manche Thiere leben unter der E.; Eins
der beſten Geſchöpfe, die die E. trägt. Lewald W. 2. 341;
Einen unter die E. [ins Grab] bringen; Die Erd käuen
[ins Gras beißen, ſterben]. Schaidenraißer 58a [Erſt deckt
die E. noch Manchen. V. Od. 13, 425]; Einen die E. küſſen
heißen [niederwerfen]. W. 20, 338 ꝛc. c) zuw. auch
ein beſtimmtes Land: Scheint auch die Sonne auf jene E.?
Engel 1, 299; Dem Sieilianer, der eine andere E. und einen
andern Himmel hat [als der Brabanter]. Sch. 792b.
d) oft theologiſch ꝛc. im Ggſtz. zum „Himmel“ als
dem Wohnſitz höhrer Geiſter, Gottes ꝛc.: Taug’ Etwas
für die E. und du haſt den Himmel gewiß. Gutzkow R. 9,
361 ꝛc. e) die Bewohner der E.: Die E. war verdêrbt
. .. und voll Frevels. 1. Moſ. 6, 11. f) Auf der E.,
auf E–n (ſ. a, b und d) = in der (irdiſchen) Welt,
unter der Sonne, unter Menſchen: Solche Zuverläſſig-
keit giebt’s, wie wir ſprichwörtlich ſagen, auf E–n nicht. HVoß
JP. 16; Seit dieſem Tag . . . iſt nimmer Fried’ geweſen
auf der E–n. Sch. 353a; 491b u. o. 2) der Stoff,
woraus die Erdoberfläche (1b), nam. das fruchtbare
Land beſteht: a) Etliches fiel auf das Steinige, da es nicht
viel E. hatte. Matth. 13, 5 ꝛc. Auch = Staub: Mit
E. auf ſeinem Haupt. 2. Sam. 1, 2; 15, 32; Bis du wie-
der zur E–n werdeſt, davon du genommen biſt. 1. Moſ. 3,
19 ꝛc. Ferner: Brunnen mit E. füllen. 26, 15; Ein Altar
von E. 2, 20, 24; Pharao beſchwerte die Iſraeliten mit
E.-Führen. Judith 5, 9; Gefäße aus Erz in dicker E. gießen.
1. Kön. 7, 46; G. 29, 56 ꝛc. b) es giebt verſch.
Arten von E–n, die nam. in Bezug auf Ackerbau und
nach verſch. techniſchen Anwendungen unterſch. werden
(ſ. Zſſtzg.). c) in der Chemie galt früher die E.
für eins der vier Elemente (ſ. d. u. vgl. Jungfer-E.).
Später nahm man mehrere „Grund-E–n“ an, die
man für Elemente oder unzerlegliche Grundſtoffe an-
ſah, die aber jetzt ſämmtlich als Sauerſtoffverbindun-
gen erkannt ſind, die weiß, geruch- und geſchmacklos,
im Waſſer unlöslich, auch in der größten Hitze, die
man bisher zu erzeugen im Stande iſt, unſchmelzbar
ſind und mit Säuren ſich leicht zu Salzen verbinden.
(Doch ſ. auch Kieſel-E. und vererden.)
Anm. 1) Goth. airtha, ahd. ërda, mhd. ërde. Benecke
1, 441a und vgl. 671a hërt (Erdreich, ſ. Herd). Ferner
ahd. ëro, vgl. gr. ἔρλ, ſkr. ira und hebr. 8 (erez) ꝛc.
Manche vermuthen, daß E. zunächſt das Ackerland bez. (vgl.
ähren, wie gr. ἄρoνρα, die Flur, zu ἄρóω, ich ackre, und
lat. arvum zu aro gehört). 2) Die alte Form „Erden“ iſt
für Gen. und Dat. in der Bibel und danach auch heute noch
nam. bei Dichtern und in manchen feſtſtehnden Wendungen
(ſ. 1f) gw., ſo daß als ungw. bez. werden muß: Wär The-
bens Sänger noch auf E. Haller 119 [ſt.: auf E–n oder auf
der E.] ꝛc. S.: Feſtgemauert in der E–n. Sch. 77a u. o.
Zuw. auch im Nom. und Acc., z. B.: Am Anfang ſchuf Gott
Himmel und E–n. 1. Moſ. 1, 1; Himmel und E–n krachet.
Luther 5, 535b ꝛc., ſo ſelbſt noch: Sein Antlitz war wie E–n
[fahl]. Freiligrath Garb. 122 ꝛc. 3) Als Bſtw. gilt, wo
das Irdiſche, als das Zeitliche, Weltliche, im Ggſtz. des Himm-
liſchen als des Geiſtigen, Unvergänglichen und Ewigen bez.
werden ſoll (1d), gw. Erden-, ſonſt im Allgem. Erd-, vgl.
z. B.: Der Regenwurm gehört zu den Erdwürmern. Eichel-
berg 650; Der Menſch, der ſchwache E–enwurm ꝛc. In ein-
zelnen Fällen ſind Doppelformen mit mehr oder minder fühl-
barer Nüance nicht ungw., wie z. B.: Erd(en)-Rund, -Ball
ꝛc., über deren Anwendung oft metriſche Gründe entſcheiden,
vgl. z. B.: Mächtiger | der Erdenſöhne. G. 11, 66, und
vom Hephäſtos —: Und der Herrliche lag an dem Fuße ver-
letzt wie ein Erdſohn. 5, 103. Jenes iſt chriſtlich-orien-
taliſch, Dies heidniſch-griechiſch. Außerdem findet ſich ſt.
„Erd“ in loſern Zſſtzg., nam. mit Participien und den Ab-
leitungen: Erde-bewohnend, -Bewohner, -geboren ꝛc., doch
auch: Erde-Beben, -Feſſeln, -Leben, -Quell, -Reich, -Sohn,
-Tochter ꝛc. (ſ. E). Die gedehnte Form iſt aber ausge-
ſchloſſen, wo keine Auflöſung der Zſſtzg. möglich iſt, wie z. B.
bei Erd-Beere, -Apfel ꝛc., die als Bez. beſtimmter Pflanzen
bedeutend mehr ſagen als: an der Erde wachſende Beere, in
der Erde wachſender Apfel ꝛc. Vgl. auch: Kein Erden-
oder Ird-Salz, ſondern ein Alkaliſalz. Burmeiſter Gſch. 149
und irden a. und ſ. Sanders Progr. 85 und 86.
Zſſtzg. unerſchöpflich (ſ. 2b u. c und vgl. Boden),
z. B.: Ácker-: Bau-, Damm-E., die Humus enthal-
tende für Pflanzenbau geeignete obre Erdſchicht.
Alāūn-: Thon E.; nam. eine mit Braunkohle und
Schwefelkies durchdrungene erdige Subſtanz, woraus
Alaun gewonnen wird. Karmarſch 1, 22. Baryt-
[2c]: Verbindung von Barium und Sauerſtoff, die
mit Schwefelſäure ſich zum Schwerſpath verbindet.
Bāū-: Acker-E. Bāūm-: von vermoderten Bäu-
men. Lenz Nat. 3, 222. Beryll- [2c]: im Beryll
und im Smaragd enthalten. Bítter(ſalz)- [2c]:
Magneſia. Das Bitterſalz iſt ſchwefelſaure Magneſia.
Blēī-: ein mechaniſches Gemenge verſchiedner
Bleierze, beſonders Weißbleierz und Bleivitriol. Kar-
marſch 1, 243. Bolār-: bolusähnliche, feine, ge-
färbte Thon-E. Bránd-, Brénn-: brennbare
Erde, Torf, ſ. Gotthelf Sch. 113; 161. Brénz-:
Talk. Oken. Cēr- [2c]: Oxyd des Ceriums.
Dámm-: 1) Acker-E., im Bergbau die über dem Ge-
ſtein liegende Schicht. G. 40, 207. 2) Erde, die zur
Verfertigung eines Damms dient. Dēīch-: ſ.
Damm-E. (2). Dünger-: zum Dünger dienend.
Ēdel-: früher fälſchlich als Grundſtoff des Dia-
mants genommen. Féld-, Frúcht-: Acker-E.
Fallmerayer Or. 1, 218. Füll-: 1) im Deichbau
zum Füllen der Lücken. 2) Walk-E., terra fullo-
num. Gárten-: zum Gartenbau dienlich, viel
Humus enthaltend. Gélb-: Ocker-E. Ge-
wä́chs-: Acker-E. Grúnd- [2c]. Hólz-:
aus vermodertem Holz. Júngfer-: 1) bei äl-
tern Chemikern, eine von allen Beimiſchungen ge-
reinigte „elementariſche“ Erde. 2) der vom Pflug
noch unberührte Untergrund. Kálk- [2c]: das
Oryd des Kalciums; auch eine kalkhaltige Erde.
Kīēſel- [2c]: Kieſelſäure, unter allen Verbindungen
wohl die in der größten Menge auf unſerm Planeten
vorkommende, in der Hitze des Knallgasgebläſes
ſchmelzbar, eine Verbindung von Silicium und Sauer-
ſtoff. Klēī-: eine zähe, fette Erde, ſ. Klei.
Márſch-: ſumpfige fette Erde wie in den Marſch-
ländern. Mérgel-: mit Mergel vermiſchte Erde.
Míſt-. Mōder-, Mōōr-: Sumpf-E., wie
ſie in Moräſten iſt, auch Tag-E. Mútter-: 1) bei
den Salpeterplantagen, die Miſchung von Erde und
andern Stoffen, woraus ſich Salpeter entwickelt, Sal-
peter-E. Karmarſch 3, 66 ff. 2) die gw. Garten-E.
Ocher-, Ocker-: eine gefärbte meiſt gelbe
kieſelhaltige Thonerde. Forſter R. 1, 18. Pfēīfen-:
Pfeifenthon. Pfeffel Po. 3, 116. Pílger-: Ent-
ſchweb’ ich dieſer P. [ſ. 1d, der Erde, auf der ich nur
als Pilger weile]. Alxinger D. 124. Porcellān-:
Kaolin, eine zur Porcellanbereitung geeignete reine
kieſelſaure Thonerde. Salpēter-: ſ. Mutter-E.
Schútt-: von Schutthaufen. Schwêr-:
Baryt-E. Sēīfen-: Walk-E. Sétz-: (Deichb.)
die auf die aufgeworfene Erde geſetzten Raſen.
Sīēgel-: mit dem Siegel des Fundorts verſehne
Bolar-E. Súmpf-: Moder E. Sǖß- [2c]:
Glycin. Tāg(e)-: (Weinb. ꝛc.) Damm-E., die
„zu Tage“ liegende, vom Thau und atmoſphäriſcher
Feuchtigkeit durchdrungne. Tálk-: Bitter-E.
Thāū-: Tag-E. Thōn-: eine Verbindung von
Aluminium und Sauerſtoff, die ſich chemiſch rein im
Saphir und Rubin, mit Kieſelſäure verbunden in der
Porcellanerde, im Thonſchiefer, Mergel ꝛc. findet.
Thōr-: eine ſeltne Verbindung von Thorium und
Sauerſtoff. Töpfer-: zu Töpferarbeiten dienende
Thonerden. Tórf-: woraus Torf geſtochen wird.
Trácht-: Tag-E.: Zur Tiefe der gewöhnlichen Damm-od.
T. Landwirthſch. Zeit. (55) 362b. Vāter-: heimiſche
Erde des Vaterlands. WHumboldt 3, 51; 89. Vāter-
lands-: Hölderlin H. 2 28. Wálker-, Wáſch-:
eine zum Walken benutzte Thonerde, wodurch den
Tüchern die Fettigkeit genommen wird. Wúnder-:
farbige Erde, nam. eine ſolche Art Steinmark.
Zīēgel-: woraus ſich Ziegel brennen laſſen. Zir-
kōn-: die ſeltne Verbindung von Zirkonium u. Sauer-
ſtoff. Zúcker-: womit der in die Formen gefüllte
Zucker zur Reinigung in den Zuckerſiedereien bedeckt
wird u. ä. m.