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Ecke
Ecke, f.; –n; Eckchen, lein, elchen; –n-: Das,
wo die Grenzen eines Gegenſtands zuſammenſtoßen,
ſein äußerſtes Ende, Spitze: 1) in der Math. unterſch.
man bei Figuren auf einer Fläche die E. vom Winkel
(ſ. d.) als deſſen Spitze, Scheitel, z. B.: Diagonalen
ſind grade Linien, die zwei E–en eines Vielecks verbinden;
Die Summe der drei Winkel eines Dreiecks iſt 2 Rechte ꝛc.;
bei Polyedern aber, d. h. Körpern, die von Ebnen be-
grenzt find, den Flächenwinkel, als die Neigung zweier
begrenzenden Ebenen, von der E. (körperliche oder Raum-
E–e, auch Körperwinkel, ſ. vSwinden 350), als dem Win-
kel, der von mindeſtens drei in verſchiednen Ebnen lie-
genden ebnen Winkeln mit gemeinſamem Scheitelpunkt
gebildet wird (z. B.: Drei-, vier-, fünfflächige E.) und
von der Kante (ſ. d.), als der graden Linie, welche zwei
Grenzflächen gemeinſam haben. 2) im gew. Sprach-
gebrauch aber, wo oft bei Körpern, nam. in Balken-
und Würfelform, ſtatt der E–n des Körpers die einer
Seitenfläche gezählt werden (ſ. Viereckig und vgl. Kante
1) haben die drei genannten Wörter einen weitern
Sinn und greifen mannigfach in einander über, wie ſie
andrerſeits oft zuſammengeſtellt werden: a) E. und
Winkel: Dies bez. das Zurück-, E. mehr das Hervor-
tretende, vgl.: E. der Straße, ihr Ende, wo man in
eine andre Straße hineinkommt; Die Straße macht einen
Winkel, wo ſie, ſtatt in grader Linie fortzugehn, inner-
halb eingebogen iſt. So heißt Joſ. 15, 2 eine vor-
ſpringende Landzunge E.; dagegen: Durch den glücklichen
Winkel dieſes fruchtbaren Thals. G. 5, 3; Winkel (oder
Einbuchtung) des Sees, E. des Waldes ꝛc. Sinnvwdt.
erſcheinen beide Wörter nur, wo E. von dem innern
Raum eines Flächenwinkels gebraucht wird (E. eines
Zimmers, des Auges ꝛc.; Faule E–n [des Mundes] ꝛc.);
doch hat nach dem Geſagten Winkel (ſ. d.) als das Zu-
rücktretende mehr den Begriff des Verſteckten und Heim-
lichen: Die vier [mathem. genau acht] E–n des Hauſes.
Hiob 1, 19, der Bundeslade. 2. Moſ. 25, 12, des Altars.
27, 2, der Erde. Offenb. 7, 1 (nach alter Anſchauung)
ꝛc.; An den E–n auf den Gaſſen. Matth. 6, 5; Haben in
der E. eine Bette. Zach. 10, 4; In die E., | Beſen! G. 1,
188; Mich ſo in ein Eckchen ſetzen. 14, 24; In der E.
waren die Thüren zu den Backöfen, der ganze Fußboden übri-
gens gedielet, bis auf ein kleines Eckchen [c] am Fenſter. 180;
Die E–n [d. h. die in den Ecken, zu äußerſt ſtehnden
Kegel] ſchlägt man um, verfehlt man auch den König. Hage-
dorn 1, 91; Verſpinnwebt liegt es in der E–n. Scheffel 260;
Ein Ding, das demuthsvoll ſich in die E. drückt | und Eh-
mann heißt. Sch. 26b; Ich bin doch auch bekannt | in allen
dunkeln E–n dieſes Hauſes. 347b ꝛc. Oft abhäng. von
Präp., z. B.: Verrathen ihre Unfähigkeit an allen E–n
[überall, vgl. auf allen Seiten ꝛc.]. Forſter Br. 2, 191;
Schon brennt’s an ſieben E–n. Körner 144b; Schon leuchtete
die Stadt an allen E–n und Enden. G. 20, 249; Sie fühl-
ten ſich an allen E–n und Enden gedrückt. Scherr Gr. 1, 154;
Es fehlt mir an allen E–n und Kanten ꝛc., veralt. auch:
Von allem Ort (ſ. d.) und E–n. Opitz 2, 48. Ferner:
Hans (ſ. d.) in allen E–n. Immermann M. 4, 241; Bläſt
der Wind aus der E.? [Himmelsgegend, ſ. o. = ſieht
die Sache ſo aus?]; Einem nicht um die E. trauen. Alexis
Dor. 1, Kap. 6 (wo man ihn aus den Augen verlieren,
vgl.: nicht übern Weg, über die Gaſſe trauen ꝛc.);
Daß Ihr ſo fein um die Ecke ginget. Tieck Nov. 6, 137 (ſich
aus dem Staub machen, betrügen) ꝛc.; Über Eck, auch
übereck(s), adv., querüber, in der Diagonale ꝛc.: Der
Titel .. in die letzte Lage eingelegt .., übereck in den Falz.
Franke Buchdr. 265; Wir .. heirathen unſre Schweſtern, |
verſteht ſich über Eck, ich ſeine, meine er. Müllner 5, 108.
So nam. auch: Es geht bunt (ſ. d.), wild über Eck, ſtatt
in den Grenzlinien, wild mitten durch ꝛc. Aber auch:
Ein Viertel Getreide über Eck [auf die Seite] bringen.
Waldau N. 3, 203 = entwenden. b) E. und Kante
(ſ. a und 1): Sich an die E. oder Kante des Tiſches ſtoßen
ꝛc.; dazu nam.: E. (Tuch-E.) = Sahlband an Ge-
weben (Ein Kniegurt von rother und blauer Egge. V. Sh.
3, 391, vgl. Brem. Wörterb. 1, 294) und an Bergen
Schmeler („,jeder längliche Gipfel eines Gebirges“.
Stalder). c) E. und Ende (ſ. a), aber auch ſinnvwdt.
in der Bed. einer Strecke Wegs: Traben .. eine ganze
E. fort. Döbel 1, 35b; 2, 248a u. b; Eine ziemliche E.
ſchwimmen. Fleming J. 113b; Als ſie ein Eckchen gegangen.
Grimm M. 192; Da habe ich wieder eine gute E. gewonnen.
Tieck 10, 331.
Anm. 1. Nbnf.: Das Eck, z. B.: Dieſes Wald-E.
Alexis H. 1, 1, 3; 143; 54; Das E., da der Weg hinein
ging. Berlichingen 64; Das rechte E. der fünften Bank. Börne
5, 97; Das Rundell des E–es. G. 26, 88; Gutzkow R. 7,
125; Hebel 3, 77; 101; 244; 409; Immermann M. 3,
147; Im Stuben-E. Sch. 108b; Schwab 423; Stilling 2,
9; 3, 171 ꝛc. So auch veralt. mundartl.: Buben-E., Ge-
fängnis, Verwahrſam für loſe Buben: Allen Schälken im
B. Fiſchart Flohhatz ꝛc. Vgl. Ortsnamen wie: Mureck,
Rolandseck, Waldeck ꝛc., ſo auch als Bſtw. Eck-Haus, Stein ꝛc.
(neben: Ecken-Steher). Seltner masc: Als ich um den
Eck war. Alexis H. 1, 1, 142; Winkelmann 1, 295; In
einen Ecken. Gotthelf G. 360, vgl.: Im Bysluft-Ecken. Sch.
178. Eckelchen. Brentano Fr. 1, 24; 318; G. Stolb.
42 ꝛc. S. auch Egge.
Anm. 2. Ahd. ecka, mhd. ecke. Grundbed. die Spitze,
Schärfe, vgl. ac in Achel, Ahle, Axt ꝛc. Wundet Einer den
Andern mit E. und Ort [ſcharfem, ſpitzigem Gewehr]. ſ. Friſch
1, 215a, wie mundartl. z. B.: Feuer-E., die Schärfe
bezeichnend, welche neue Schneidewerkzeuge aus dem Feuer
mitbringen.
Zſſtzg. ſ. Eck; ferner z. B.: Straßen-, Stuben-,
Tiſch-, Wald-E.; Um die Fels-E. herum. G. 18, 3; Felſen-E.
15, 28; In eine finſtre Jammer-E–n | unter Bettler und
Krüppel dich verſtecken. 11, 165; Facetten oder Glanz-
E–n angeſchliffen. IP. 1, 170; Schimmer-E–n. 2, 64;
Eine ſogen. Staub-E., wo der Wind beſtändig am Berggrate
anſtößt. Tſchudi Th. 24; An dieſer Wald-E. G. 18, 332 ꝛc.,
ferner z. B.: Fēūer- [Anm.]. Góld-: Bez. der
ſogen. Gold- oder Ringelblume, Calendula, auch
Chrysogonum, ferner ein Fiſch, Mullus surmule-
tus ꝛc.