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dumm
Dúmm, a.: –ſt, dümmſt: 1) im Allgem. veralt.
ohne hervortretende Kraft, Wirkſamkeit und Schärfe
(ſ. dumpf), z. B.: a) von Eßwaaren, die den Ge-
ſchmack verlieren: Wo nun das Salz tumm wird [,,ſeine
Kraft verliert“, Eß.; ſ. dumpf 8], womit ſoll man ſal-
zen? Matth. 5, 13; Mark. 9, 50; Durch das lange Reiſen
werden ſie [die Feigen] d. und mehlig. Heine Reiſ. 3, 101.
Vgl.: Wieviele d–e und ſtumpfe Gegenden könnte man mit
dieſem Salze pfeffern und würzen! Kohl Alp. 2, 156.
b) der Empfindung beraubt: Werden ihm die Füß’ und
Schenkel d., dol [ſ. toll, Anm.] und unentpfindlich. Ryff
Th. 50 (ſ. D.-Koller). c) ſo namentl. auch in Be-
zug auf die Wirkſamkeit der Sinne d. = taub, be-
täubt. Stalder; Die, um die Fiſche blind und tumm zu ma-
chen, mit ihren Fackeln ſie blendeten. Geßner 2, 70 (vgl.:
Fiſche täumiſch machen, Schmeller); Stumm und d. von
Mutterleibe. Bluntſchli 446 (Adelung); früher auch =
ſtumm (ſ. d. und vgl. Schmeller 1, 372), z. B. noch:
Mein Sinn zur Freude taub, vom Unglück d. getroffen. Haller
209, ganz wie engl. to strike dumb, in ſtummes Er-
ſtaunen verſetzen, verſtummen machen (ſ. 3). 2) jetzt
gewöhnl. = von unkräftigem, ſtumpfem Verſtand,
ohne Einſicht und Unterſcheidungskraft, einfältig ꝛc.:
a) von Perſonen: D–er Kerl, Junge (ſ. d.), d–es Mäd-
chen, Geſchöpf; D–er Tölpel. Sch. 130b; D–er Teufel.
Chamiſſo 3, 201; G. 3, 97; Merck’s Br. 2, 97 u. o.;
D–r Hund, der ich bin! G. 29, 223; Dümmer als eine
Gans. 253; D–es Schaf, Rindvieh; D–e Pute, Gans
[gewöhnl. von Frauenzimmern] ꝛc., namentl. auch:
Hans-D. Michaelis 218; Dummer Hans. Tieck NovKr. 4,
99, und ſehr oft mit der holländ. Form des Namens
(ſ. Janhagel, doch vgl. Grobian, Anm.): D–er Jan
oder: Dummerja(h)n. Goltz 1, 46; 2, 425; Immermann
M. 3, 305; Tappius 46a; Waldau Nat. 3, 192; Zelter 5,
165; Dergleichen Dummerjahns. Tieck Nov. 7, 182; Was
ich doch für ein Dummrian geweſen. Scherr Graz. 1, 41;
Seume Gd. 229 ꝛc.; auch übertr. auf eine Pflanze Inula
dysenterica, Ruhr-Alant ꝛc. D. wie ein Engel. Cha-
miſſo 5, 89; Iſt d. wie Stroh. Forſter Br. 2, 655; So d.
und ſtumm, wie ich hier bin, war ich noch nie. 1, 196; Der
iſt ja ſo d., daß ihn die Gänſe beißen. König Kl. 1, 82; Zu
klug grenzt nah an d. Müllner 6, 12; Ich bin nicht d., man
braucht mir nicht, mit dem Holzſchlägel zu winken. Spindler St.
1, 38; Sich an Etwas d. denken (Chamiſſo 5, 130), komponie-
ren. Zelter 2, 15 ꝛc. In dem Punkt, in dieſem Fach iſt er ſo d.
[unwiſſend, davon verſteht er ſo wenig], wie ein (neu-
gebornes) Kind ꝛc. b) auch von Dem, worin ſich die
Dummheit, der Mangel an Verſtand, Unbeſonnen-
heit ꝛc. zeigt: D–er Schnack; D–e Rede, Antwort; D–es
Zeug; Sein jüngſter d–er Streich. Freiligrath Garb. 51; Da
ſtieß er an ein Mädchen an ... Die friſche Dirne kehrt ſich
um | und ſagte: Nun, Das find’ ich d. G. 11, 41; Wär der
Gedank’ nicht ſo verwünſcht geſcheit, | man wär verſucht, ihn
herzlich d. zu nennen. Sch. 343b ꝛc. c) oft aber auch
aus dem Scheltwort übergegangen alsBezeichnung für
Das, was Einem zuwider, unangenehm iſt = fatal ꝛc.:
Das iſt eine d–e Geſchichte; Auf Rechnung eines d–en Rheu-
matismus. Merck’s Br. 1, 290; D.! zu euren Zwillingen
als Vater ſtehn zu müſſen. W. 12, 21; Ein Stein im Brette
der Mutter zu haben, iſt kein d. [übel] Ding. Gotthelf G.
181; Hum, Das iſt d.! Gotter Schauſp. 51 ꝛc. 3) ſ. 1c
und 2, betäubt, ſchwindlig (vgl. dämiſch): Mir wird
von alle Dem ſo d., | als ging mir ein Mühlrad im Kopfe
herum. G. 11, 79 ꝛc., ſ. Schwindeltumm. Logau L. 5,
342, namentl. in der Thierarzn.: D. oder dümmlich
(vgl. dämlich) = mit Schwindel, mit Drehkrankheit,
mit Koller behaftet. Falke 1, 221b u. 223a.
Anm. 1. Kompar.: Dummer. Campe Rob. 2, 61;
Fouqué 8, 32; Prutz Muſ. 1, 210; Rückert Mak. 1, 47 ꝛc.;
Dümmer. G. 30, 84; Heine Verm. 1, 53; Kinkel Erz.
210; L. 1, 111; 12, 375 ꝛc. Superl.: Die Allerdumm-
ſten. Brockes 9, 552; 499; Das dummſte Thier. Forſter R.
1, 178; W. Merck 1, 238 ꝛc.; Der dümmſte Kopf. Gellert
1, 232; G. 3, 73; 15, 20; Heine Reiſ. 4, 269; Verm.
1, 207; L. 1, 386 ꝛc. Dummer Junge als Bſtw. in
Zſſtzg. wird wie Hoherprieſter ꝛc. behandelt (vgl. Alt, Anm.):
Dumme Jungensſtreiche. Klencke Parn. 2, 225; Dumme-
jungenangſt. Lubojatzky Amſelpfiff 1, 34 ꝛc. In der Verbind.:
um (ſ. d.) und um wird zuw. „dumm“ geſprochen und ge-
ſchrieben: Um und dumm gedacht. Droyſen A. 3, 75; 40 ꝛc.
Anm. 2. Über den Stamm ſ. Dämiſch ꝛc. Anm.
Der Grundbegriff ſcheint „dunkel“ (wie denn noch der das Glas
dunkel färbende Kobalt dumm heißt, Campe); möglich, daß es
mit dunkel und duſter (ſ. d. und Duſel, Däſig ꝛc.) zu einem
Stamm du, ſchwarz, gehört, der ſich dann noch mit dem bei
Dieb erwähnten Stamm zuſammenbringen läſſt, inſofern die
Tiefe dunkel und ſchwarz iſt und umgekehrt Schwarz die dunkle,
tiefe Farbe. S. noch dämmen, Dampf, namentl. aber dumpf
(vgl.: Der Same ſoll vornämlich recht reif und nicht dumm-
lich ſein. Zink 1, 891; Würde er [der Same] gewiß ver-
faulen oder verdummeln. Reichert Gart. 2, 48 ꝛc.), ſtumpf,
ſtumm und taub ꝛc. Goth. dumbs (ſtumm), ahd.,
mhd. tump.
Zſſtzg. meiſt einen hohen Grad der Dummheit bez.,
z. B.: Blitz-: verflucht dumm, ſ. Blitz 2c: Du haſt
dein Sach b. angefangen. Auerbach D. 1, 407; Leb. 3,
236 ꝛc. So auch: Blitzhageldumm. FMüller 3, 75 ꝛc.
Dórf-: dumm wie ein Bauertölpel. Rahel 1, 437.
Ehrfurchts-: Wie e. das Volk und blind. Bodenſtedt 1,
97, von Ehrfurcht betäubt und geblendet ꝛc. Erz-:
im höchſten Grade dumm. L. 1, 304; Mörike N. 597.
—“Lüſtern-: Das lüſtern-tumme Weib. Lohenſtein Himm.
4 = das durch ſeine Lüſternheit verblendete. Pro-
feſſōren-: Auerbach Leb. 2, 122, Ríndvieh-,
Schāf-. Willkomm Sag. 1, 216 ꝛc. = dumm wie ein
Profeſſor ꝛc. Schwíndel- [3]. Stóck-: vgl.
Zſſtzg. wie ſtock-blind, taub ꝛc.