Faksimile 0319 | Seite 311
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Drang
I. Dráng, m., –es; Dränge (Mz. ſelten, ſ. Anm.):
1) Gedränge, dichtgedrängter Haufen: Durch D. und
Menge | aalgleich zu ſchlüpfen. G. 12, 27; Um die Kapelle
finden wir D. und Bewegung, wir dringen mit hinein. 26,
207; Im ſchönen Kreis der Blätter D. 1, 153; Verſchwin-
det ſo der geiſterreiche D.? 11, 62; Es war dieſe Tage gar
zu vielerlei D. um mich. Zelt. 1, 392; Als nun am vollſten
der D. war und am ſchmalſten der Gang war. Rückert
Mak. 1, 55 ꝛc. Zſſtzg.: Gemein-D. eilt, die Lücke zu ver-
ſchließen. G. 12, 289 ꝛc. 2) das Bedrängende, Be-
drängnis, Drangſal, Druck, Noth: Vergiſſeſt unſres
Elends und D–s. Pſ. 44, 25; Der D., den Krieg uns that.
Logau (L. 5, 314); Viel D–s und Zwangs .. leiden. Luther
8, 321a; Die Kräfte wachſen in der Noth . . ., die Kraft
erhebt ſich im D. Sch. 108a; Drangſal hab ich | zu Haus
verlaſſen, Drangſal find’ ich hier; | denn ganz unleidlich iſt’s,
was wir erdulden | und dieſes D–es iſt kein Ziel zu ſehen.
522b; Wenn wir den D. des Ird’ſchen abgeſchüttelt. Schlegel
Haml. 3, 1 ꝛc. Zſſtzg., z. B.: Wo dich Sorgen-D., ..
erwartet. G. 13, 277; Noth-D. Streckfuß Rol. 8, 65;
ferner: Trotz Wirbel, Sturm und Wogen-D. [-Andrang].
B. 37a ꝛc.; Lenkend unſer Schiff, | daß nicht es ſtrandend
wiche wildem Fluthen-D. WHumboldt 3, 55. 3) das
zu Etwas Drängende, mit unwiderſtehlicher Gewalt
dazu Treibende, gewaltiger Trieb, Streben: Der D.
nach Wahrheit. G. 11, 10; Ein guter Menſch in ſeinem
dunkekn D–e | iſt ſich des rechten Weges wohl bewuſſt. 16;
Obgleich mich nie ein äffiſcher Trieb kitzelte, ſondern ſtets ein
innerer D. bewegte. Immermann M. 4, I; Am Ende wird
ermatten auch ſein D. Rückert Roſt. 58b; Des deutſchen
Volks Geſchichte | Sturm und D. und bittres Ende. Scheffel
72; Der Leidenſchaften wilder D. Sch. 24a; Gebietet mir
des Herzens feur’ger D. 31b; 76b; In ſolchemSturm und D.
von Eile. W. 11, 214; 254 ꝛc. Zſſtzg., z. B.: Ahnungs-
D. G. 11, 144; Dieſelben Redensarten, die man in Herder’s
Schriften findet, wie: Voll-D., Gemein-D., Sturm-
drohen, findet man in den Stücken von Klinger [ſ. Anm.]
auf jeder Seite an. Klencke Parn. 1, 59; Beſeelt von friſchem
Lebens-D. Gottſchall G. 16; G. 33, 24; Opium für
ihren Liebes-D. W. 20, 143; 224; Der Sieges-D.|
er ſchwankt und ſtockt. G. 10, 227; Das Bedürfnis der
Beichte iſt der Wahrheits-D. des Menſchen. Gutzkow R.
7, 25; Welche Erkenntnis ſättigt endlich den Wiſſens-D.
Monatbl. 1, 311a. 4) ſo auch D., D. zum Stuhl, von
dem heftigen Drängen zum Stuhlgang; D.-ſtillend [die
Ruhr ſtopfend]. Gotthelf G. 399 u. ä. m. 5) Hüt-
tenw.: kleine am Rande des treibenden Werkbleies
beim Silberabtreiben ſich zeigende Blaſen, Herd-D.
Anm. Adelung erklärt wie die Bſp. zeigen mit
Unrecht das Wort für veralt.; die Mz. iſt ſelten (ſ. An-D.).
Veralt. Nbnf.: Mit großem Dräng. Waldis Eſ. 1, 33 ꝛc.
Die Verbindung, Sturm und D. (3) gilt in Bezug auf
ein Werk von Klinger als Bez. einer bekannten Periode in
der deutſchen Literatur (ſ. durchdrängen und Dränger).
Hierher gehört auch: So drangmäßig, kühn und kraftvoll.
Lichtenberg 4, 14. Ferner: Drangvoll: Die drang- und
ahnungsvolle (3) Zeit. G. 29, 175; Seiner heftigen und
d–en (3) Natur. 179; Eine tiefe, bedeutende d–e (2) Welt.
21, 85; In ſo d–en (2) Augenblicken. Kompert Pfl. 1, 214;
Wird der Schauplatz .. ſo enge, ſo d. (1). Sch. G. 2, 51
u. ä. m.
Zſſtzg. ſ. 1, 2 und 3; ferner mit Vorſ., vgl. die
Zſſtzg. von dringen und drängen; z. B.: Án-: das
Andringen: Dem A–e der Wogen widerſtehen. Burmeiſter
Gſch. 101; An A. des Bluts oder Blut-A. leiden ꝛc., ſel-
ten Mz.: Ich gehorchte ſo vielen wohlgemeinten Andrängen.
G. 23, 18. Be- [2]: veralt. Hutten 5, 432.
Eīn-: das Eindringen: Der hochdrohende und vielver-
ſprechende E. zahlreicher .. Heere. B. 401a; Dem E.
der neueren franzöſiſchen Poeſie. Gervinus Lit. 3, 497;
Verlor an E. [Eindringlichkeit, Intenſität], Tiefe
und Beſtimmtheit. H. 16, 274. Empōr- [3]:
Mit brauſendem E. Stilling 4, 126 ꝛc. Fórt- [3]:
Der geiſtige F. iſt ſo fein und unmerklich. Klencke Parn. 2,
49 ꝛc. Ge-: gewöhnl. Gedränge: Von der Reibung
theils und theils vom G. Droyſen A. 3, 51 ꝛc. Über-:
übermächtiger Drang: 1) [1]: Der ü. bei Euch von
muſikaliſchen Produktionen. G. Zelt. 4, 335. 2) [2]:
Zu ſolchem Ü. [übergroßer Bedrückung, Unrecht ꝛc.]
ſchweigen. Spindler St. 1, 17; Zwingli 2, 18; Schmeller 1,
414. 3) [3]: Aufnahm ich ihn mit meines Herzens Ü.
Rückert Mak. 1, 121. Vor-: das Sich-Vordrängen,
Sich-Geltendmachen vor Anderem: Sich dem V. dieſer
Gattung [der Oper vor dem Schauſpiel] zu widerſetzen. Gervinus
Lit. 5,558.— Zū-: das Hinzudrängen ꝛc.: Der Z. zu dem
neuen Schauſpiel iſt groß; Vernichtet durch den Z. wilder Inſel-
Nachbarn. G. 39, 71.— Zuſámmen-: das Zuſammen-
drängen u. das Zuſammengedrängte: Sein Roman wird der
vortrefflichſte Z. von Gedanken ſein. Merck’s Br. 2, 35 u. v. á.