Faksimile 0300 | Seite 292
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Dieb Diebin
Dīēb, m., –(e)s; –e; –chen, lein; –s-. ~in, f.; –nen:
1) Person, die stiehlt, wobei das masc. auch von weibl. Personen, natürlich auch von Thieren etc., gelten kann: Kleine D–e hängt man, große lässt man laufen etc.; Kommen, wie ein D. in der Nacht [heimlich und unverhofft]. 1. Thcss. 5, 2 etc.; Der Schelm! der D. an seinen Kindern! G. 11, 128; Du machst mich gar zum D., | da du die D–in bist. 7, 78; Sie ist der D. 104; Nicht Gelegenheit macht D–e, | sie ist selbst der größte D. 4, 76; Die schlaue D–in ist erhascht. Sch. 267a; (Prinzessin Eboli:) Ich war der D., | der sie bestohlen. 293a; Sie werden aus D–en Straßenräuber. W. 7, 55 etc.
2) wie Schelm u. ä. m. als liebkosende Bez.: Selbst Der in der Wiege, der kleine D. | lacht, wenn er ihn sieht, und hat ihn lieb. G. 35, 406; Du armer D.! [vom Vogel, dem sie kein Futter gegeben]. Lichtwer 93; O zartes Liebelein, | o süßes Diebelein. Weckherlin 754 etc.
3) Nebendocht an der Kerze, der das Schmelzen des Lichts verursacht, z. B. Lichtenberg 4, 528.
4) ein überflüssiges, den nützlichern Āsten etc. Saft entziehndes Reis, bei Nelken auch „Wolf“ genannt, sonst wie auch 3, Räuber.
5) ein Holzkäfer, dessen Larve Vieles zerstört, Ptinus fur, Kräuter-, Insekten-D.
Anm. Oberd.: Des Dieben. Hebel 3, 326; Sealsfield Leg. 3, 221; 1, 166 (168: des großen D–es); Einen D–en. Pestalozzi 1, 222 etc. Über den Hilfruf: Diebio, s. Jo, Anm. Goth. thiubs etc., Hauptbegriff der des Heimlichen, s. goth. thiubjó (Joh. 11, 28; 18, 20), wohl mit Diener (s. d. und Demuth) zu einem Stamm gehörend, der „unten, nieder“ bed. S. auch tief, Teufe, taufen, tauchen, ducken. Vgl. Deube und Schmeller 1, 350. Ferner: Dufke, heimtückische Person; dufken, Einem heimlich Eins versetzen. Brem. Wörterb. 1, 265 ff.; Möser Ph. 2, 305.
Zsstzg. unerschöpflich, nam. nach Dem, was Einer stiehlt, u. der Person, die er bestiehlt, z.B.: Bāūm- [1 und 4].
Brōt-: der Brot oder der Einem das Brot stiehlt, die Nahrung, den Erwerb schmälert; auch Pfuscher, der mit seiner Stümperarbeit sein Brot nicht verdient, sondern es gleichsam stiehlt. Hebel 3, 458; Lichtwer 51; Thümmel 1, 102 etc.
Bǖcher-: eigentl.; zuw. auch = Plagiator, Schrist-D.
Drúck-: Nachdrucker. Mülner 1, l.
Ehren-: Verläumder, der Einem die Ehre, den guten Namen stiehlt.
Erz-:
1) der Erz stiehlt, im Bergbau.
2) Hauptdieb, ausgemachter Spitzbube etc. Féld-: Feldfrüchte stehlend etc., auch Name einer Sperlingsart. Físch-. Gálgen-: hängenswerther Dieb, Galgenstrick. Gárten-: Früchte etc. aus Gärten stehlend. Gāū-: abgefeimter, verschlagner Dieb: Der landdurchstreichende G. V. Od. 21, 400; Musäus 2, 36; Pfeffel Po. 3, 141; 182; Prutz Eng. 2, 123 u. v., vom niederd. „gau“, behende, hurtig etc., z. B. Schütze 2, 14, verschmolzen mit Gau, = Landdieb, das Land durchziehender Dieb, vgl. Gauner; Drei der braunen Gauchdiebe. OMüller Volk. 1, 227, wohl nur Umdeutung des unverstandnen Worts. Hāūpt-: Erz-D. Hāūs-: eine zu dem Haus, worin sie stiehlt, gehörige Person. G. 7, 74; 79 etc. Hérzens-: Person, die Einem das Herz stichlt, abgewinnt. W. 20, 295. Hühner-: Person, die Hühner stiehlt, aber auch = Wiesel u. Hühnergeier, zuw. auch = Mäusebussard. Tschudi Th. 118. Insékten- [5]. Kattūn-: Name eines Vogels, Muscuapa paradisi. Kérzen- [1 und 3]. Kírchen-: der eine, die Kirche bestiehlt: Erz-K. Luther 6, 87a. Krǟūter- [5]. Kūh-: s. Fink Anm. Lánd-: s. Gau-D. Lícht- [1 und 3]. Ménschen-:
1) eigentl. 1. Tim. 1, 10, vgl. 2. Mos. 21, 16.
2) nach Nemnich auch = Seidelbast, Kellerhals, wie Menschenmörder, wohl, weil zur Abtreibung der Leibesfrucht benutzt. Mílch-: eigentl. z. B. auch Einer, der die Kühe verhert, so daß sie keine Milch geben. Luther 8, 114a, und = Schmetterling, weil sie der Milch nachgehn sollen, z. B.: „Bestraft man einen M.?“ Man lässt ihn fliegen. Rückert Mak. 2, 59. Mólken-: Milch-D.: Die Jagd der M–e. Langbein 2, 51; Von Blümchen mannigfalt | Beute sucht der M. Rückert 6, 117; Ramler Lichtw. 34 etc. Nácht-: bei Nacht stehlend. Nāhrungs-: Brot-D. Öbst-. Pfêrde-. Schélmen-: V. Sh. 3, 573, schelmischer Dieb. Schríft-: Bücher-D. Sēē-: verächtlich st. Seeräuber. Sealsfield Leg. 1, 152, vgl. Benecke 1, 324b. Sēēlen-: der Seelen stiehlt, z. B. der Teufel. Strāßen-: der Leuten auf der Straße Etwas stiehlt, heimlich entwendet. vgl. Stromer, Taschen-D.; versch. Straßenräuber. Strāūch-: Buschklepper, s. Strauch: Ich sah von Kopf zu Fuß aus wie ein St. Merck’s Br. 2, 91; Jahn M. 15; Tieck Nov. 5, 172. Tāge-: Einer, der dem lieben Gott die Zeit stiehlt, d. h. sie unnütz verbringt: Wie die T–e ihre Pflicht bestehlen! Sch. 520b; G. 29, 248 etc. Táschen-: der Leuten Etwas aus der Tasche stiehlt. Wíld-: Wildschütz, Wilderer, der unbefugt die Jagd übt. Sch. 707a etc.