Gedicht
Ge~dicht, n., –(e)s; –e; –chen, lein; -: etwas Ge-
od. Erdichtetes: 1) Erdichtung, Märchen ꝛc.: Lügen u.
G–e. Dan. 2, 9; Haller 68; So iſt Das offenbar und nicht
mein Geticht. Luther 5, 304b; Und hat man uns belogen,
ſo ſeid ihr nichtbetrogen, | ihr nehmt’sfür ein G. [2]. Simrock
(Basler Uhr); Dir bleibt Dies ewig ein G. V. 3, 99; W.
12, 130 ꝛc. — 2) Dichtung, poetiſches Erzeugnis: Ein
fein G. auf der Harfe ſpielen. Pſ. 49, 5; 2. Chron. 29, 30;
G., eine ſinnlich vollkommne Rede. Engel 4, 111; Einen
Geſang [Abſchnitt] ſeines G–es. G. 29, 364; Mein pro-
ſaiſches G. 6, 62; Farbe her! Dein Meiſterwille | ſchafft
ein ſichtliches G. [du zeigſt dich malend als Poet]; doch
beſcheiden in der Fülle, | du verſchmähſt die Worte nicht. 74;
Die Trennung der Quiriten | kann des Agrippa Witz durch
ein G. [die Fabel von den Gliedern und dem Magen]
verhüten. Lichtwer 91; Dieſe Glanzſonne des G–s [der be-
rühmte Poet]. Rückert Mak. 1. 59 ꝛc.
Anm. Veralt. auch = Tichten und Trachten, z. B.:
Nicht aus menſchlichem Geticht und Fürnehmen .., ſondern
aus göttlichem Befehl. Luther 6, 24a.
Zſſtzg. zu 1 z. B.: Und wäre was du liebſt, mehr als
ein Hirn-G. W. 12, 248; Lügen-G. ꝛc.; nam. zu 2
eine unerſchöpfliche Menge, theils nach der Form, theils
nach dem Inhalt, wofür aber — inſofern beſtimmte
Klaſſen poetiſcher Erzeugniſſe bez. werden ſollen —
meiſt Fremdwörter üblicher ſind, z. B.: Kleine Ernſt-,
Scherz- und Spott-G–e. G. 27, 5; Dank-, Er-
widrungs- od. Gegen- (Bettina 1, 204); Farben-
(Gemälde voll poetiſchen Sinns); Feſt-; Gelegen-
heits- (Sch. 1234a); Helden- (Epos); Hirten-
(Ekloge, Jdylle); Hoch- (Homerus ſingt ſein H. Sch.
97b, Gedicht im hohen, erhabnen Ton); Hohn-, He-
chel-, Spott-, Straf- ꝛc. (Satire); Klage- (Ele-
gie); Klang-, Kling-(Sonett);Lehr- (G. 32, 206);
Reim- (G. 3, 58); Schäfer- (Hirten-G.); Schmäh-
(G. 22, 150); Schreck- (Werner Febr. 6); Sinn- (Epi-
gramm); Spiel- (veralt. Komödie. Zinkgräf 1, VII);
Spott-, Spruch-; Stein- (vgl. Farben-, Ton-G.:
Der Kölner Dom, das ew’ge St. Freiligrath Garb. 114);
Straf-; Ton- (Muſikſtück, ſofern es von dichteriſcher
Ader zeugt); Trauer-G. u. v. ä.
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