Faksimile 0284 | Seite 276
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Dein
Dēīn, besitzanz. Fw. der zweiten Pers. der Ez., aus dem Gen. von du entstanden, = dir gehörig, zukommend, gebührend, von dir ausgehnd etc. wie „mein, sein, ihr, unser, euer, ihr“ = mir, ihm, ihr, uns, euch, ihnen gehörig etc. Für alle diese Fw. gelten die Bem. 1—4. 1) bei den Zeitw.:
„sein, werden, bleiben, scheinen; nennen, wissen, glauben, fühlen, empfinden, machen etc.“, in der Volksspr. auch bei „gehören“, vor oder nach ihnen stehnd, verstärkt durch „eigen“ (s. 3b) (urspr. wohl sächl. Hw. = Eigenthum, s. Benecke 1, 415b): Gott, dess die Rache ist. Ps. 94, 1; Die Rache ist mein. 5. Mos. 32, 35; Dein ist das Reich. Matth. 6, 13; Ist der Vortheil immer ihr. G. 14, 49; Ach, wenn du wärst mein eigen! IHahn; Auf ewig dein! [bin ich]. Matthisson 190; Eben da er dein auf immer werden sollte. L. 2, 168; Bleibe mein! G. 8, 6; Mein scheint die Schuld, doch weiß ich sie dein; Nennst du das weniger dein? G.; Dir ward geraubt, | was du auf ewig dein geglaubt; Was wirklich dein gewesen, bleibt dein für alle Zeit; | du fühlst es dein, wie heute, in alle Ewigkeit; „Sind alle diese Schätze dein?“ | Ich mache sie durch Freude mein [zu den meinigen]. LHNicolai 1, 130; Klinger Th. 2, 259 etc.; Der größte Schade dabei ist Ihre. „Ist mein e.“ L. 1, 367; Nunmehr soll dieses Amt nicht Ihre [sein, werden]. Gellert 1, 174. 2) Versch. Grade und Stufen des Besitzthums: Etwas ist nur halb, ist ganz, durchaus, vollkommen, doppelt (Reinhard Göthe 142) mein; Ist Das drum weniger mein? G. 11, 74; Sei auch der Adel eu’r, den ihr von Ahnen erbt: | mehr eu’r ist er gewiß, wenn ihr ihn selbst erwerbt; seltner direkt gesteigert: Du bist mein und nun ist das Meine meiner als jemals. G. 5, 92, vgl.: Jrgend ein Freund und Unseriger [zur Klicke Gehöriger] oder Er selbst, der Meinigste. V. Ant. 1, 96. 3) bei Hw.:
a) theils subjektivem, theils objektivem Genit. entsprechend: Seine Grüße an dich, oder deine Grüße von ihm; Du hast mich beleidigt; Diese deine oder meine Beleidigung etc.; Sei nicht auf deinen Besitz [was du besitzest] stolz; Dein Besitz [daß ich dich besitze] macht mich stolz; Eure Briefe [die ihr schreibt oder empfangt] etc., ferner: Wie Einer ist, so ist sein Gott [der Gott, den er hat]. G. 3, 80; Was räucherst du nun deinen Todten? 15 [die dir angehören]; Ich habe mein Bischen [das Bischen, wie es sich für mich gehört] gelernt; Deine Nachricht [die von dir ausgehnde]; Das also ist dein Held! [der dir dafür gilt; den du als Helden rühmst]; Wer macht mir Das klar, | das euer Löw’ und Lamm und Aar [der von euch mit diesem Namen Gepriesne] | den Biedermann, der sein Vetter doch ist, | den guten Anselmo so schmählich vergisst? Chamisso 3, 225; So meint nun unser Held [der, womit wir uns beschäftigen], daß man die Kinderpossen ... ausgeschwitzt. Lichtwer 87 u. v. ä.
b) beigefügtes „eigen“ (s. 1) entspricht dem selbst beim persönl. Fw.: Wir bewohnt unser eignes Haus; Sein eigner Bruder [selbst, sogar sein Bruder] sagt’s.
c) das Genitiv-Verhältnis tritt deutlich in der Appos. hervor: Hör meinen, des Freundes, Rath; Unser Aller Vater; Euer Beider Wohl etc., und in der veralt. Nachstellung des Fw., die sich dichterisch, zumeist noch im Vokativ, erhalten hat: Vater unser!; Wo treff ich dann den Vater mein? ... Der Vater dein. Kretzschmer V. 1, 79; O Königin, lieb Mutter mein. 81; Mit den Gesellen sein etc., z. B. auch: Das Zaudern sein. G. 12, 147, und auch in der Prosa: Der Haupt- augenmerk mein, des Geognosten. 27, 178 (vgl.: Der Vater des Knaben; des Knaben V.).
d) gw. stehn sie vor dem Hw. und haben starke Abwandlungsform, nur daß der männl. Nom. und der sächl. Nom. und Acc. keine Flerionsendung haben, weßhalb bei diesen Formen ein zwischen dem Fw. und dem Hw. stehndes Ew. starke, sonst überall schwache Form zeigt: Mein, unser guter Vater; dein, euer gutes Kind etc.; der weibl. Nom. und Acc. geht bei diesen Ew. auf „e“ aus: Seine, ihre gute Mutter, alle übrigen Formen auf en, und es muß als veralt. gelten, wenn z. B. noch Forster R. 1, 45 schreibt: Seine träge, unterdrückte Bewohner etc. (s. auch Ein Anm. 1 und Kein 1). Flexionsschema: Ez. m. f. n. Nom. —, ê, Gen. es, er, es Dat. em, er, em Acc. en, ê, Veralt. im Dat. der Ez. (männl. und sächl.) meim, deim. Zinkgräf 1, 194 u. o. In den verlängerten Formen von unser und euer (z. B.: Euere Geschenke etc. Rückert Mak. 1, 115; Zinkgräf 1, 301; Euerer Kunst. V. Th. 22, 67 etc.) wird oft ein e und zwar gw. das erste ausgestoßen (vgl. Sanders Orth. 94): Eur-, (Unsr-)e, en, er, es. Bei den Formen auf em (s. ebd.) ist Beides fast gleich gw.: Eurem und euerm; Unsrem und unserm, doch findet sich auch natürlich sonst: Erbarmt euch | euers entwaffneten zärtlichen Knechts. G. 8, 53; Mit der Philosophie unsers Freundes. Sch. G. 1, 48 etc. —.Bei euer ist auch in der unverlängerten Form der Ausfall des e nicht ungw.: Ihr gabt eu’r Geschmeide. Rückert 2, 13. So auch: Der eu(e)rige, uns(e)rige (s. 4b).
e) Einzelne Bestimmungswörter des Hw. stehn, natürlich mit starker Abwandlung, vor den besitzanz. Fw., nam. dieser (s. d. 5), jener, zuw. auch welcher, solcher, denen sich auch einige sinnvwdte Ew. anreihen, die freilich auch nachstehn können, aber mit wesentlich nüancierter Bed.: Aus diesem, deinem letzten Brief, appositionell, = aus diesem Brief, der dein letzter ist; Der Faust, in welcher, seiner vorzüglichsten Rolle, ich ihn noch nicht gesehn habe; An solcher, ihrer Sprache. Luther 8, 11a; Ryff Th. 20; Schaidenraißer 39b etc. Versch.: Deine vielen Freunde (alle); Viele, deine Freunde [d. h. Viele, die deine Freunde sind, wofür jetzt gewöhnl.: Viele deiner Freunde]; Obgedachter, mein Schwager [Obgedachter, der mein Schwager ist]; Mein obgedachter Schwager [mein Schwager, dessen ich oben gedacht habe]; Jetztberührten meinen Anschlag. Berlichingen 127; In obgedachtem, meinem Büchlein. G. Zelter 5, 201; Schaidenraißer 63b; Bemerkungen, die gedachter seiner Hypothes entgegenstehen. L.; Gegenwärtige meine Bemerkungen. Ders.; Aus ganzem deinem Herzen. Geiler Pön. 73a; Die vordrigen mine Gschriften. Zwingli 2, 3 [meine frühern Schriften]; Mit dargestrecktem ihrem Gut. Stumpf 352b etc., dagegen wohl nur als Druckf.: An dem sie gewagtes ihr Spiel beginnen sollten. Stahr Rep. 2, 113, s. nam. Ander II. 2 und Beide. Ferner bei Partic. abhängig von „nach“ (s. d., entsprechend dem lat. Ablativ absolutus): Nach verrichter meiner Schularbeit [nachdem meine Schularbeit verrichtet war]. Hammer RH. IX; Pfitzer Faust 478; Nach vollbrachten seinen Geschäften. Zinkgräf 4, 130. Vgl. noch bei G. 19, 15: Nach gelesenem diesem Blatt etc. 4) ohne dabei stehndes Hw. und zwar sich auf ein genanntes beziehnd (s. a und b) oder auf ein zu ergänzendes (s. b):
a) ohne Artikel in den unter 3d angegebnen Formen, nur daß die dort ohne Flerionsform hier ebenfalls starke Flerion haben: Mein Bruder und deiner; unser Haus und eures; Das Haus ist ihr(e)s; Die Burg, die ist meine. G. 1, 143; Schlägst du meine Juden, schlag ich deine. Ruge Rev. 2, 90; Meinem Bruder und deinem etc.
b) mit best. Artikel und dann überall mit schwacher Form, d. h. auf „en“, außer im Nom. der Ez., der auf „e“ lautet, wobei überall die Form auf: „ige, igen“ (s. 3d), und zwar als gewöhnlichere vorkommen, vgl. jener, derjenige; derselb(ig)e etc., in der Bed. von a: Mein Bruder und der dein(ig)e; unser Haus und das eur(ig)e; Die Burg ist die mein(ig)e; Meinem Bruder und dem dein(ig)en etc.; aber auch ohne Bezug auf ein genanntes Hw. und selbst substantivisch: Ewig der Dein(ig)e [dir Ergebne, dein Anhänger]; zuw. gesteigert: Der Meinigste s. 2; Kannst du glauben, sie bleibe nicht ewig die Deinigste? [ganz, im höchsten Grad die Deinige]. IP. 23, 56; als Briefschluß: Der Deinigste. G. Zelt. 6, 31, und: Deinigst. 4, 7; oft in Mz.: Die Mein(ig)en [die mir Angehörigen, meine Familie etc. ]; alle Unsr(ig)en; Die Feinde drangen vor und die Unsrigen (Unsern) wichen; Etliche der Meinen. Berlichingen 128; Dies sind die Kleinen | von den Meinen. G. 11, 66; Dir . .. wie auch den Deinen. 5, 118; 12, 168; Für die Seinen -.. zu sorgen . . . Den Seinigen zu nutzen. 13, 119; Bei deinem Volk, Johanna, bei den Deinen. Sch. 486a etc. Als neutr. theils das Einem als Besitz Gehörende: Gieb Jedem das Sein(ig)e; Nur von dem Deinen | bring’ ich die Gabe; | denn was ich habe, | Das all ist dein. G. 8, 6; Gönn’ ihnen doch den Flecken Land, geht’s ja | nicht von dem Deinen. Sch. 540a; Bleibe denn hier und sitz’ auf dem Deinigen. V. Od. 2, 370 etc.; Personen, die ihn in dem Ihrigen herumführten. G. 15, 23 etc. theils das Einem als Pflicht und Schuldigkeit Zukommende, Gebührende: Ich habe | das Meinige gethan, thun Sie das Ihre. Sch. 309b; Thut nur das Eur(ig)e recht!; Er hat das Seinige gelernt etc.
c) dazu zuw. auch die Fortbildungen auf keit, z. B.: Unserigkeit, f.; en: das „Uns“-Angehören, das Zugehören zu ,,Uns“, d. h. in prägnantem Sinne zu der zusammenhaltenden und Andre ausschließenden Sippschaft, die Klicke: Junge Mitbürger der U. V. Ant. 2, 23; [Das] verstand er und seineU., wie andere. Nostrates. 125 etc. 5) (Das) Mein und Dein, der Besitz, insofern dabei versch. Besitzer und ihre Interessen in Betracht kommen: Hader über Mein und Dein. Fallmerayer Or. 2, 33; Lichtwer 99; Rückert W. 3, 183; Wie könnt’ alsdann das Mein und Dein | bestimmet und entschieden werden? Gellert 1, 40 etc. Das schön errungene | Mein, Dein und Sein. G. 12, 213. 6) vgl. „du“. Wie dies im Selbstgespräch, wo man mit sich als einer andern Person spricht: Egmont: Wird an der Spitze deiner [meiner] Freunde nicht Oranien wagend sinnen? G. 3, 225; Andreas: Unglückseliger Andreas! In deinem eigenen Herzen hast du den Wurm deines Verdienstes ausgebrütet. Sch. 158a u. o.; ferner wie „du“, sich an eine bestimmte Person als angeredet wendend, zur Bez. einer allgemeinen (s. „man“): Auf jenem wunderbaren Boden will der Schritt | wohl abgemessen sein, wenn er zuletzt | an deinen eignen Zweck dich führen soll [Einen an seinen Zweck]. G. 13, 116 etc. u. ä. m. 7) über meinet etc. -halben, -wegen, -willen, s. die Grundw. der Zsstzg., „Du“ und †,,T“.