Faksimile 0269 | Seite 261
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dämmen Um-Dämmen
Dä́mmen, tr.:
1) mit einem Damm (s. d., nam. auch 5) versehn, d. h.:
a) mit Straßenpflaster: Die Straße mus neu gedämmt werden.
b) mit einem Damm (s. d. 1a und b) gegen die Fluthen und ähnlich Eindringendes; einen Damm entgegensetzen, hemmen, unterdrücken, bezwingen etc.: Krankheit der sämmtlichen damaligen Fürstenpolitik, des D–s mit Strohhälmchen. Forster Br. 1, 90; Da hilft kein D. und kein Stauen. Freiligrath 2, 221; Die Oberfläche der Welt, als wäre sie nicht durch Berge gedämmt, nicht von Flüssen durchzogen. G. 19, 94; Die Wasser zu ihrer ersten Höhe zu d. 14, 272; 274; Lasst sie [Lieder und Bach] gehen, | nur dämmt sie nicht zum Stehen. KGroth 72; Der Brand war gedämmt worden. Gotthelf G. 140; Unaufhaltsames d. Gutzkow 11, 141; Ihre Augen waren nicht zu d.; es flossen die einmal geöffneten Schleusen des Herzens über. R. 5, 448; Die Thränen zu d. 6, 396; Licht, | das ... gedämmet durch das Laub .. bricht. LHNicolai 1, 247; Seine Macht gedämmet. Novalis 1, 69; Er sein Weinen dämmte und sein Seufzen hemmte. Rückert Mak. 2, 205; So ward der Paß gedämmt | mit Todten. Tieck Cymb. 5, 3; Stilling 4, 177; V. 3, 24 etc. So auch (Hüttenw.): Den Hohofen d., stopfen, um den Gang des Ofens eine Zeit lang zu unterbrechen. 2) Kunstw. der Weber = kräftig anspannen, in die Länge ziehn (wie einen Damm). G. 19, 51. 3) veralt. Nbnf. zu dämpfen = durch Hitze trocknen. Hohberg 3, 1, 401a; Auf warmer Herdstatt gedammt oder getrocknet. 458a. 4) schlemmen (womit es oft zusammengestellt wird): In vollem Sause leben, nur schlemmen, d., zehren. Logau, s. L. 5, 313; Luther SW. 63, 244, und viele Stellen Grimm 2, 709.
Anm. Zuw. ohne Uml., s. Dammen II. Ist Damm (s. d.) ursprünglich das Hemmende, so liegt in dämmen 2 (vgl. dämpfen) vielleicht als Grundbegriff die Bedeutung des Verdunkelns (Gottes Wort leuchtet helle ... Wer denn will es dämmen? Logau, s. L. 5, 313 und oben LHNicolai, vgl. z. B. Dämmern), des Zurückhaltens zunächst vom Licht etc. und die Bed. 4 ist nur eine Nüance des Begriffs, wie wir den Berauschten benebelt nennen: vgl.: Gesellschaft, so .. mit ihm tapfer dämpften und zechten. Uhland V. 620 (s. Dampf 4). Dazu in allen Bedeutungen Dämmer, m., –s; uv.: 1 a) Die D., Straßen-D. rammen die Steine fest. b) Diese gewaltigen Fleisch-D. und Begierden-Zähmer. Fischart B. 23b. 4) Schlemmer und D. Brant Narr. 72, 53; Spate 290 etc., auch Dämmung, f.; –en: Hemmung und D. gilt’s von Turan’s Überschwemmung. Rückert Rost. 44b etc.
Zsstzg. vielfach, zumeist zu 2, vgl.: Dammen II. und Deichen, z. B.: Áb-: durch einen Damm abhalten, ableiten: Einen Fluß (Burmeister Gsch. 25), einen See (G. 14, 181); Das Bett des Bachs (Tschudi Th. 28) a. etc.; An einem sicher abgedämmten Seitenarm [des Flusses]. Keller gH. 3, 1.
Än-: Zusammendrängten sie’s, | andämmend beiderseits. V. Myth. 1, 10 = andrängen durch einen Damm.
Āūf-: Einen Bach mit Steinen a. Forser R. 1, 258; Karmarsch 2, 108.
Āūs-: z. B.: Die Formgrube a., bei den Glockengießern, s. Damm 5.
Dúrch-: mit einem Damm durchziehn: Vermittelst Durchdämmung der Prielen. Niebuhr Nachgel. 1, 69.
Eīn-: durch einen Damm einschränken: Gruben, Gräben, dämmten ein, | schmälerten des Meeres Rechte. G. 12, 270; Diese unglückliche Schlacht dämmte .. das Gebiet in ein Herzogthum ein. Hebel 3, 418; Der Geist lässt sich nicht e. durch Satzungen. Heine Reis. 2, 7 etc.; Das Wasser durch Eindämmungen und Kanäle in die Weinberge geleitet. Forster R. 1, 18.
Empōr-: auf-d.: Den Strome. Zschokke 8, 51.
Entgêgen-: Etwas als einen Damm entgegensetzen: Sich .. der einbrechenden Vernunftreligion e. L. 13, 604; Uns mit vereinigten Kräften dem Strom e. W. 9, 265. I. Um-. mit einem Damm umgeben: Geburt und Rang um-d. sonst wohl die innern Gluthen mit einer gewissen vornehmen Haltung. König (Mon. 1, 537a); Der Wald umdämmte uns mit seinem kräftigsten Stammholz. Kürnberger Am. 381; Lohenstein Jbr. 2 v. 26; Abschüssige Ström’ umdämmt er mit schlängelndem Ufer. V. Ov. 1, 4 etc. II.
Um-: anders dämmen, z. B. [1]:
Die Straße muß umgedämmt werden etc. Ver-:
1) versperren etc.: [Da der Biber] oft einen ganzen Fluß verdämmet. Brockes 9, 309; Seinen [des Blutes] Fluß verdämmet. 57; Ich will sein [des Flusses] Bett an diesem Platz ver-d. Schlegel Sh. 6, 98; Verdämme kein Gefühl, laß ihm den Lauf. Schefer Laienbr. 64; Thümmel 4, 150 etc.; Die Verdämmung des Kanals. Gumprecht (DMus. 1, 2, 183). Auch bei den Artilleristen: Die Kammer im groben Geschütz, die Kugel in der Kammer ver-d. –) [4]: Vertemmen und verschlemmen die Hab des Manns. Schaidenraißer 2b (Od. 1, 249) etc. Zū-: s. Dammen II.: Wo ein Feuer will ausbrechen, daß man’s mit Erden zudämme. Decimator Gewissenst. 64; Verhaltne Flamme zugedämmte Fluth | flammt auf und fluthet nachher um so freier. Freiligrath Ven. 25 etc. Zurück-: zurückdrängen: Alle mit Mühe zurückgedämmten Mißlichkeiten seines Lebens. Gutzkow 11, 122; Die Furcht, welche damals nur das Wort entzügelte und die That zurückdämmte. Heine B. 208; Mit .. ihrem zurückgedämmten Gefühle. Schücking (Monatbl. 1, 262a); Rahel 1, 81 etc. Zusámmen-: Fels .., vor dem der Bach in einen tiefen klaren See sich zusammendämmte. Kinkel Erz. 14 u. á. m.