Faksimile 0265 | Seite 257
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Dach
Dách, n., –(e)s; Dächer; Dächlein, elchen; -:
etwas oben Befindliches, von feſter, meiſt gewölbter,
abhängiger Form, inſofern es das darunter Befindliche
deckt und ſchirmt. Von dem zum ſelben Stamm ge-
hörigen „Decke“ unterſch. es der Sprachgebrauch ent-
ſchieden, zunächſt dadurch, daß Dies nicht nothwendig
den Begriff des oben Befindlichen einſchließt: Eine
Decke kann als Vorhang vor Etwas hängen, kann einen
Gegenſtand allſeitig umſchließen und biegſam ſich deſſen For-
men anſchmiegen; da in Decke nicht der Begriff des Oberſten
liegt, ſo kann über der Decke ſich noch ein Dach befinden
(vgl.: Decke [ſ. d. 1d] eines Zimmers, Dach eines Hau-
ſes); ferner kann die Decke auch ein Verdeckendes, Verhül-
lendes ſein ꝛc.: 1) bergm.: das unmittelbar über
einem Gang, Flöz liegende, es deckende Geſtein, das
Hangende ꝛc. Karmarſch 1, 163; [Wismuth] des Erzes D.,
darum daß gern Silber hernach bricht. Mattheſius Sar. 100b.
Verſch.: Wo das D. [ſ. 5] einer 6“ tiefen Höhlung
eines Kohlenbettes eingeſtürzt. Kohl Engl. 2, 35. 2) von
lebenden Geſchöpfen: a) die deckende Schale einer
Schnecke ꝛc.: Sobald eine Patelle ſich unter ihrem Schild
vom Flecke bewegt, fahren ſie zu ..., das D. umzukehren . ..
Um das Dächelchen herum. G. 23, 107 ff. Und ſo heißt
eine Art Rundſchnecke, Turbo tectum persicum, das
perſiſche D. b) bei Vögeln, Rücken und Flügel,
zumal mit abſtechender Färbung, ſo der Rücken der
Falken zwiſchen den Flügeln. Nemnich 1, 1569; Hohberg
2, 652; ſo heißen Tauben mit rothen (ſchwarzen ꝛc.)
von dem einfarbigen Leibe abſtechenden Flügeln roth-,
(ſchwarz-)dachet. Schmeller 1, 351; Stalder 1, 255.
c) zuw. von Menſchen = Kopf: Am Ende ſchlüg’ er mir
ſelbſt mal Eins übers D. vHorn rhD. 2, 263; War ſchnellen
Sinns, flugs war bei ihr Feuer im D–e [zornig aufbrau-
ſen]. Muſäus M. 5, 131; Unterm D. mag’s ausſehen,
wie’s will . .. bei Euch Weibsleuten. Sch. 181b. So
auch: Einem Eins aufs D. geben (Scherr Graz. 2, 109),
auf dem D. ſitzen (Zelter 1, 105), ſein (Gotter 3, 130; L.
4, 424; 12, 124), zu D. ſteigen (Lenz 1, 104), übers D.
kommen (Gutzkow R. 7, 435 ꝛc.) = ihm zu Leibe gehn,
rücken; ihn prügeln (vgl. „Dachtel“). 3) die
deckende, ſchirmende Wölbung von Bäumen ꝛc.: Dieſer
Bäume hochgewölbtes D. G. 13, 230; 6, 374; In duf-
tende Kühlung | nimmt ein prächtiges D. ſchattender Buchen
mich ein. Sch. 75a; Gutzkow R. 5, 17 ꝛc.; „Jch . .. mach
ein Ob-D. um ſie her .. .“ Er haut ſechs Stangen oder
acht, | befeſtigt ſie . . ., macht ein grünes D. um dieſe ſchö-
nen Kinder. W. 12, 9 ꝛc. 4) überhaupt ein Schirm,
Schutz: Die treue Bruſt des braven Manns allein | iſt ein
ſturmfeſtes D. Sch. 448b; Ein ſtählern D. für’s Haupt
[Helm]. 450aꝛc.; Der Held mit dem Sonnen-D–e [Para-
ſol]. W. 15, 24 ꝛc., ſ. Dach = Regenſchirm. Stalder 1,
254; Schmeller 1, 351 ꝛc. 5) wovon die übrigen
Bed. ſich meiſt als Übertragungen faſſen laſſen der
oberſte Theil eines Gebäudes, der es vor der Witterung
bedeckt: Ein Haus unter D. bringen; Das D. aufſetzen;
Das D. decken mit Blei, Ziegeln ꝛc. (ſ. die Zſſtzg., wie
auch über die verſch. Formen): Ein Sperling (ſ. d.) in
der Hand iſt beſſer als eine Taube auf dem D., ſ. Forſter Br.
1, 321; Von den Dächern ſingen. Möſer Ph. 4, 28, vgl.:
Auf den Dächern [öffentlich] predigen. Matth. 10, 27; Daß
mir durch das alte, morſche D. Schnee und Regen auf der
Naſe tanzen ſoll. G. 6, 320; Die Säulen [des Tempels]
ſind faſt noch alle vollzählig; nur Decke (ſ. d. 1d) und D.
fehlen. Hettner gR. 245; Bis D. und Decke fertig war. Pla-
ten 1, 311; Hatte ... die Erde zum Lager und den Himmel
zum D. Immermann M. 4, 61; Dein D. von Schauben.
Rückert 2, 101 ꝛc. Von D. (von oben herunter); übers
D. (weitweg) ꝛc. ſ. Schmeller 1, 351; Nun regnet’s auf mein
D. [übertr. = nun bekomme ich die Schuld ꝛc. ſ. 2c].
Gryphius S. 67. Unter D. ꝛc., in dem ſchützenden,
ſchirmenden Gebäude, Haus, Scheune. Mark. 8, 8;
Bin unter D–e, laß es regnen! G. 3, 109; Unter dieſem
ehrwürdigen D–e. 6, 325; Unter D. wüßt’ ich Euch nicht
zu führen. 18, 39; Die Garben der Ernte unter D. zu brin-
gen. Heine Lut. 2, 134 ꝛc.; Mit Jemand unter einem D.
[in demſelben Haus] wohnen, bleiben ꝛc. G. 15, 83; Daß
wir das gute B. auch unter ein Dächelchen zu uns bringen
können. Knebel 3, 1 ꝛc. Aber auch ſonſt (als Theil
fürs Ganze) = Haus: Ruhen im gaſtlichen D–e. Rückert
1, 278; Herabzuſteigen in das niedre D. | der Menſchen.
Sch. 449a ꝛc.; Flehen um ein wirthlich D. 57b; 520a;
Seine Felder umruhn friedlich ſein ländliches D. 75b; Da
ſahn ſie im Gebüſch ein einſam D. Chamiſſo 4, 14; 6, 236;
Waſſer, Brot, Kleid, D. Logau (L. 5, 112); Der deinem D.
ſich vertrauet. V. Od. 3, 368 ꝛc. Oft in Verbind.
mit „Fach“ (ſ. d. 3): Ein Haus unter D. und Fach brin-
gen. Jahn M. 145; In D. und Fach erhalten [in bau-
lichem Stande]; So ſorgte ich nun für D. und Fach. G.
18, 19; D., Fach und Herd verlaſſen. 25, 103; 34, 231;
Das Korn iſt unter D. und Fach. Kompert Pfl. 2, 213;
240 ꝛc. Übertr.: Die Töchter in D. und Fach [an den
Mann] bringen. Rückert Morg. 1, 124. 6) in Niederſ.
auch das zum Decken der Bauerhäuſer hauptſächlich
dienende Riet, Stroh. Brem. Wörterb. 1, 192; Arundo
calamogrostis (ſ. Nemnich). So: Eis-D., das im
Winter auf dem Eis geſchnittene.
Anm. Mundartl. Tach. Fiſchart B. 47b; Stumpf 608aꝛc.
Zſſtzg. vielfach mit Hw. ꝛc. als Bſtw. a) nach Dem,
wozu das D. gehört: Kirchen-, Scheunen-, Thurm-, Tempel-
(Sch. 33a; Heine Rom. 101a), Wagen-D. (Stahr Jt. 2, 222
= Plane) ꝛc.; b) nach Dem, woraus es gebildet,
womit es gedeckt iſt: Blei- (Dieſe Bleidächer ſind das fürch-
terlichſte Gefängnis in Venedig. Sch. 723b); Halmen- (Zum
gaſtfreundlichen H. V. 3, 3; Hölty 69); Moos- (V. 1, 1);
Rohr- (Sh. 1, 90); Schauben- (Waldau Nat. 2, 21);
Schiefer-; Schindel- (W. 16, 61); Stroh- (Muſäus M. 2,
7); Ziegel-; Zink-D. ꝛc.; aber auch z. B.: Himmels- (Unter
freiem H. Sch. 523b); ferner (ſ. 3): Blätter- (Gutzkow 11,
271), Laub- (Matthiſſon 41), Ulmen- (Pfeffel Po. 3, 5);
Wein-D. (Geibel 201) ꝛc. c) nach Dem, wogegen es
ſchützt: Wetter- (Alle Wetterdächer der Läden und Buden in
den Straßen ausgehoben. G. 20, 231); Regen-, Sonnen-D.
(ſ. 4) ꝛc. d) Noth- (nur einſtweilen als Nothbehelf
dienend. Prutz Muſ. 1, 3; 223); Schirm-D. (Augen-Sch.
Börne 1, 14, die Augen zu ſchirmen ꝛc.). e) nach der
Form, Art der Deckung ꝛc.: Altan- (Platt-D., auf dem
man umhergehen kann); Doppel- (wo ein obrer Ziegel
je über die Fuge zweier untern kommt); Giebel- (das
vorn oder auch auf zwei Seiten einen Giebel hat,
ſ. Sattel-D.); Graben- (italiäniſches Dach, nur ¼ ſo
hoch als breit); Halb- (Pult-D.); Helm- (jede hohe,
gew. achteckige Thurmſpitze. Otte Kunſt-Arch.347); Kaiſer-,
Kegel- (Helm- oder Thurm-D., aus ein- und ausge-
bognen Seiten beſtehnd und in eine Spitze zuſammen-
laufend); Kuppel-; Manſarden-(gebrochnes, franzöſiſches
D., ſ. Manſarde); Pfannen-(Niebuhr Nachgel. 18; 194ꝛc.);
Platt- (plattes D. Gutzkow R. 3, 209); Pult- (ein ein-
hängiges, im Ggſtz. des zweihängigen oder Sattel-
dach’s); Sattel- (ſ. Pult-D.); Taſchen- (Pult-D.);
Walm-; Zelt- (deſſen vier Seiten ſpitz zulaufen; doch
auch ſ. a. Leinene Zeltdächer aufgeſpannt. Gutzkow
R. 4, 237). Wölbe-D. (ſich wölbendes. G. 12, 52 ꝛc.).
f) Eis-D., ſ. 6. Ferner mit Vorſ.: Ob-: das
oben befindliche Dach, nam. übertr. als ſchirmendes
und ſchützendes Haus ꝛc.: Kein O. finden. Freiligrath 1,
378; Legt ſich .. unter das O. des Baums. Hebel 3, 165;
Gut O. haben wir. Rückert Roſt. 49a; Hier finden wir | ein
O. vor dem wüth’gen Sturm. Sch. 480b; 55a; Der Laub’
O. V. 3, 19 ꝛc. Im eig. Sinn findet ſich auch Über-
D. Über-: ſ. Ob-D.: Des U–s Schatten | zieht dich
an. G. 2, 53; Ein Ü., wo Bauern .. untertreten, wenn der
Regen ſie überfällt. Tieck NovKr. 4, 21; Das Ü. iſt kein
ganzes Haus, ſondern eben nur ein von oben ſchützendes Dach.
Vōr-: vorſpringendes Dach: In dem grünen V. von
Reben, das vor unſrer Hütte ſteht. Geßner 2, 51; 55; 104;
Unter dem V–e der Schmiede. Gutzkow R. 2, 271; Hinter
einem V. von Eppich und Weinreben. W. 9, 9; Vordächlein,
wie es Krämer über ihren Ladengewölben .. haben. Zſchokke
8, 252; Felſenwand mit überhängendem V. Tſchudi Th. 31 ꝛc.