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Dach
Dách, n., –(e)s; Dächer; Dächlein, elchen; -:
etwas oben Befindliches, von fester, meist gewölbter, abhängiger Form, insofern es das darunter Befindliche deckt und schirmt. Von dem zum selben Stamm gehörigen „Decke“ untersch. es der Sprachgebrauch entschieden, zunächst dadurch, daß Dies nicht nothwendig den Begriff des oben Befindlichen einschließt: Eine Decke kann als Vorhang vor Etwas hängen, kann einen Gegenstand allseitig umschließen und biegsam sich dessen Formen anschmiegen; da in Decke nicht der Begriff des Obersten liegt, so kann über der Decke sich noch ein Dach befinden (vgl.: Decke [s. d. 1d] eines Zimmers, Dach eines Hauses); ferner kann die Decke auch ein Verdeckendes, Verhüllendes sein etc.: 1) bergm.: das unmittelbar über einem Gang, Flöz liegende, es deckende Gestein, das Hangende etc. Karmarsch 1, 163; [Wismuth] des Erzes D., darum daß gern Silber hernach bricht. Matthesius Sar. 100b. Versch.: Wo das D. [s. 5] einer 6“ tiefen Höhlung eines Kohlenbettes eingestürzt. Kohl Engl. 2, 35. 2) von lebenden Geschöpfen:
a) die deckende Schale einer Schnecke etc.: Sobald eine Patelle sich unter ihrem Schild vom Flecke bewegt, fahren sie zu ..., das D. umzukehren . .. Um das Dächelchen herum. G. 23, 107 ff. Und so heißt eine Art Rundschnecke, Turbo tectum persicum, das persische D.
b) bei Vögeln, Rücken und Flügel, zumal mit abstechender Färbung, so der Rücken der Falken zwischen den Flügeln. Nemnich 1, 1569; Hohberg 2, 652; so heißen Tauben mit rothen (schwarzen etc.) von dem einfarbigen Leibe abstechenden Flügeln roth-, (schwarz-)dachet. Schmeller 1, 351; Stalder 1, 255.
c) zuw. von Menschen = Kopf: Am Ende schlüg’ er mir selbst mal Eins übers D. vHorn rhD. 2, 263; War schnellen Sinns, flugs war bei ihr Feuer im D–e [zornig aufbrausen]. Musäus M. 5, 131; Unterm D. mag’s aussehen, wie’s will . .. bei Euch Weibsleuten. Sch. 181b. So auch: Einem Eins aufs D. geben (Scherr Graz. 2, 109), auf dem D. sitzen (Zelter 1, 105), sein (Gotter 3, 130; L. 4, 424; 12, 124), zu D. steigen (Lenz 1, 104), übers D. kommen (Gutzkow R. 7, 435 etc.) = ihm zu Leibe gehn, rücken; ihn prügeln (vgl. „Dachtel“). 3) die deckende, schirmende Wölbung von Bäumen etc.: Dieser Bäume hochgewölbtes D. G. 13, 230; 6, 374; In duftende Kühlung | nimmt ein prächtiges D. schattender Buchen mich ein. Sch. 75a; Gutzkow R. 5, 17 etc.; „Jch . .. mach ein Ob-D. um sie her .. .“ Er haut sechs Stangen oder acht, | befestigt sie . . ., macht ein grünes D. um diese schönen Kinder. W. 12, 9 etc. 4) überhaupt ein Schirm, Schutz: Die treue Brust des braven Manns allein | ist ein sturmfestes D. Sch. 448b; Ein stählern D. für’s Haupt [Helm]. 450aetc.; Der Held mit dem Sonnen-D–e [Parasol]. W. 15, 24 etc., s. Dach = Regenschirm. Stalder 1, 254; Schmeller 1, 351 etc. 5) wovon die übrigen Bed. sich meist als Übertragungen fassen lassen der oberste Theil eines Gebäudes, der es vor der Witterung bedeckt: Ein Haus unter D. bringen; Das D. aufsetzen; Das D. decken mit Blei, Ziegeln etc. (s. die Zsstzg., wie auch über die versch. Formen): Ein Sperling (s. d.) in der Hand ist besser als eine Taube auf dem D., s. Forster Br. 1, 321; Von den Dächern singen. Möser Ph. 4, 28, vgl.: Auf den Dächern [öffentlich] predigen. Matth. 10, 27; Daß mir durch das alte, morsche D. Schnee und Regen auf der Nase tanzen soll. G. 6, 320; Die Säulen [des Tempels] sind fast noch alle vollzählig; nur Decke (s. d. 1d) und D. fehlen. Hettner gR. 245; Bis D. und Decke fertig war. Pla- ten 1, 311; Hatte ... die Erde zum Lager und den Himmel zum D. Immermann M. 4, 61; Dein D. von Schauben. Rückert 2, 101 etc. Von D. (von oben herunter); übers D. (weitweg) etc. s. Schmeller 1, 351; Nun regnet’s auf mein D. [übertr. = nun bekomme ich die Schuld etc. s. 2c]. Gryphius S. 67. Unter D. etc., in dem schützenden, schirmenden Gebäude, Haus, Scheune. Mark. 8, 8; Bin unter D–e, laß es regnen! G. 3, 109; Unter diesem ehrwürdigen D–e. 6, 325; Unter D. wüßt’ ich Euch nicht zu führen. 18, 39; Die Garben der Ernte unter D. zu bringen. Heine Lut. 2, 134 etc.; Mit Jemand unter einem D. [in demselben Haus] wohnen, bleiben etc. G. 15, 83; Daß wir das gute B. auch unter ein Dächelchen zu uns bringen können. Knebel 3, 1 etc. Aber auch sonst (als Theil fürs Ganze) = Haus: Ruhen im gastlichen D–e. Rückert 1, 278; Herabzusteigen in das niedre D. | der Menschen. Sch. 449a etc.; Flehen um ein wirthlich D. 57b; 520a; Seine Felder umruhn friedlich sein ländliches D. 75b; Da sahn sie im Gebüsch ein einsam D. Chamisso 4, 14; 6, 236; Wasser, Brot, Kleid, D. Logau (L. 5, 112); Der deinem D. sich vertrauet. V. Od. 3, 368 etc. Oft in Verbind. mit „Fach“ (s. d. 3): Ein Haus unter D. und Fach bringen. Jahn M. 145; In D. und Fach erhalten [in baulichem Stande]; So sorgte ich nun für D. und Fach. G. 18, 19; D., Fach und Herd verlassen. 25, 103; 34, 231; Das Korn ist unter D. und Fach. Kompert Pfl. 2, 213; 240 etc. Übertr.: Die Töchter in D. und Fach [an den Mann] bringen. Rückert Morg. 1, 124. 6) in Nieders. auch das zum Decken der Bauerhäuser hauptsächlich dienende Riet, Stroh. Brem. Wörterb. 1, 192; Arundo calamogrostis (s. Nemnich). So: Eis-D., das im Winter auf dem Eis geschnittene.
Anm. Mundartl. Tach. Fischart B. 47b; Stumpf 608aetc.
Zsstzg. vielfach mit Hw. etc. als Bstw. a) nach Dem, wozu das D. gehört: Kirchen-, Scheunen-, Thurm-, Tempel- (Sch. 33a; Heine Rom. 101a), Wagen-D. (Stahr Jt. 2, 222 = Plane) etc.; b) nach Dem, woraus es gebildet, womit es gedeckt ist: Blei- (Diese Bleidächer sind das fürchterlichste Gefängnis in Venedig. Sch. 723b); Halmen- (Zum gastfreundlichen H. V. 3, 3; Hölty 69); Moos- (V. 1, 1); Rohr- (Sh. 1, 90); Schauben- (Waldau Nat. 2, 21); Schiefer-; Schindel- (W. 16, 61); Stroh- (Musäus M. 2, 7); Ziegel-; Zink-D. etc.; aber auch z. B.: Himmels- (Unter freiem H. Sch. 523b); ferner (s. 3): Blätter- (Gutzkow 11, 271), Laub- (Matthisson 41), Ulmen- (Pfeffel Po. 3, 5); Wein-D. (Geibel 201) etc. c) nach Dem, wogegen es schützt: Wetter- (Alle Wetterdächer der Läden und Buden in den Straßen ausgehoben. G. 20, 231); Regen-, Sonnen-D. (s. 4) etc. d) Noth- (nur einstweilen als Nothbehelf dienend. Prutz Mus. 1, 3; 223); Schirm-D. (Augen-Sch. Börne 1, 14, die Augen zu schirmen etc.). e) nach der Form, Art der Deckung etc.: Altan- (Platt-D., auf dem man umhergehen kann); Doppel- (wo ein obrer Ziegel je über die Fuge zweier untern kommt); Giebel- (das vorn oder auch auf zwei Seiten einen Giebel hat, s. Sattel-D.); Graben- (italiänisches Dach, nur ¼ so hoch als breit); Halb- (Pult-D.); Helm- (jede hohe, gew. achteckige Thurmspitze. Otte Kunst-Arch.347); Kaiser-, Kegel- (Helm- oder Thurm-D., aus ein- und ausgebognen Seiten bestehnd und in eine Spitze zusammenlaufend); Kuppel-; Mansarden-(gebrochnes, französisches D., s. Mansarde); Pfannen-(Niebuhr Nachgel. 18; 194etc.); Platt- (plattes D. Gutzkow R. 3, 209); Pult- (ein einhängiges, im Ggstz. des zweihängigen oder Satteldach’s); Sattel- (s. Pult-D.); Taschen- (Pult-D.); Walm-; Zelt- (dessen vier Seiten spitz zulaufen; doch auch s. a. Leinene Zeltdächer aufgespannt. Gutzkow R. 4, 237). Wölbe-D. (sich wölbendes. G. 12, 52 etc.). f) Eis-D., s. 6. Ferner mit Vors.: Ob-: das oben befindliche Dach, nam. übertr. als schirmendes und schützendes Haus etc.: Kein O. finden. Freiligrath 1, 378; Legt sich .. unter das O. des Baums. Hebel 3, 165; Gut O. haben wir. Rückert Rost. 49a; Hier finden wir | ein O. vor dem wüth’gen Sturm. Sch. 480b; 55a; Der Laub’ O. V. 3, 19 etc. Im eig. Sinn findet sich auch Über- D.
Über-: s. Ob-D.: Des U–s Schatten | zieht dich an. G. 2, 53; Ein Ü., wo Bauern .. untertreten, wenn der Regen sie überfällt. Tieck NovKr. 4, 21; Das Ü. ist kein ganzes Haus, sondern eben nur ein von oben schützendes Dach.
Vōr-: vorspringendes Dach: In dem grünen V. von Reben, das vor unsrer Hütte steht. Geßner 2, 51; 55; 104; Unter dem V–e der Schmiede. Gutzkow R. 2, 271; Hinter einem V. von Eppich und Weinreben. W. 9, 9; Vordächlein, wie es Krämer über ihren Ladengewölben .. haben. Zschokke 8, 252; Felsenwand mit überhängendem V. Tschudi Th. 31 etc.