bürgerlich
Bürgerlich, a.:
1) Bürgern, dem Bürgerstand — im Ggstz. des Adel-, Bauer-, Wehrstands etc. — gemäß, daher stammend, ihm angehörend etc., vgl. civil: Versprechen ist adelig, Worthalten ist b. (Sprchw.); Der stolz und steif und b. | im Schmausen keinem Fürsten wich. 2, 119; Wo eine Kavaliersgnade einspricht, kommt mein b–es [des Bürgers] Vergnügen in gar keine Rechnung. 182a; 377a; Unadelige Gesinnungen gegen meine B–keit. 496b; Der Graf hat eine B–e geheirathet; B–e Beamte, Anstellung, auch im Ggstz. von Kriegs- (oder Militär-) Beamten etc.; B–e Baukunst, Ggstz. Kriegs-Baukunst (vgl. 4). — B–e Nahrung, Rechte, Freiheiten, Steuern, Abgaben, Lasten etc.; B–er (oder Bürger-) Gehorsam, Gefängnis für Bürger. — In b–en Kreisen, Verhältnissen [s. 2] leben, einen b–en Tisch führen, sich b. kleiden; Das biedre Schauspiel .., das euch des b–en Lebens innern Gang ... vor die Augen führt. 6, 348; Kabale und Liebe, ein b–es Trauerspiel. 184a; Der Mittelstand wird angenehm-belehrende häusliche B–keiten [b–e Zustände] gewahr werden. 32, 306; Jener einfachen B–keit. Jahr. 1, 389. — 2) das Verhältnis Einzelner im und zum Staate, dessen Mitglieder sie sind, die Stellung in und zur Gesellschaft bezeichnend (vgl. gesellschaftlich, social), minder gew.: lDie Liebel macht uns b. [= zu Bürgern] und sammelt uns in Städte. 149; Die b–e Ehre, Stellung etc. eines Mannes angreifen; Was mich am meisten neckt, sind die fatalen b–en Verhältnisse [s. 1]; zwar weiß ich so gut als Einer, wie nöthig der Unterschied der Stände ist. 14, 76; Die b–e Gesellschaft. 17, 271; 3, 192; Dem Naturzustand ist der b–e entgegengesetzt. 5, 44; Wenn sie [die Handlung] der Willkür eines Andern nicht unterworfen ist, so heißt sie b. frei. 4, 1, 101 etc. — So auch: B–er (oder Bürger-) Krieg 2, 135), Kampf, Zwist, Streit; B–e Zwietracht, Fehde etc., zw. Bürgern als Gliedern ein und desselben Staats. — Ferner so auch 3) B–es Recht; b–er Proceß; b–e Klage etc. in Bezug auf Civil- oder b–e Sachen, wobei der Kläger nur sein Privatinteresse verfolgt, im Ggstz. der peinlichen oder Kriminal-Sachen, welche die öffentliche Bestrafung eines begangnen Verbrechens betreffen. 6, 163; 3, 114 ff. — Ferner: Das b–e Recht, im Ggstz. des Staats-, des Stadt- oder Gemeinde-, des Kirchenrechts etc., als Inbegriff der gesetzlichen Vorschriften, wonach die Bürger eines Staats in ihren gegenseitigen Verhältnissen ihre Handlungen einzurichten haben. — 4) was für das bürgerliche Leben, d. h. für die gewöhnlichen Verhältnisse allgemein gilt, z. B.: B–e Baukunst (s. 1), im Ggstz. der Kriegs-, Schiffs-, Wasser-Baukunst etc., nam. in Bezug auf die Zeitbestimmungen, im Ggstz. zu den genauern astronomischen: Die astronomischen Jahre geben wirkliche Dauer der himmlischen Umläufe bis auf Minuten und Sekunden an; von ihnen unterscheiden sich die b–en Jahre, welche im Kalender, wo man die Tage nicht theilen kann, angenommen werden müssen. 2, 682; Selbst im b–en Leben hat man, wenigstens in den größern Städten Europa’s, diese mittlere Zeit bereits eingeführt. 198 etc.
Anm. Ohne Uml. z.B. 343a etc.; veralt. auch: Die Klagen [s. c] sind entweder burglich oder peinlich, s. 1, 1140. Das ebenfalls veralt. bürgerisch 1, 1066b etc.) findet sich noch in Zsstzg. verächtlichem Sinn (s. † isch und z. B. pfahl-b.).
Zsstzg. ganz so wie die von Bürger (s. d.), z. B.: Klēīn-: Linkisch .. und k. zu erscheinen. Goltz 2, 298. —
Mít-: M. unter den Bürgern. V. 1, 146; G. 30, 11. —
Pfāhl-: Leben sie, so ist’s spieß- und pf. in der fernsten Vorstadt der s. g. Gottesstadt. IP.; Dieser pfahlbürgerischen Vorurtheile. Musäus M. 2, 87. —
Spīēß-: Grillen sp–er Selbstsucht. Steffens 5, 73; Damit die Sp–keit vollkommen werde. Börne 1, 106; Immermann 12, 139. —
Stāāts-: St–e Pflichten, Rechte etc. —
Über-: mehr als bürgerlich, z. B.
1) Neugierige Blicke nach diesen ü–en [gräflichen] Wesen. gH. 1, 60. —
2) Eine ü–e Sparsamkeit etc. — Un-. — Wélt-: In den Wogen | des thätigen w–en Lebens. HorBr. 1, 23; Das Humane und W–e wird befördert. 22, 124; 27, 437; Y. 1, 231; M. 2, 28; Bei aller W–keit meiner Gesinnungen. Br. 107; M. 13 etc.
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