blind
Blind, a.:
–est: Das, dem das Licht, der Blick (s. d.), der Glanz, Schein fehlt: 1) nicht sehend, leiblich und geistig,
a) Schlug und traf mit b–em Beginnen, | ohne zu sehen wohin. 5, 36; R. geht noch [beim Fechten] zu b. ins Zeug. W. 1, 16; Daher ist ihr Wirken eben so b. [unbedacht, ohne klares Bewusstsein] in den Tag hinein. Br. 2, 118 (s. 2b): Der du .. b. durch die Stille der Nacht hinschweben uns heißest. Od. 12, 284 [s. 2b: in der dunkeln Nacht, wo wir Nichts sehn können]: B–voll 1, 120; 3, 402), b–hagelvoll. 3, 228 = so voll, besoffen, daß man Nichts sieht, überall taumelnd anstößt etc. —
b) gw. von der Beschaffenheit des Auges selbst: ohne die Fähigkeit zu sehn, leiblich und geistig der klaren Einsicht beraubt (s. 2g): Sprichw.: Unter den B–en ist der Ein- äugige König; Wir wollen mal sehn, sagte der B–e, wie der Lahme tanzen kann; Reden R. 2, 117), urtheilen 6, 545b), soviel wissen Oc. 1, 24) — wie der B–e von der Farbe; Daß es ein B–er mit Händen soll tasten .. können [handgreiflich]. B. VIIb; Eine b–e Frau hätte es mit dem Stock fühlen können. E. 134; Das kann ein B–er sehn. W. 2, 403; Da müßte man doch b. sein, wenn man nicht wüßte etc. G. 64; Eine b–e Sau (Schwein. 109b) findet auch eine Eichel. Hann. 152, ein b–es Huhn (Henne) auch ein Korn; Ein b–er Maulwurf, Kauz; B–er Hesse, Schwabe. Sprchw. 2, 49b; Er ist ein b–er Heß, scher Er sich. R. 1, 323; 4, 195; Ich b–er Hiob. 476a etc. — Sich b. weinen; Sich an Etwas b., halb-b. schauen A. 2, 44), schreiben 5, 130), klauben 1, 64 etc.); Die Augen b. blitzen. 211 etc. — B–er als ein Maulwurf; Ich bin b. und werde nicht b–er als ich bin [nach der Staar-Operation]. 4, 38; Für den Jungen, der einmal b–er als b. ist, wenn der Alte [sein, des B–en Leiter] nicht mehr ist. etc. — Unsre b–e und arme Vernunft. 6, 545b; Den Einen verblendet der Haß und der Neid, | dich macht die Liebe zum Seltsamen b. Mak. 1, 61 u. v. — Niemand ist b–er [mehr verblendet], als wer nicht sehen will. Buchm. 21; Soviel ist b–er als das b. [vernunftlos] geborne Thier | der Mensch, der sehende, geblendet von Begier. 85a; Für den b–esten Menschen ..; für den mehr nachdenkenden. .; aber für den Selbstdenker. Br. 1, 397 (s. e). —
c) B–de Kuh, Name eines bekannten Spiels, wobei Einer mit verbundnen Augen, die sog. blinde Kuh, einen Andern aus der Gesellschaft haschen muß: Zwar spielt der Tod immer b. Kuh und fängt, wer ihm zuerst nahe kommt. 1, 59; 1, 13; 15, 20; Pet. 66; E. 151; 11, 311; 137 ff.; Br. 2, 72; Wer kommt dort, mit dem Tuche | ums Haupt als Blindekuh? 6, 148; früher gw.: Der b–en Kuh spielen (s. spielen), z. B.: 5, 224a; 230a; in Südd.: Der b–en Mäuse spielen. 1, 472c etc. Dazu wohl: B. kommen, ankommen, anstoßen, übel anlaufen, seinen Zweck verfehlen: Da kömmt Damötas b. [irrt sich], mich macht er wohl nicht dumm. Schäf. 137 etc. —
d) B., von Dem, was keine Augen hat: B–er Käse und sehend Brot ist gut. Sprichw., 419, Jener ohne, Dies mit Augen, d. h. runden Löchern darin; B–e Wand, ohne Offnung für Fenster und Thüren (s. Auge 12e); B–e Rebe (s. Auge 12i); B–e Suppe (s. Auge 13a und stock-b.); Kehrt oft den b–en Rücken | der Wollust zu, auf die er zielt. 1, 90; Und kehrt in stolzer Ruh | der schönen Frau die b–e Seite [den Rücken] zu. 12, 111. —
e) Schon im Vorstehnden ist b. übertr. in Bezug auf den Mangel an geistiger Einsicht (s. a undb) erwähnt. Daran reiht sich: b. = ohneUrtheil, Prüfung und Wahl handelnd, plan- und rücksichtslos: B–e wilde Naturgewalten sprengten diese Klüfte. A. 1, 336; Wie ein schwaches Schiff, das, wo der Wind hinsteht, | den b–en Wellen nach mit vollem Segel geht. O Unvernunft des b–en Elements! | musst du um einen Schuldigen zu treffen, | das Schiff mitsammt dem Steuermann verderben? 540; Reißt ihn fort, | rastlos fort mit b–em Wagen. 50b; Geschick, du b–es, reiße mich hinweg, | die Wahl ist schwerer, als das Übel selbst. 13, 341; Nur die beiden Gegensätze gut oder böse, nur das b–e Entweder- Oder anerkennen. W. 4, 27. — Ferner = unbedingt Andern folgend u. gehorchend, prüfungslos etc.: Recht b–e, gehorsame, enthusiastische Anhänger. Eine b–e Verehrung seines Namens. Daß alle Chefs .. dir b. sich überliefern. B–e Menge. Die b–este Ergebenheit. 39, 106; Die .. b–este, treueste Freundschaft. R. 6, 436; Den b–esten Glauben neben der erklärtesten Zweifelsucht. 3, 106 etc. — Hier beachte man nam. die Verbindung mit — ursprüngl. wohl personificiert gedachten — Abstrakten. So heißt b. z. B.: die Liebe. 12, 16 u. o. (vgl. Amor); die Gerechtigkeit. 3, 212; das Glück. 233; der Zufall. Rev. 1, 410; die Gunst der Natur. 2, 168; der Glauben. Par. 2, 209 (im Ggstz. der „helläugigen freien Erkenntnis“); der Instinkt. 7, 9; die Leidenschaft; die Wuth. 541; Raserei. 4, 165; Verzweiflung. 2, 167; der Eifer. 4, 16; der Zorneseifer. Acc. 1, 344 etc. (s. f). Die letzten Verbindungen lassen sich natürlich auch zu 2 ziehn: B–er Eifer schadet nur. 33, entweder Eifer [persönl.], der Nichts sieht, — oder: der Nichts sehn lässt, der uns der Einsicht beraubt, verblendet; Im b–en Eifer Lärm 42); In der b–en Hitze N. 62) daneben geschossen; Durch b–es [blindmachendes] Vorurtheilverblendet. — Vgl. auch das Adv.: B.-wüthend schleudert selbst der Gott der Freude | den Pechkranz in das brennende Gebäude. 350b; Ohne Wahl vertheilt die Gaben, | ohne Billigkeit das Glück . . Weil das Glück aus seiner Tonne | die Geschicke b. verstreut. 53b etc. —
f) abhängige Kasus und Präpos.: Ihren Reizen b. 4, 167; Seinen Bitten taub, b. seinen Thränen. 300; Mess. 17, 379; Niemand ist bei diesen Reizen b. 2, 169; Blind gegen Gefahr. 10, 278; gegen sich selbst. 122b; für die Zukunft. 20, 102; für die Ursach. 11, 164; selten so: „an“ gramm. Gespr. 247), aber: An, auf einem, beiden Augen, am Geist b.; [Der sie belauschende B–e] war nicht an den Ohren b., | und öfters kann ein Ohr für hundert Augen dienen. 20, 158: Ward von vielem Weinen b. Toll und b. vor Wuth etc. — 2) nicht sehn lassend:
a) s. 1e auch: B–e [unsichtbar machende] Kappen. 2, 1, 37; Der b–e Staub. Den b–en Graben [die verdeckende Schanze] aufwersen. 3, 2, 75b (versch. 3); B–e Linien (versch. 3) im Festungsbau, die Seiten des äußersten Vielecks an einem Werk; B–e Luken, vor die Kajütenfenster geschoben [s. Blende]; Mit vielgängigem Haus’ und b–em Verschloß sie umgebend. Ov. 2, 60. —
b) finster, dunkel; so z. B. heißt b.: die Nacht. 33a; die Dunkelheit. A. 1, 82; die Finsternis. 2, 179; Bei dunkel b–er Nacht. 3, 163; Im B–en [Dunkeln] reiten. 1, 109; tappen. 2, 172; Ein Morden ins B–e hinein (vgl. 1a, wo man Nichts sieht). Tag. 187; So hohl und ins B–e hochmüthig. Sch. 292; B–er [vom Tagesschacht entfernter, besonders abgeteufter] Schacht etc. —
c) trübe, angelaufen, so daß man nicht hineinsehn kann etc., z. B.: Glas. 37, 163 ff.; Fensterscheibe. Gev. 484; Spiegel. W. 4, 119; Knopf. V. 7; Metall; Flecken. 31, 62 etc. — 3) nicht zu sehn, versteckt, heimlich, so: B–e [vor dem darin zu fangenden Wild verdeckte] Fußeisen; Gruben [versch. 2a]. Ps. 119, 85; Klippen (ein wenig unter der Oberfläche des Wassers liegend); ebenso: B–er Sand. 582; Sandbank; B–er Schlüssel verdeckter Spanner am Schloß, es ohne Schlüssel zu öffnen); B–es Schloß (verdeckt, nur vom Kundigen mit besonderm Schlüssel zu öffnen); B–e [von der Schrift verdeckte] Linien (versch. 2a), welche gezogen wurden, um grade zu schreiben. mann 2, 223: B–es (Blind-) Holz, woraus ein Geräth gefertigt, das aber dann mit besserem Holz verdeckt wird (versch. 4c). — 4) nur den Schein ohne das Wesen habend, täuschend, falsch, leer, nichtig:
a) täuschend, falsch, erdichtet etc.: [Daß der Schauspieler] einen kleinen Rausch trank und seinen b–en [bloß zu spielenden] Ingrimm bald auf eine sehr natürliche Weise darzustellen im Stande war. gH. 2, 369; [Hört] einen b–en Leichenzug | zur Gruft der Väter wallen. 1, 145; B–er [Schein-] Angriff, Kauf; B–e [erdichtete] Fordrung, Namen. 173; B–e Namen Kriegsordn. 25), Soldaten mus 1, 121), Matrosen, Häuer (bergm.) haben, führen = nicht vorhandne als vorhanden angeben, zumal bei Zahlung für Dieselben; B–e [trügerische] Griffe. 5, 195a; Würfel. 5, 357b; Goldstücke (nicht vollwichtig), z. B.: An Trankgeld baar | zehn B–e ohne Rändchen. 40a; B–er [wilder] Hopfen; B–e (B.-) Kohle, schlechte, nicht genug ausgebrannte; B–es Fenster (vgl. 2a und 2c), b–e Thür, bei Bauwerken — meist der Symmetrie halber — anstatt eines wirklichen Fensters etc. gemalt: An b–en Wänden (s. 1d) bringt man oft b–e Fenster an; B–e Taschen, Knopflöcher, nur so scheinend, Jene nicht Etwas hineinzustecken, Diese nicht zum Knöpfen dienend; Lauter b–e Taschen tragend, sprchw., von Einem, der zu besitzen scheint, was er in der That nicht hat; Der b–e Boden, B–boden, der obre herauszunehmende Boden im Maischbottig, im Ggstz. des wirklichen festen; B–e Schleife (versch. c), die nicht aufzuziehen ist; B–e Scheibe in Papiermühlen zum Verschlagen des Holländers, welche das Zeug zurücklaufen lässt, ohne ihm Wasser zu entziehn. 2, 795; B–e Schröpfköpfe, wodurch kein Blut entzogen wird; B–e Hämorrhoiden, goldne Ader, ohne Blutfluß; B–e Hebammen holen. Garg. 63a, bei einer Fehlgeburt; Der b–e (B.-) Darm, ohne die dem wirklichen Darm wesentliche Offnung hinten. Gsch. 352; B. laden, schießen, so daß der Schuß keine Wunde giebt; Einen starken Leibdunst oder b–en Schützen fein sachte fortschleichen lassen. 2, 231; B–e Granaten, nicht mit doppeltem Feuer geworfen, sondern sich erst später entzündend; Segel liegen b., wenn ihnen durch andre Segel der Wind genommen ist, sie also unwirksam sind. (Dagegen: B–es Segel, s. Blinde etc.) —
b) leer, nichtig, ohne den wesentlichen Jnhalt, ohne Grund: B. abbacken, Pastetenränder ohne den Inhalt, indem die Füllung später hineingethan wird; Das b–e [leere] Nachsehn haben. U. 2, 240; Einige Wenige zählen, die Übrigen alle sind b–e | Nieten. 91a; B–er Passagier, bei der Bezahlung nicht oder nicht für voll mitzählend, dessen Fahrgeld dem Herrn unterschlagen wird: Reist frei mit ihr als b–er Passagier. 2, 381; Ab. 267; 25, 149; B. [heimlich, s. 3] mitfahren; Der B–e, Strohmann, der fehlende Vierte, beim Kartenspiel, wo bei drei wirklichen Spielern doch für vier Karten gegeben werden, indem einer von diesen für jenen aus den aufgedeckten Karten mitspielt: Hier spielte der Major mit dem Strohmann, mit einem andern Major und einem alten Hauptmann.. Da seht her! Im B–n zwei lumpige Trümpfe. Stillfr. 1, 253; B–e Läuterung, im Recht, gegen ein noch nicht geschehnes Urtheil eingelegt; B–e Muthung, (bergm.) wo die Angabe des Gangs und Orts im Gebirge fehlt; B. (taub, ohne Frucht anzusetzen) blühen; B–er, falscher Lärm 9, 76; 3, 141), Feuerlärm 2, 114), Schreck 5, 136; Rost. 47a), nichtig, ohne Grund etc. — Daran reiht sich
c) b. = überflüssig, überschüssig: Der b–e Mann, (Schiff.) der dem eigentlich steuernden Matrosen beigegebne Gehilfe, — zumal was als überflüssig weggenommen wird: B–es (B.-) Holz, Blinde (B.-) Rebe, bei den Winzern die abgeschnittnen, zu Senkern benutzten Rebenspitzen (versch. 3c); B–er (B.-, Blendrahmen), ein zeitweiliger, später mit einem andern zu vertauschender Rahmen um ein Gemälde; B–e Schleife, (Bauk.) eine an Etwas angeschlagne, leicht wieder aufzuziehnde Schleife von einem Tau (versch. a) etc.
Anm. Das Wort schon goth. blinds, vielleicht verwdt. mit dem noch engl. erhaltnen blend, mischen, trüben; nach mit Blick, wie bleich, blaß etc. auch ursprüngl. die Bed. des Leuchtenden hatten, s. nam. blinzeln. — Veralt.: Die B–in st. die B–e, b–e Frau. Br. 3, 403.
Zsstzg. theils die Ursache der Blindheit angebend, theils eine Vergleichung, theils den Grad, z. B.: Blátter-: von den Blattern blind. Spate. —
Hāūken-: blind oder augenkrank durch das widernatürliche Hervortreten des Hauks, d. h. der Blinzhaut und ihres Knorpels. —
Hǖhner-: wie ein Huhn blind; im höchsten Grade kurzsichtig. —
Līēbes-: Von der l–en [durch ihre Liebe] verblendeten Mutter nur lässig erzogen. Höser V. 261. —
Māūlwurfs-: blind wie ein Maulwurf. Börne 3, 92. —
Mōnd-: von Pferden, deren Augen sich periodisch entzünden, weil man glaubte, daß Dies vom Wechsel des Mondes abhänge, s. Falke und „Mondauge“, auch: „Monats-b.“ Ubertr. auf Menschen: Die er weder von Blöden und Kurzsichtigen, noch von M–en und Zurücksichtigen verleumden lassen will. D Mu- seum 1, 1, 783; s. Schein-b. —
Nêbel-: vom Nebel geblendet. W. 11, 195. —
Pfāhl-: s. stock-b. —
Schēīn-:
1) sichblind stellend. —
2) so daß man nurnoch einen Schein, Schimmer vor den Augen hat. —
3) s. Schön-b. — Schnēē-: vom Schnee geblendet. — Schön-: Pferdek.: am schwarzen Staar (frz. goutte sereine) blind, „weil kein Schönheitsfehler damit verbunden ist“. Nach = mond-b., verderbt aus schein-b., vgl.: Licht, Schein = Mond. — Sónnen-: von der Sonne geblendet. 1, 329. — Stāār-: durch den Staar — s. d. — der Sehkraft ganz beraubt. 2, 6; 155, auch übertr.: Wer was Besseres will als er hat, Der ist ganz st. 15, 20; Daß die Liebe auch ein Mädchen mit so hellen Junoaugen und einem so klaren Verstand, wie meine Freundin blind, stock- und starr-b. machen könne. 21, 197. — Stóck-: ganz, in hohem Grade blind: Hart, starr, st. und Klötze .. gegen ander seine Wunderwerk. 6, 351b; An beiden Augen st. 4, 84 etc., vgl.: Zwar nicht pfahl- b., aber doch so ziemlich st. Kaufm. 2, 2; Mehr als st., dickklotzig b. Sh. 2, 32; Eine st–e Suppe. U. 2, 162, ganz ohne Fettauge. — Tāg-: durch die Tageshelle geblendet und bei Tage nicht sehn könnend. — Thrǟnen-: von Thränen blind: Ihre Augen wurden th. N. 988 etc.
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