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Blatt
II. Blátt, n., –(e)s; Blätter, Blättchen, lein, Mz. auch:
Blätterchen, lein; -, Blätter-: platter Körper von geringer Dicke bei verhältnismäßig größerer Ausdehnung in der Länge und zumal in der Breite. 1) an den Pflanzen alle sich in die Breite ausdehnenden seitlichen Gebilde, und zwar sowohl die nicht unmittelbar zur Befruchtung dienenden Theile der Blüthen (Blumen) und ihrer Kelche, als auch namentl. die Fruchtknospen und Früchte bedeckenden, aus Häuten und einem dünnen faserigen Netz bestehenden Gebilde, welche letztern bei den Holzpflanzen mit dem Sammelnamen „Laub“ bezeichnet werden. Die letztern heißen darum als einzelne, wie jene Blumen- oder Blüthenblätter, auch Laubblätter (s. d.), doch wenn sie, statt sich in die Breite auszudehnen, schmal walzenförmig sind und spitz zulaufen, d. h. pfriemen- oder nadelförmig sind, Nadelblätter (bot.), oder im gewöhnl. Leben auch im Ggstz. zu den Blättern „Nadeln“ oder „Tangeln“. Ahnl. Unterschiede des botan. und des gewöhnl. Sprachgebrauchs finden sich z. B. auch bei den Samenblättern (Kotyledonen), von denen G. 36, 21 sagt: „Sie erscheinen oft ... ebenso sehr in die Breite als in die Dicke ausgedehnt .., sie haben fast nichts Ähnliches von einem B–e ..., doch nähern sie sich bei vielen Pflanzen der Blattgestalt, sie werden flächer; sie nehmen, dem Licht und der Luft ausgesetzt, die grüne Farbe in einem höhern Grade an, die in ihnen enthaltenen Gefäße werden kenntlicher, den Blattrippen ähnlicher. Endlich erscheinen sie uns als wirkliche Blätter“ etc. Die Botanik unterscheidet die versch. Formen und Arten des Blatts durch bestimmte (an ihrer alphabetischen Stelle, soweit sie besonderer Erklärung bedürfen, verzeichnete) Kunstausdrücke. Wir erwähnen hier nur: „einfache Blätter“, wo ein Blattstiel nur ein nicht bis auf den Mittelnerv zerfälltes Blattgebilde trägt, und: „zusammengesetzte“, die aus mehrern, nicht unmittelbar verbundenen Theilen (Blättchen) auf einem Blattstiel bestehn; Die Blätter erscheinen ... eingekerbt, tief eingeschnitten, aus mehreren Blättchen zusammengesetzt, in welchem letzten Falle sie uns vollkommen kleine Zweige vorbilden. G. 36, 23. Vgl. auch die Zsstzg., die unerschöpflich sind, insofern sie von allen Pflanzen gebildet werden können, z. B.: Baum-, Strauch-, Pflanzen-, Blumenetc., Ahorn-, Buchen-, Eichen-, Ellern-, Palm(en)etc., Klee-, Kohl-, Salat-, Grasetc., Rosen-, Veilchen-, Lilien-, Mohnetc. B.; Stengel-, Kelch- und Blumenblätter. G. 36, 39, wobei wir nur bemerken, daß von den mit Baum (s. d. II 2a) zusammengesetzten Pflanzennamen in der Zsstzg. mit Blatt oft dies ,,Baum“ wegfällt: Öl-B. (B. des Olbaums), Apfel-, Birn-, Kirsch-, Pflaumenetc. (Baum-) B. Geschwankige, längliche, gruppierte, zackige, runde Blätter etc. G. 30, 257 ff. Der Baum treibt, gewinnt (Mark. 13, 28) Blätter; Die Blätter treiben; sprießen, schlagen aus, sind grün, frisch, werden gelb, falb, welk, dürr, fallen, fliegen im Winde, rascheln, rauschen etc.; Die jungen Blätterchen, die auf den Zweigen. Brockes 9, 318; Meine [Werther’s] Blätter werden gelb und schon sind die Blätter der benachbarten Bäume abgefallen. G. 14, 93; Ist der Mensch nicht ... wie ein abgefallen Blatt? Hölderlin H. 1, 91; War ein neues B. in seinen Lorbeerkranz. IP. 2, 102; Wein von drei Blättern (= dreijähriger); Auf dem B. blasen (G. 10, 279); pfeifen (Hebel 3, 465; Stiling 1, 8) u. v., daher weidm.: [Die Rehe] lassen sich anjetzo aufs B. locken, weil sie meinen, ihre Jungen schreien. Fleming J. 374a; Ende Juli und August wo der Rehbock „aufs B. springt“, d. h. kommt, wenn man auf einem B. den fiependen Ton der Ricke nachahmt. Lenz Nat. 1,553; Das Reh wird auf das B. geschossen. Döbel 2, 120 (s. blatten I.) u. ä. m. 2) ein Stück Papier oder ähnliches Schreibmaterial, statt dessen früher wirkliche Baumblätter dienten, im Orient namentlich Palmblätter (z. B.: Rückert Br.E. 364), welches Wort deßhalb auch noch öfter eine Sammlung orientalischer Dichtungen bezeichnet. Zettel (s. d.) ist immer ein loses B. und zwar in Bezug auf Etwas darauf Notiertes oder zu Notierendes, dagegen: Ein leeres B., Etwas darein zu wickeln; Jetzt sollen die Blätter gesammelt, auf einander gelegt werden und der Buchbinder soll sie zu Büchern machen. Börne 1, V; Gieb den Winden ein frisch, ein fliegend B. Freiligrath Garb. 51; Der Zeitungen, der Monatsschriften, der fliegenden Blätter. G. 10, 175; In denen goldenen Blättchens [dem deutschen Merkur]. 7, 214; Wenig Blätter Freuden, ggnze Hefte Leiden. 4, 29; Ihre gedruckten, ihre geschriebenen Blätter. 30, 341; So steht dein Bild auch klar und glatt | in unserm Herzen auf jedem B. 6, 47; Man honoriert daselbst ein jedes B. 12, 60; Die Zauber- blätter! 63 [Papiergeld]; Versprach für nächstens ein bedeutenderes, beruhigendes B. [Brief]. 15, 13; Mein Feuer brennt nicht nur auf Blättern. Haller 101 [meine Liebe ist auch in der That vorhanden]; Das große B. [Magna charta], das deine [Englands] Könige zu Bürgern, | zu Bürgern deine Fürsten macht. Sch. 20a; Jene hat gelebt, | wenn ich dies B. [das Todesurtheil] aus den Händen gebe. 438b; Schlag hier das B. ein, wo ich blieb. Schlegel Cymb. 2, 2; Die Geschichte .. in ihren blutgetränkten Blättern. Stahr Rep. 3, 215 etc.; B. für B. (Kürnberger Am. 367; LHNicolai 1, 63; Ramler F. 2, 557) oder vor B. L. 2, 288 etc.; Vom B. lesen (Börne 2, 15), predigen etc. im Ggstz. des freien Vortrags, sich an das Aufgeschriebne haltend; dagegen: Vom B. lesen (G. 17, 34); spielen (15, 14); singen (Tieck Nov. 4, 15). v. = ohne weitre Vorbereitung und Vorübung. Wir erwähnen hier noch besonders, nam. mit Rücksicht auf die unerschöpflichen Zsstzg.:
a) Zsstzg. mit Zahlen, meist den lateinischen, zur Bezeichnung der Größe des B–es im Verhältnis zum ganzen Bogen, z. B.: Quart- (Viertel), Oktav- (Achtel), Duodez- (Zwölftel), Sedez- (Sechzehntel) B. (s. auch Patent, Folio), wofür Jahn M. 205 lieber: Vier-, Acht-, Zwölf-, Sechzehn-, wie für Folio Voll-B. wollte.
b) nach dem Stoff untersch. man z. B. ein B. Pergament, Papier, Post-, Koncept-Papier etc., auch als Zsstzg.: Pergament-B. etc.
c) nam. aber nach Dem, was dar- auf steht oder wofür es bestimmt ist, eine unerschöpfliche ZahlZsstzg., z.B.: Akten-, Albums-, Bank- (Möser Ph. 1,99 = Bankfolio), Bleistift- (G. 25, 184, mit Bleistift beschriebnes), Brief- (G. 30, 6), Censur- (Börne 2, 2), Denk- (Rahel 1, 4), Druck-, Erinnerungs- (Freiligrath Garb. 111), Erwidrungs- (G. 6, 441 = Gegen-. Mörike N. 471), Gedenk-, Noten- (Holtei Ob. B. 1, 86), Notiz-, Schrift-, Stammbuch- (Immermann M. 1, 54), Titel- (Rabener 1, 51), Todes- (Laß mich es ansehn dieses Todes-B. G. 13, 335, mit dem tödtlichen, verhängnisvollen Jnhalt für mich), Trauer- (Mühlpforth Leich. 188) B. u. ä. m., von denen einzelne natürlich auch übertr. vorkommen, z. B.: Auf manche glatte Wange | hat mein Schläger, flott und schneidig, | sich ein Stammbuch-B. geschrieben. Scheffel 36; Ist er seines Volkes | sinnverrücktes Titel-B.? Heine Troll 54; IP. 27, 62 etc.
d) Blätter, öffentliche Blätter, Zeitungen, Zeitschriften: Die Nachricht hat in allen Blättern gestanden; Er redigiert ein kritisches B.; Blätter für literarische Unterhaltung; Wer hätte auf deutsche Blätter Acht, | Morgens, Mittag, Abend und Mitternacht. G. 3, 129 etc. und viele Zsstzg., welche Zeit des Erscheinens, Jnhalt, Lesekreis, Zweck, Preis etc. angeben, z. B.: Die Morgen-, die Abend-, die Nachmittags- und Mitternachtsblätter. Immermann M. 1, 140; Tagesblätter (Börne 2, 108); Wochenblättlein (Hebel 3, 204); Sonntags-B.; Zeit- (Immermann 12, 141), Zeitungs-B. (Freiligrath 1, 109) etc. Amts-, Bezirks-, Kreis-, Provinzialetc.; Volks-, Schul-, Ergänzungs-, Unterhaltungs-, Konversations-, Mode-, Haupt-, Bei- (Auerbach Leb. 1, 105), Partei-, Pfennig-, Riesen-B. (Kohl Engl. 2, 13, von sehr großem Format) u. ä. m.
e) = einzelne Karte, z. B.: Ein Spiel Karten hat 52 Blätter u. o.; Regen eifrig die bunten Blätter in ihren Händen. Höfer V. 3; Es steht zu Viel auf diesem einen B. für mich: | drum also mischen muß ich mein Spiel und wär es auch | mit doppelten Karten. Prutz Woch. 68; Das B. verlor immer. Sch. 745a etc. Auch hier Zsstzg., z. B.: Karten-, Stich- (womit man andre Karten sticht, trumpft), Fehl- (Ggstz. Stich- B.), Koeur- oder Herz-, Karo-, Pieketc., Drei-, Vier-, Fünf-B. etc. (im Pikett eine Reihe von 3, 4, 5 etc. auf- einanderfolgenden Karten, aber auch ein Spiel, wobei die Spieler 3, 4, 5 Karten erhalten) u. ä. m.
f) B. = Zeichnung, Gemälde, sei es auf Papier, Leinwand, Holz etc.: Radierte Blätter; Meine Blättchen .. Es sind Karrikaturen. G. 19, 354; Die trefflichen Blätter. 30, 338; Ich besitze vier B. (s. Anm.) nach den Rafael’schen Bogen. Zelter 3, 206. Zsstzg. z. B.: Altar-B. (G. 23, 47) etc. 3) auch andre blattähnliche Körper, d. h. Platten (s. d.), dünne Scheiben, dünne Schichten von größerer Ausdehnung in der Breite (s. 2f). Der Übersichtlichkeit wegen führen wir davon zunächst die hauptsächlichsten, durch Kunst so gebildeten Körper (a—e), dann die natürlichen (f—l) auf:
a) von Holz u. dgl.: bei den Tischlern etc. jedes mit seinen Enden in ein andres eingeschobne Brett, s. Anblatten; Das B. [die Platte] eines Tisches etc., der Haupttheil desselben, die auf den Füßen oder dem Gestell ruhnde ebne Fläche: Wein floß über den Tisch, und sie .. | zog auf dem hölzernen B. Kreise der Feuchtigkeit hin. G. 1, 235; Oben geebnet wie ein Tisch-B. Musäus M. 2, 78 etc. So auch von den Theilen eines Stuhls: Das Sitz-B. [der Theil worauf man sitzt] .. Rücken-B. [Lehne]. Kinkel E. 405, im Ggstz. der Beine; ferner von den Theilen, Flügeln einer Thür etc.: Zwo Thüren von Tannenholz, daß eine jegliche Thür zwei B. (s. Anm.) hatte an einander hangend in ihren Angeln. 1. Kön. 6, 34; Die Thür hatte zwei Blätter, die man auf und zu that. Hesek. 41, 24. Bergb.: die eingeschnittenen Enden in den Fächern und Kappen, die aufeinander gelegt werden und die Vierung machen etc. Schiff.: der breite ins Wasser getauchte Theil eines Ruders; der Flügel eines Ankers etc. Ferner: Weber.: ein am Webstuhl schwebend hangender Holzrahmen, mit feinen Rohr- oder Metallstiften, wozwischen die Fäden der Kette laufen, mit welchen der durchgeschoßne Einschlag fest angeschlagen wird, auch Riet, Riet-B., Kamm, Kamm-B., Weber-B. genannt. G. 19, 50; Den messingenen Rieten der Webeblätter. Karmarsch 1, 269 etc. u. vgl.: Blätterbinder. Die Scheibe, wonach man schießt: Der nahe dabei oder das mehrmal ins B. scheußt. Luther 5, 246a; Carolina § 146; Der Zweck, das Mal, Schieß-B. und Ziel. Fischart B. 50b. Hierzu gehört auch wohl; Ihnen das B. gesteckt [ein falsches Ziel gewiesen], daß sie darob irre geritten. Berlichingen 102.
b) von Metall: Setzte an den Hut oben an seiner Stirn das goldene B. der heiligen Krone. 3. Mos. 8, 9; Ein Stirn- B. von feinem Golde. 2, 28, 36 ꝛc So nam. Orgelb.: 20 die im Schnarrwerk auf den Röhren liegenden Messingbleche; Hüttenw.: die das Feuer vom Balg abhaltenden runden Eisenbleche; der Deckel im Treibofen; Schlosser.: B. am Schlüssel, Schlüssel-B., -Bart; Schmied.: die schneidende Klinge an schneidenden Werkzeugen: Das gestählte B. der Säge. Freitag Soll 2, 392; Säge-B.; Blätter der Scheere; B. des Messers etc., daher weidm.: das große Weidmesser selbst. Fleming Anh. 105a; Wie das Weidemesser oder B. geschlagen wird [als Strafe für ein weidm. Versehn]. Döbel 2, 44.
c) von Leder, Zeug etc., z. B. = Bahn, Zeug von bestimmter Breite, nam. insofern es so zusammengelegt, gefaltet, geheftet, genäht wird, z. B.: So vielmal ein Schirm zusammengeschlagen werden kann, soviel Blätter (oder B.) hat er; Ein Stück Tuch von 60 Ellen hat, wenn es in Blätter von ³ Ellen zusammengelegt ist, 80 B.; Die beiden Blätter oder Theile werden mit einer tüchtigen Nath zusammengenäht. Döbel 2, 19a; Entweder drittehalb B. Leinwand welche denn zwei Ellen breit sein muß, oder aber man nimmt drei B. 23betc. Schuhmach.: das an die Sohle zu befestigende, Ballen und Rist des Fußes bedeckende Oberleder: Schuh-, Vor-, Vorder-B. etc., vgl.: Hand-, Schuh-B. etc.
d) ein flaches Gefäß, Schüssel, Teller, Schale etc., in einzelnen Fällen den Weinblättern, worauf man wohl Früchte etc. darreicht, nachgebildet: Daß Anne das Kacheli [Obertasse] hält, während Resli aus dem Blättli trank. Gotthelf G. 161; Ein groß B. klein gesottner Fisch. HSachs 5, 395a; Zinn-B. 3, 3, 29b etc. Töpfer.: der vierkantige Obertheil einer graden Kachel.
e) Bäcker.: eine dünne Schicht Teig, s. Blätterteig.
f) sich natürlich bildende Schichten, z. B.: Bergb. etc.: die über einander liegenden sich schiefernden Gesteinschichten: Gesteinsblätter. Karmarsch 1, 171; Glimmerblättchen. Burmeister G. 277; Schiefer-B. etc. Ferner (g—l) Theile des thierischen Körpers, vgl.: Herz-B., nam.
g) = Schulter-B. (z. B.: Rückert Mak. 2, 51), das unter der Achsel liegende fast dreieckige breite Bein, Achselbein, zuw. auch , Achsel-B.“; daher zuw. = Schulter, z. B.: Der Hase ist an den Blättern röthlicher. Döbel 1, 30a; Der Wolf weiß es ganz geschickt über und auf seine Blätter zu schleudern. 35b; Ei, Bursch, du zieltest wacker! | sieh selber grad’ aufs B. [des Hirsches]. Freiligrath 2, 200; Die Blätter des Schafs geben die feinste Wolle etc.
h) die Epiglottis, der bewegliche oberste Knorpel der Luftröhre, der sie auf und zu macht, früher auch Athem-B.; Hauchblättlein. Garzoni 353b; s. Hauk: Hilft für die Geschwulst der Halsmandeln, hebt auch auf das herabergeschossne B. (s. 4e). Ryff Th. 16.
i) die dünnen Knochen der Gaumenflügel: Knochenblätter, das innre, das äußre B. k) bei neugebornen Kindern die Gegend des nachmaligen Wirbels, so lange die Stelle noch offen und die Haut darüber einem Blatte gleich, vgl.: Schlagbrunnen. l) weidm.: das weibliche Glied des Wildbrets, auch Feigen-B. (s. d. und Feige 5). m) einige blattähnliche Thiere, z. B. eine Art Tellmuschel, Tellina foliacea, das gelbe B.; ein Schmetterling, Papilio rhamni, das fliegende B.; eine Art Heuschrecke, Mantis siccifolia, das wandelnde B. etc. n) Bezeichnung einiger Pflanzen, z. B.: Das gehörnte B., Horn-B., Cecatophyllum etc. 4) in sprichw. Redensarten, z. B.:
a) Kein B. vornehmen, wohl ursprüngl.: mit Bezug auf 1. Mos. 3, 7, vgl.: Lüge, die jedem freien Gefühle ihr heuchlerisches Feigenblättchen vorklebt. Heine Reis. 2, 286 etc., meist: Kein B. vor den Mund (Claudius 5, 73 etc.), vors Maul (Fleming 6 etc.) nehmen, unverhüllt, offen, dreist fprechen.
b) Das steht auf einem andern B., hat damit gar Nichts gemeinsam, ist etwas ganz Andres, vielleicht ursprüngl. von dem auf eine Karte gesetzten Gelde (s. 2e, doch vgl. c).
c) Das B. (Blättchen, Blättlein) wendet sich (B. 62a; G. 25. 163 etc.), dreht sich um (Forster Br. 1, 317 etc.), die Sache nimmt eine ganz andre, die umgekehrte, entgegengesetzte Wendung; zuw. auch tr.: So ironisch weiß in wenig Jahren die Geschichte ihr Blättchen zu wenden. Din- gelstedt 130; Ich verstehe Alles, was du sagst; nur möchte ich das Blättchen umwenden und behaupten. Heinse A. 1, 234; Darum wendet das B. um, gleichwie es Jene auch umkehren. Luther 5, 532b etc. Die Redensart bezieht sich entweder aufs Umschlagen der Spielkarten (vgl.: So wird sich alsdenn das Spiel umkehren. Luther 6, 232a), oder der Blattseiten im Buche, oder auch auf das Umdrehen der Schwertklinge, vgl.: 3b und: den Spieß umdrehen; Eh sich das B. oder das Schwert wendet. Kl. 3, 13.
d) Das beste B. in der Hand behalten, den höchsten Trumpf (s. 2e), sich den Hauptschlag für die Letzt aufbewahren etc.
e) Einem schießt das B., er wird bestürzt, überrascht, nam. auch: indem ihm die Augen aufgehn, er plötzlich Licht in einer Sache bekömmt: Der Doktorin schoß auf der Stelle das B. Schlicht? rief sie aus; Der kömmt nicht anders, als wenn er geschickt wird. Was kann Der wollen? Engel 12, 321; Da schoß das Blättchen mir; | ein abgekartet Spiel, dacht’ ich. Müllner 6, 79; Bei dieser Red’ schoß mir das B. Ha, dacht’ ich, Das ist wohl am Ende gar mein entflohnes Sangvögelein. Musäns Ph. 2, 129; Aber wie schoß mir das B., als ich .. den Ablaßbrief überlas! Ich sah zu meiner Beschämung und Ärgernis, wie gar sehr ich mich .. übereilt hatte. Thümmel 2, 122 etc., vgl.: Möcht’ ihm das B. auch schier fallen. Luther Tischr. 171a = inBestürzung gerathen; Das Herz-B. begunnte mir zu schießen. Gisander Fels 1, 201 etc., vgl. auch 3h. An das Fallen des Blättchens beim Neugebornen (3k), wie Adelung will, ist sicher nicht zu denken.
Anm. Ahd., mhd. blat, Mz.: blat, bleter. Auch nhd. die Mz. zuw. uv., nam. als Maßbestimmung, vgl.: Drei Zoll, Fuß, Mann hoch etc., s. 3a, 2f etc., auch: Drei oder vier B. gelesen. Jer. 36, 23; Wenn ich nur die ersten 8oder 10 B. habe. Sch. G. 4, 323; So verkaufte er ein, zwei oder drei B. im Buche und diese Blätter wurden Demjenigen zugeschrieben, der das Geld herfchoß. Möser Ph. 2, 99; doch jetzt meist auch in solchem Sinn Blätter, vgl. ferner: Ich bin eine Ros’ von vielen Blaten. Hammer R. H. 216, ferner statt Platte (s. d.): Zu Goldschlägerblatten ausgedehnt. Böene 5, 280; Die Blatten an einem Pferdekummet. Gotthelf U. 2, 163 etc. Veralt., mundartl.: Blad. Garzoni 588; Dem Blade. Hippel (Wackernagel 3, 2, 738 Z. 4) s. Sanders Orth. 34 und vgl. engl. blade. Als Bestimmungsw. neben Blatt-, wo die Mz. entschieden hervortritt, Blätter-, vgl.: blattlos. Burmeister G. 79, 355 etc. und blätterlos. Chamisso 4, 216 etc. Über die Abstammung s. platt.
Zsstzg. unerschöpflich, s. oben, z. B.: Ābend- [2d]. Áchsel- [3f]. Ácht(el)- [2a]. Áfter:- Neben-B., Blattansatz, stipula, am Grund des Blatts oder Blattstiels. G. 36, 24. Ákten- [2c]. Altār- (–⏑) [2g]. Ámts- [2d].
Án-:
1) Pflanzenname: Lathraen squamaria, auch Ohn-B.
2) ein dünnes blattförmiges Gebäck aus Wasser und Mehl. Ást- [1]: Stengel-B. Athem-[2h]. Aūfen-: eine Pflanze, auch Hauch-, Hocken-, Kehl-, Zuugen-B., früher viel gegen Halsschmerzen, nam. gegen das geschossene Blatt [3h] angewandt. Ruscus hypophyllum; auf dem größern Blatt liegt ein kleines auf. Aūsschnitt- [2d]: Ersatz-B., Karton (s. d.). Bǟrenklau-: Blatt der Pflanze; ähnlicher Zierrath am Gebälk des Säulenkopfs. Bēī- [2d]. Bezírks- [2d]. Blēīstifts- [2c]. Blūmen- [1]: sowohl die die Blume bildenden Blätter, botan. Kronen-B., Petalum, als auch die dicht unter den Blumen stehnden, Folia fiorialia. Blǖthen- [1]. Matthison 30 etc. Bócks-: Pflanze, Premna. Bōhnen- [1]: auch Name mehrerer Pflanzen, z. B.: der fetten Henne, Sedum telephium, des Fieberklees, Menyanthes trifoliata. Brīēf- [2c]. Bútter- [3d]: auch Pflanzenname, krauser Ampfer, Rumex crispus. Censūr- [2c]. Déck- [1]: z. B.: einer Blumenzwiebel; ferner alle neben den Blumen stehnden Blattformen, brateae, sowohl die Blumen- als die Stützblätter, welche letztern von den eigentlichen Blättern verschieden erscheinen, auch: D. einer Cigarre, auch Um- oder Wickel- B. genannt. Dénk- [2c]. Díck-: Pflanze, Crassula. Dócken-: eine Pflanze, Kumex acutus. Dóppel-: eine Pflanze, ygophyllum. Drēī-:
1) [2e].
2) eine dreiblättrige Pflanze, nam. Klee: Das Auge sucht unter den tausend Dreiblättern nach einem Vier-B.; ein vierblättriges Klee-B. bedeutet Glück. Gutzkow R. 7, 238; dann auch: eine aus Dreien bestehnde Gesellschaft, Genossenschaft. Duodēz- [2a]. Eīn-: Name mehrerer (meist einblättriger) Pflanzen, z. B.: der Leberblume; der Parnassie, Parnassus palustris; auch Herz-B.; der Natter- oder Schlangenzunge, Ophioglossum; der kleinen Maiblume, Convallaria bifolia etc. Ergänzungs- [2c und d]. Erínnrungs- [2d]. Ersátz- [2c]: Karton. Erwídrungs- [2c]. Espen- [1]: sprichw.: Erzittern wie ein E. Hölty 31 etc. Fächer-: fächerartiges Blatt, z.B.: des Farrnkrauts. Immermann M. 3, 166. Fêhl- [2e]. Fēīgen-:
1) [1].
2) [3l]: Die Wildkälber .. unterscheiden .., wenn man .. das Feigenblättlein vorn oder hinten stallen fiehet. Fleming 90a etc.
3) [4a]: Wenn er nur irgend Vorwand und F. hat. Claudius 6, 24; Mit dem schauderhaft nacktesten, ganz seigenblattlosen, kommunen Kommunismus. Heine Verm. 1, 50; Die feigen Feigenblätter. 72, U. v. Flūg- [2d]. Fōlio- [2a]. Frīēdens-: ein Blatt als Frieden verkündigendes Zeichen, H. 9, 38, wie Ol-B., vgl.: 1. Mos. 8, 11. Fünf-:
1) [2e].
2) Fünffingerkraut, Potentilla. Fūß-:
1) Fußplatte, Sohle, Plattfuß.
2) eine Pflanze, Mai- apfel, Podophyllum. Gedénk- [2c]. Gêgen- [2c]. Gēīß-: bekannte Rankenpflanze, Jelängerjelieber: Wo sich das üppige G. mit duftenden Blüthen emporschlängelt. Forster Ans. 1, 172 u. o. Gestēīns- [3f]. Glímmer- [3f]. Góld- [3b]: dünne Platte von Gold, Goldblech, gw. = Goldschaum. Hánd- [3c]: von Leinen vorn an den Armeln, Manschetten, zumal sehr große. Devrient Schansp. 2, 50; Hippel Leb. 1, 21, vgl.: Schuh-B. Hāūch-:
1) [3h].
2) s. Aufen-B. Hāūpt-:
1) [2d].
2) auch von Pflanzen, Ggstz. der Nebenblätter. Hérbst- [1]: die herbstlich fallenden, Gutzkow 3, 261. Hérrgotts-: Pflanze, Schellkraut, Chelidonium majus. Hérz-:
1) [1] ein noch unentwickeltes von den andern Blättern nmschloßnes Blatt an Gewächsen, zumal solchen, die sich in Häuptern schließen, vgl.: Herzpolle.
2) oft übertr. auf innig geliebte, ins Herz geschloßne Personen: Jch bin ihr H., ihre Augenweide. Gutzkow R.7, 188; Mein Herzblättchen, was hast du denn nur. 4, 411 etc.; vgl. schwzr.: Des Vaters Herzkäfer. Gotthelf G. 17.
3) [3g etc.] ein blattähnlicher Theil des menschlichen oder thierischen Herzens, Herzkammer; z. B.: Vier Blätter machen aus das Herz. WMüller Neugr. 2, 151; sonst auch = Zwerchfell, woran der Herzbeutel angewachsen [s. 4e].
4) [2e] ein mit Herzen oder Koeur bez. Kartenblatt.
5) s. Ein-B. Hócken-: Aufen-B. Hórn- [3n]. Hüll-: Deck-B. Burmeister Gsch. 436; gB. 2, 219 etc. Húndert-: Centifolie, Rose. Gutzkow R. 1, 377. Jmmen-: Pflanzenname, Melittis, u. ä. m. Kámm-:
1) [3a].
2) [3m] eine Mießmuschel, Mytilus frons. Káppes-:
1) [1].
2) nach der Form, eine Art fliegender Haube. Auerbach Ab. 3. Kárten- [2e]. Kêhl-
1) [3h].
2) s. Aufen- B. Kélch- [1]. Klēē-: s. Drei-B.: Aber als der Schönheit K. | ragten in des Zuges Mitte | drei Gestalten. Heine Trvll 95; Das Reise-K. Bodenstedt 1, 308, u. ä. m. Knóchen- [3i]. Kōhl-:
1) [1].
2) [3m] eine Gienmuschel, Chama hippopus. Konversatiōns- [2d]. Krēīs-:
1) [2d].
2) ein kreisförmiges Blatt an Pflanzen u. s. w. Krōnen-: s. Blumen-B. G. 36, 31 ff. Lāūb- [1]: Es fielen eitel Laubblätter heraus. Musäus M. 2, 72. Lēīn-: Pflanzenname, Thesium. Mándel-:
1) Blatt des Mandelbaums. 2) Platte für eine Waschmandel (Mangel, Rolle): Maudel- und Rollblätter von Rothbuchen. Döbel 3, 38a. Mítternachts- [2d]. Mōde(n)- [2d]. Mōhn- [1]: So dünn wie ein M. Mórgen- [2d]. Nādel- [1]. Nêben- [1]: Blattansatz, stipula. Nōten- [2c]. Notīz- [2c]. Öber- [3c]: über-B., Überleder. Ohm-: Pflanzenname, z. B. Rumex crispus; Lussilago farfara; Arctium lappa etc. Öhn-:
1) Schmarotzerpflanze, Monotropa.
2) An-B. 1. Oktāv- [2a]. Ol- [1]: s. Friedens-B. Pálm- [1; 2]. Partēī- [2d]. Pfénnig- [2d]. Prōbe- [2]: als Probe dienendes Blatt; namentl. die ersten Abdrücke von Kupfer-, Stahlplatten, Holzschnitten etc., wovon die Gegenprobe s. d. abgedruckt wird. Provinziāl- [2d]. Quárt- [2a]. Rīēt- [3a]. Rócken-: eine Pslanze, Rnmex aquaticus. Róll-: s. Mandel-B. 2. Rücken- [3a]. Sáft- [1]: Saftblättchen, Lodicula, zwei zarte Blättchen, welche bei den Gräsern das Honiggefäß bilden. Sǟge- [3b]. Sāmen- [1]. Sánd- [1]: die zuerst reifen und deßhalb früher abgenommenen Blätter des Tabaks, Sandgut. Schíck-: Pflanzenname, Aucuba. Schīēf-: eine Pflanze, Begonia. Schīēfer- [3f]. Schīēß- [3a]. Schlüssel- [3d]. Schmútz- [2c]: s. Schmutztitel etc. Schríft- [2c]. Schūh-:
1) [3c].
2) ein Theil desweibl. Putzes, vgl. Hand-B.: Viel Bänder, viel Schuhblätter, viel Spitzen kaufen. L. 1, 479 etc. Schūl- [2d]. Schúlter- [3a]: vgl. Herte: Der Stadt das Sch. weisen = den Rücken, sie verlassen. W. 20, 245. Schwárz-: ein kleiner Singvogel: Wenn .. das Sch., die Amsel und unzählige Vögel ihr Lied singen. Grube Geogr. 3, 136. Séchzehn(tel)-, Sedēz- [2a]. Sílber-:
1) s. Gold-B.
2) eine Pflanze, Lunaria. Sítz- [3a]. Sónntags- [2c]. Stámm-:
1) [1] Blätter des Stamms. G. 36, 27; 30 etc.
2) [2c] Stammbuch-B. Stámmbuch- [2c]. Sténgel- [1]. Stích-:
1) [2c].
2) [3b] eine Platte am Degengefäß vor der Hand, um diese vor Stichen zu bewahren: Das St. vom Degen im Arm hielt den Stoß auf. Heinse A. 2, 264; übertr. Etwas, das viele Stichelein zu ertragen hat, vgl. Zielscheibe: Das St. aller Unannehmlichkeiten (Droysen Y. 1, 248); vieler Witze (Waldau Nat. 1, 174; Tieck Nov. 3, 86 u. o.); seltner auch eine Person, die für einen Andern die Streiche etc. auffängt. Stírn-:
1) [3b].
2) die flache Stirn selbst: Wie man eilt das St. ihm zu zieren [mit Hörnern als Hahnrei]. Müllner 7, 256. Stütz-: s. Deck-B. Súmpf-: eine Pflanze, Hydrophyllum. Tāges- [2d]. Tāūsend-: eine Pflanze, Myriophyllum. Tísch- [3a]. Tītel- [2c]. Tōdes- [2c]. Trāūer- [2c]. Trēīb-: eine Pflanze, Katzenklee. Trēū-: eine Pflanze, Osmunda lunaria. Ǖber-: Ober-B. Úm-: s. Deck-B. Unterháltungs- [2d]. Versétz- s2]: Buchbind. : das weiße unmittelbar auf den Deckel folgende und das eigentliche Buch in demselben umgebende Blatt Papier. Vīēr-: 1)[2a]. 2) [2e].
3) vierblättrige Pflanze, z. B. (s. Drei-B.): Wie man ein V. im Klee sucht. Gutzkow R. 3, 364; ferner: Einbeere, Paris. Víertel- [2a]. Vólks- s2d]. Vóll- [2a]. Vōr-, Vórder-: 1) [3c], auch der entsprechende Theil bei Strümpfen. 2) [3a] bei vierfüßigen Thieren = Schulter-B., Vorderbug. Wásser-: Pflanze, Hydrophvllum. Wêber- [3a]. Wêge-: eine Pflanze, Wegetritt, Plantaso. Wēīden-:
1) [1].
2) nach der Ahnlichkeit, ein Fisch, Plötze (s. d.). Döbel 4, 76 etc. Wēīn-:
1) [1].
2) = Bergahorn, wegen der ähnlichen Blätter. Wíckel-: s. Deck-B. Wóchen- f2d]. Wúrzel- [1]: die aus dem Wurzelkopf entspringenden, Folia radicalia. Zāūber-: z. B. s2d]. Zēīt(ungs)- [2d]. Zíffer-: an der Uhr die mit Ziffern bezeichnete Scheibe, worauf der Weiser die Zeit zeigt: Die Nadeln Gold, das Z. Lasur. Chamisso 4, 127; übertr.: Ihr stechender Blick etc. sind nicht immer das Z. für Bosheit oder gemeine Gesinnung. Tieck NKr. 3, 287. Er rückt am kleinen Zifferblättchen. Lichtwer 100 = Stellscheibe, s. d. Zínken-: Horn-B. Zínn- [3d]. Zúngen-: Aufen-B. Zwēī-: eine Pflanze, Listera. Zwölf(tel)- [2a] u. v. ä.