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athmen
Āthmen: 1) intr. (haben):
a) eig.: Athem, Luft schöpfen: Eng (L. 13, 186), kurz (Gutzkow R. 6, 191), schwer (Schwab 361), tief (Uhland 212) etc. frei (Alxinger D. 24), süß (147), leicht (Gutzkow R. 8, 411), ruhig a. (G. 13, 279) etc.; auch übertr.: Ich athmete wieder freier (14, 45 etc.); Dann athmet man aus freier Brust. V. 3, 211. Sein A. ging schneller. Auerbach D. 4, 190, vgl. Athem 1b.
b) keuchen, schnaufen, vgl. Athem 2: Stand a–d in einer Ecke und schien sehr angegriffen. Immermann M. 1, 37; A–der harrten sie nun. V. 1, 18; A–d stockt ihr die Stimme. Od. 4, 705 etc. Auch: Als athme [strebe angestrengt] eine ungeheure Kraft nach Erlösung. Alexis H. 2, 1, 181.
c) übertr.: wehen, blasen, hauchen: Damajanti .. athmete wie die Blumenau. Rückert Nal 286; Wie die Nelken duftig a. Heine Reis. 2, 286; Rosengedüft .. athmete ringsum. V. 3, 14; Die Schwingen .. a–den Lüften vertraut. 21 (G. 14, 139); Durch kalte a–de Nacht. V. 1, 142; Schön-a–der Fahrwind, West. Od. 7, 118; Th. 28, 3; Frisch athmet des Morgens lebendiger Hauch. Sch. 8b; Auerbach Dicht. 1, 140; Auf der still-a–den Insel. Ab. 80; [Die Blasbälge] athmeten alle feuerweckende Hauche [s. 2],| eilender athmeten sie. Stolberg Jl. 18, 471; Als Bälge noch nicht athmeten, | der Orgel Mund noch schwieg. Ramler 314; Drinnen athmete der glühende Ofen. Gutzkow R. 3, 103 etc., s. d. A–de Buchstaben [aspirierte]. Zwingli 2, 203.
d) leben: Solang ich athme; Eilen Sie, wer weiß wie lange wir a. L. 12, 178; Alles A–de. Sch. 430a etc.; Die gemeinschaftliche Atmosphäre unsres geistigen A–s und Lebens FSchlegel Luc. 18. Auch übertr.: Wenn Unterberger nicht die Leinwand a. macht. Alxinger D. 72; Schafft Künstlermeißel a–de Gebilde. WHumboldt 4, 350; Apolls a–de Farben. Ramler 2 etc. Ferner: sich regen, sich kund thun etc.: Wie warm der Geist auch athmet. V. 3, 224; Kein Laut, kein Lispel athmet dann. 167 etc. Mit Präpos.: Wollust athmet [c] aus den Rosenlauben. Schle- gel Gd. 1, 29; Athmet nicht aus allen ihren Zügen | der reinste Sinn? W. 11, 211 etc. Sie athmeten fast einzig für die Kunst. Monatblätter 2, 519b etc. Ihre Gedichte a. ganz in Byrons Todesschmerzen. Kühne Char. 1, 39; In deinen Augen athmete Beredsamkeit. Platen 3, 24; In allen Gedichten athmet der Geist zügelloser Wollust. FSchlegel Gr. 212; Einmal a. möcht’ ich wieder | in dem goldnen Märchenreich. Uhland 104 etc. Alle Beide a. von einer Mutter. Heinse A. 2, 110; Den Staub zu lecken, a–d von den Königs Blick. FSchlegel Al. 59 etc. 2) tr., vgl. 1:
a) eig.: Freiern Athem (Schlegel Liebes Leid 5, 1), freie Luft (Stilling 3, 3), Moderlüfte (Rückert Mak. 1, 82) a.; Wo du ... in der Sommerschwüle den Seewind | athmetest. V. 3, 38 etc.
b) ein-a., in sich ziehn, fühlen, empfinden: Mißtrauen athmet man in dieser Luft. G. 13, 250; Mir schlägt das Herz, ich athmete [fühlte Verlangen nach] Turnier. 12, 242; Ich athmete Frühling. FSchlegel Luc. 6; Ich athme kühnes Sehnen | und athm’ es bald an deiner Brust | und saug es ein mit deinen Tönen. AWSchlegel Gd. 1, 24 etc.
c) aus-a., aushauchen, ausströmen, verbreiten, kundthun: Daß der Himmel hier Wohlgeruch athme. B. 292 a; Gift a. die Kelche der Blumen. Gottschall G. 40; Balsam a. die Weste. V. 3, 102; Manchem wird zu luftig, was er [der Winter] athmet. 41 etc. Hör den letzten Rathschlag, den ich je a. [dir geben] mag. Schlegel Sh. 6, 341; Frische Gabe, die .. beklommnen Reisenden Erquickung athmet [zuhaucht, bietet]. G. 13, 351; Einem Giftbilder in die Seele (Alexis H. 2, 218), Muth ins Herz (V. 2, 178) a. etc. Mord und Vertilgung a. [schnauben, danach verlangen]. V. Th. 24, 82; Turnier a. G. 12, 242 etc. Die Zierrathen a. [bekunden, zeugen von] Freude, Leben, Liebe. 31, 42; Ein Schreiben athmet Höflichkeit. (Guhrauer L. 2, 100); ein Stück freies Feld, Mittagsruhe (H. R. 7, 8); Reden Besorgnis (WHumboldt 3, 7); eine Abhandlung eine liberale Philosophie (Sch. G. 1, 183) u. a. m.
d) nam. oft das Partic. in Zsstzg., z.B.: Duft- (Grabbe H. 91), feuer- (Schubart 1, 6), flammen- (Ram- ler 59), freiheit- (Stahr Par. 1, 288), gift- (Rückert Mak. 1, 95), honig- (V. Th. 1, 128), kühnheit- (B. 206 a), liebe- (W. 16, 94), rosen- (20, 312), ruh- (WHumboldt 1, 53), schlacht- (Freiligrath 2, 273), sturm- (G. 2, 57), welle- (1,149), wollust- (W. 12, 118; 20, 291) athmend etc.
e) Hüttenw. (gewöhnl. mit Uml., als Faktitiv): durch Erhitzung alle Feuchtigkeit austreiben. Mathesius Post. 148a vgl.: Die Kapellen werden in der Muffel zu- erst stark erhitzt, damit jede Spur von Feuchtigkeit entweicht, abgeäthmet. Mitscherlich 2, 2, 325 etc. 3) refl. vgl. 2: Ich kann mich kaum satt a. B. 292b; Wie sich noch mit den alten Lungen a. läßt. Gutzkow R. 1, 9; Leicht und erquicklich athmet sich die Luft. Sch. 561a etc.
Anm. Veralt.: Athemen. Ryf Th. 4; Weckherlin 467 etc., s. Athem Anm.; Odmen und verschnaufen. Mühlpforth Geistl. 2, 8. Dazu: Die zur Athmung nöthige Flüssigkeit. Vogt Oc. 2, 33; Wasserathmung. 1, 88 etc. Die Athmer dieser Zeit [die jetzt Athmenden, Lebenden]. Gervinus Sh. 2, 391; 1, 8; Fische, keine Luftathmer. Bur- meister gB. 1, 149 etc.
Zsstzg.: Ab- [2e].
Án-: anhauchen: A. soll es [das Dampfschiff] dich mit seinem Feuerhauch. Freiligrath Garb. 1, 138; Wo es frisch anathmete. V. 1, 7 etc.; Gesäusel des leis’ a–den Westes. Od. 4, 567; Der Stier’ Anathmung versengt ihn. Ov. 2, 7.
Āūf-: tief athmen, nam. im Gefühl der Befreiung von etwas Beschwerendem: Athmet auf, wie erlöst von einem Alp. Heine Lut. 1, 205; Aufzuathmen vermöchten alsdann die ermatteten Griechen. Stolberg Il. 18, 29; Gönnte sich ein A. [Erholung, Pause]. Auerbach D. 4, 197; Aus dem tiefsten Sitze der Lungen athmest du .. Gesundheit auf [schöpfst]. Gutzkow Bl. 1, 210 etc.
Āūs-:
1) intr.:
a) aufhören zu athmen, sterben [s. 2a]: Das gestürzte Pferd hatte schon ausgeathmet. Scherr Gr. 1, 38 etc.
b) Nach der frischen Luft a. König Kl. 3, 231, sie zu athmen trachten.
c) Ggstz. von Ein-a. [s. 2b]: Daß mir kaum soviel Kraft blieb, wenn ich ausgeathmet hatte, wieder Athem zu schöpfen. G. 28, 183.
2) tr.:
a) (s. 1a) Den Geist a. Musäus M. 1, 97 etc. = ihn aushauchen, aufgeben, sterben.
b) (s. 1 c): Luft ein- und a.; Die Reben athmen einen angenehmen Duft aus. Jacobs Phil. 20; Ob sie [die Gedichte] auch wirklich die italische Luft wieder a., die sie eingeathmet haben. Platen 7, 8; Wir athmen unsern Russenhaß | in eure Seelen aus [sterbend]. 6, 28 etc. Auch: Auszuathmen leise Klage [sie kundzugeben, auszusprechen]. 3, 98; Sie athmete ihren Schreck aus. König Kl. 2, 193 (vgl. 3).
3) refl.: Sich a., sich erholen. Rückert N. 124 etc.
4) Dazu: Die kräftigen Ausathmungen des dampfenden Punsches. Gutzkow Bl. 1, 500 etc. Be-, tr.: an-a., behauchen. Fischart B. 15b (selten). Durch-, tr.: Etwas mit seinem Hauch durchdringen, erfüllen: Dein Lebensgeist durchathme mild | Luft, Erde, Feu’r und Fluthen. Matthisson 71; Durchathme mich, o Blüthenduft. Schwab 58; So inniglich von ihm durchathmet und durchdrungen. W. 20, 135 etc. Eīn-: s. Aus-a. 1c und 2b: Luft e.; Das stille E. eines ländlichen Abends. Gutzkow R. 2, 25; Die erhabene | Vorahnung vielfach hallendem Saitenspiel | e–d. V. 3, 72; In das Herz einander euch Lieb’ e–d. Th. 18,54 etc. Empōr-: Auf-a. Ent-:
1) tr.:
a) außer Athem bringen, des Athems berauben: Furcht| beklemmet und entathmet dich. B. 168a; Entathmet [athemlos]. 20a; Börne 5, 212; 213 etc. Zum E., zum Ersticken. G. 12, 182.
b) Einem Etwas e., hauchend fortnehmen, entströmen lassen [s. 2]: Der Hauch auf meinen Lippen ist nicht meiner | ich hab’ ihn dir entathmet. Rückert 1, 330; Der West entathmet ihr [der Rose] den Götterduft. Sch. (s. Boas SchJ. 1, 122); Baggesen 1, 261 etc.; Dem Bärenturban dicken Dampf e–d. V. 3, 49.
2) intr. (sein): athmend, als Hauch entströmen: Alle seligen Geheimnisse der Liebe entathmeten mir. Hölderlin H. 2, 34; V. 2, 144 etc. Entgêgen-, intr. (haben, sein): Eine reinere Luft athmet von Gottes Stuhl | ihr entgegen. Hölty 186 etc.; tr.: Die Rose athmet Dir süßen Duft entgegen. Er-:
1) intr.: verstärktes ,,athmen“, auf- a.: Leis-e–d. Chamisso 3, 221; Tief-e–d. AWSchlegel Gd. 1, 168; Den e–den [keuchenden] Schritt. G. 2, 53; Du flehst e–d, mich zu schauen. 11, 23; Um nur im Freien zu e. Zelter 3, 453.
2) tr.: durch Athmen erlangen: Die Blume erathmet das Licht. Rahel 1, 265; Keine Kühlung war da zu e. Rückert 2, 146; Schon erathm’ ich Schweizerluft. AWSchlegel Gd. 1, 257 etc. Fórt-: weg-a.; weiter a. Hêr- etc.: Als athme der Morgen vor der Sonne her. JP. 28, 130; Die Luft athmet hier auf uns her | gar süß. V. Sh. 1, 35 etc.; Wie dieser Wunsch aus dem Herzen herauf athmete. Rahel 1, 450’; Daß Frankreich aus der Herzenstiefe seines neuen Lebens auch eine neue Kunst hervorathmen wird. Heine Sal. 1, 107 etc. Hín- etc.: Seinen Geist h., aushauchen; Die Glieder [der Natur], | deren Umriß, von der Scheitel nieder | zu den Sohlen, hingeathmet [wie hingehaucht] fliegt, | wie sich Well’ an Welle schmiegt. AWSchlegel G. 1, 39; Stand ich gegen den Abgrund und athmete hinab. G. 14, 222 etc. Um-: mit seinem Hauch umgeben: Schöner Äther, der die Sterne beseelt und hier auch diese Bäume umathmet. Hölderlin H. 2, 64; 123; Schon umathmeten mich Himmelslüfte. Mat- thisson 6; Geißblatt .. umathmete süß meine verborgene Bank. Salis 92 etc. Ver-:
1) tr.: aus-a.: Den Athem, den wir v. H. 9, 99.
2) intr.:
a) (haben) verschnaufen: Oben v–d, blicken wir in ein Waldthal. König Leb. 2, 49.
b) (haben; sein) athmend hinschwinden; sterben, vergehn; Die v–den Ohnmachten des höchsten Liebesrausches. Immermann M. 3, 276; In blöder Wuth | v. sie. Scherr Pr. .. (vgl.: Böttger B. 12, 125); Schwand sie dahin in wehende Lüfte v–d. V. Ov. 2, 352 etc. aus-a.: Was er wegathmet, das saugt sein Athem wieder ein. Eschenburg Sh. 568, vgl. Colliers Sh. 8, 463. zuhauchen: Jenes Wort athmet ihm schon den süßesten Genuß zu. Möser 4, 106 u. ä. m.
Wég-: Zū-: