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Athem
Āthem (Odem), m., –s; 0:
1) die Luft, welche lebende Wesen zum Leben durch die Lungen, Kiemen etc. einziehen und ausstoßen und dies Einziehn und Ausstoßen selbst (Athmen), auch Bez. des Leichtesten etc. (s. Hauch): Auch nur um eines A–s Schwere. Sch. 287a.
a) Subj.: Der A. geht frei, leicht etc., ängstlich, beklemmt, gedrückt, gepresst, mühsam, schwer etc., ist in der Klemme (Rückert Mak. 1, 124), stockt (Sch. 37a), geht Einem aus (G. 29, 210), vergeht (Chamisso 4, 29), verhält Einem (Hebel 3, 237), will nicht mehr zurück (G. 4, 26) etc.; Sein A. stinkt etc.
b) Objekt: A. holen, schöpfen, ziehn (W. 12, 104); Tief A. holen (G. 14, 159) etc., auch übertr.: nach beklemmender Angst etc. sich wieder freier fühlen, s. auf- athmend: Wie wir die spanischen Besatzungen los waren, holten wir wieder A. G. 9, 147; Laß mich A. schöpfen an dieser Brust; es war eine schreckliche Stunde. Sch. 192b; Es schöpften | aufs Neue leichten A. diese Länder. 342a etc. Den A. anhalten (W. 11, 210), einziehn (Rückert Rost 64a), pressen (V. 4, 126) etc.; Etwas presst Einem den A. ab (Gutzkow R. 9, 161), versetzt (G. 17, 47), beklemmt, benimmt, raubt Einem den A. etc.; Engen (Hebel 3, 34, vgl. engbrüstig), knappen (Gervinns Sch. 1, 169), kurzen (L. 12, 118) A. haben; Der Flamme A. zufachen. Sch. 427b etc. c) Mit Präpos.: Außer A. sein, kommen, vgl. Athemlos; (mundartl.: hinter den A. kommen. Schm. 2, 217); Sich außer A. laufen (Chamisso 4, 280), frohlocken (G. 32, 21); Sich aus dem Ä. eifern. L. 7, 285; Einen außer A. bringen, küssen (Musäus M. 5, 92) etc. Ggstz.: Zu A. kommen. Sch. 119b u. o.; übertr.: Sie scheinen getheilt, man muß sie nicht zu A. kommen lassen [zu ruhiger Besinnung]. G. 7, 354; Sich eine Ader aufbeißen, um sich zum A. zu helfen. 14, 85; Zu freiem A. gelangen. Chamisso 6, 153 etc. In einem A., in der Zeit einmaligen Athemholens, im Nu: Lassen sich ziemlich in einem A. hersagen. L. 12, 220; Sich zehnmal in einem A. widersprechen. Mörike N. 350; Der Reichthum kommt und geht in einem A. Rückert Morg. 1, 187 etc., vgl. 2.
2) das hörbare Athemholen, Keuchen: Mohr (keuchend). Fiesko: Woher so in A.? Sch. 163a; Roller (in A.) ... Laß mich nurerst zu A. [1c] kommen. Sch. 119b; Einen in A. [anstrengender Thätigkeit, Bewegung] halten, erhalten. G. 9, 21; 34, 19; Merck B. 2, 145; setzen. G. 16, 177; L. 6, 230; Sich in A. setzen. 12, 58; Dem das Ding doch etwas in A. ging [den es aufbrachte]. Gott- helf Sch. 171 etc.
3) Stimme, Laut etc.: Hatte kaum noch soviel A. und Stimme, um seine Nachricht auszukrächzen. B. 292a; Sch. 560b; Gebt A. allen kriegrischen Trompeten [blaset sie]. 580b; Rückert Rost. 50b; Dem schweren Leiden A. geben [es aussprechen]. Klinger 2, 418; übertr.: Ich würde ein so großes Thema wählen, wenn ich A. genug hätte [Kraft, es auszusingen etc.]. W. HB. 2, 124; Kunstrichter von kurzem A. L. 12, 118 etc.
4) das Belebende, Leben, Lebenshauch, Geist: Gott blies dem Menschen ein den lebendigen Odem. 1. Mos. 2, 7; Sir. 33, 21; So lang ich A. habe. Sch. 231b etc.; Nichts als A. und Freiheit zu retten. 858a; Der freie A. [,frei athmen“ 13, 7] macht das Leben nicht allein. G. 34, 157; Stellte sich ..., als ob ihm Geist und A. fehlte. Lichtwer 102; Den letzten A. ziehn (W. 10, 85), aushauchen (Pfizer 301) etc. = sterben.
5) auch vom Wehen u. Hauch lebloser (personif.) Ggst.: Sein [des Südwinds] A., feucht und stark, lenkt eure Fahrt. Alxinger D. 217; In dem frischen A. des Morgens. Auerbach Ab. 93; Dein [der Hoffnung] Odem haucht Kräfte | verwelktem Elend ein. B. 8a; Wenn der A. des Frühlings die Lüfte belebt. Fichte 7, 62; Trinkt den A. der Blüthe. Hölty 9; Darüber ist der A. der Zeit markenverrückend hinweggefahren. Immermann M. 1, 292; Vernunft, A. der Seele. 2, 348; Zerstört von des [Höllen-] Flusses bösem Oden. Pfizer 97; Des Zephyrs A. Platen 4, 42; Des Lenzes weicher A. 3, 356; Freigebigkeit hat einen Odem, der sich verbreitet. Rückert Mak. 1, 1133 etc.
Anm. Nbnf.: Atham Wackernagel 3, 1, 498, Z. 38; Ryff Th. 38 (wie: Athamen als Zeitw. 22), oft bei Fischart und Keisersberg, veralt.; mundartl.: Daß ihm schier der Adam ausgegangen. Spindler St. 1, 53 etc. Athen. Rabner 1, 123; 185; Mühlbach Fr. d. Gr. 1, 1, 67 (selten) etc. Othem. Hegel s. G. 40, 46; H. Gott. 1; Hölderlin H. 1, 80; Immermann M. 3, 141 etc. Odem oft in Luther’s Bibel; Alxinger D. 75; Freiligrath Pol. 2, 9; 48; 55; Hebel 3, 145; Heine Lied. 61; W. Humboldt Son. 20; Lenau A. 85; Rückert Rost. 16a; Mak. 1, 113; 124; Sch. 31b; Stilling 1, 146;, 149 u. o. Oden. G. 4, 26; 10, 232; 245; Lichtwer 44; Pfizer 97; Ruge Nov. 375 etc. Mz. ungewöhnl. (Athemzüge), ebenso Verkl., doch z. B.: Daß sein Pfeifchen und Lebensathemchen ausgingen. Heine Reis. 1, 142. Der Stamm, vgl. goth. ahma, Geist u. A., wie bei lat. animus (Geist), gr. ἄνeμoς (Wind) ein Zeitw. mit der Bed. blasen, hauchen, goth. anan (vgl. Ahnden), gr. αω, wozu αὴρ etc., lat. aër Luft; āτμὸς Dampf, Dunst (s. Atmosphäre), vgl. WHumboldt 3, 46, u. s. Geist.
Zsstzg. vielfach (s. nam. 5 und vgl. Hauch), z.B.: Bálsam-: balsamischer.
Blǖthen-: Der B. des Mai. Scherr Pr. 182.
Féld-: Ein frischer F. Auerbach Leb. 2, 161.
Fēūer-: F. der Sonne. Schwab 105.
Flámmen-: Kein rasend Gestirn haucht | den F... aus. Ramler 262; IP. 1, 146.
Frǖhlings-: Platen 7, 164; 1, 160.
Lêbens-: Ense 1, 421; Lebensodem. Zschokke 8, 95 etc.
Līēbes-: Dein Liebesodem und mein Sehnsuchtsathem. Rückert 1, 330.
Rōsen-: s. Balsam-A. W. 16, 87.
Schöpfer-: Chamiso 3, 367.
Stúrmes-: Vom Sturmesodem seiner Phantasie gejagt. Duller Gr. 30.
Vulkānen-: Wenn die Erde von V. bebt. Schwab (46) 446 etc.