Faksimile 0032 | Seite 24
Faksimile 0032 | Seite 24
Faksimile 0032 | Seite 24
alt
III. Alt, a.; ältest:
Ggs. von neu, frisch und bei Dem, was ein innres Wachsthum hat, von jung; Das was längre oder eine best. angegebne Zeit hindurch eristiert hat. Oft ist das A–e als das Ver- altete, Welke, schwach und matt Gewordne das Schlechtre; andrerseits als das Ursprüngliche, das Bewährte, das zu ruhiger Kraftäußrung, zu Klarheit und Milde Gediehne, das Beßre und so gilt dasselbe Wort bald lobend, bald tadelnd: Aber Herr Wirth! Jch verlange frische Austern, die neueste Zeitung, eine a–e abgelagerte Cigarre u. ein junges Mädchen zur Bedienung, und da schickt Er mir nun eine a–e Vettel, die mir eine a–e Zeitung von vorgestern bringt und a–e, stinkende Austern, aber eine frische Cigarre; Gott bescher stets jedem Zecher aus Hafisens Trinkgemeinde | frische Lieder, a–e Weine, junge Mädchen, a–e Freunde!
1) A., was vor längrer Zeit existiert hat, das Frühre im Ggs. des Jetzigen; Die a–en Zeiten; Die a–e, mittlere und neue Geschichte; Die a–en Völker oder die Alten (s. 10h); Was sollen uns die A–en, wenn wir nicht a. [ihnen ähnlich] werden? Zelter 2, 91 etc.
2) A., was seit längrer Zeit eristiert hat und noch existiert, das Frühre im Ggs. des Spätern, Jüngern: Die a–e Welt im Ggs. der später entdeckten; A–e Handwerke, Gewerbe, Grafen, a–er Adel; Ein a–er Mann etc.
3) A. mit beigefügter Zeitangabe im Accus., seltner im Genit., was diese oft kurze Zeit hindurch existiert hat: Das Kind, der Brief ist 4 Wochen, einen Monat a.; Ein 12 Jahr a–er Knabe; Mein 35jähriger Freund nicht unsere Freundschaft, er ist so a. Börne 2, 180 etc. Eines Monden a. 4. Mos. 3, 15; 22; Ehe denn er eines Jahres a. wird. Eppendorf 86; Eines Frühlings a. Kl. M. 5, 172; Das Neuste, was man hört, ist immer monats-a. G. 7, 61; Wochen-a. etc. A. bleibt als Prädikat zuw. fort: Das Kind ist erst 4 Wochen etc., am häufigsten bei u. mit Jahr [s. d.]: Gestern ist er 13 [Jahr a.] geworden etc., vgl.: Ein Dreißiger, der 30 Jahr alt ist. 4) Das A–e in lobendem Sinn [s. o.]: Ein guter oder a–er Hirsch. Döbel 43a; A–er [bewährter] Freund, [erfahrner] Seemann, [langgedienter] Krieger etc. [s. 5]; oft das Ursprüngliche, unverändert das Frühre und daher liebkosend auch ohne Rücksicht auf das Alter: „Du bist doch noch immer der A–e.“ Ach nein, ich werde schon a. [s. 5] und stümprig; Und doch ist Dies der a–e Schauplatz noch ... Wir sind die A–en ... Wo möcht’ es [das Talent] auch lieber ... den a–en Ruhm erfrischen und verjüngen? Sch. 318a; Der a–e Urstand der Natur kehrt wieder. 530a; Es duftet wieder a–e Liebe, | es grünet wieder a–e Lust, | ja selbst die a–en Liedertriebe | beleben diese kalte Brust. Uhland 60; Das a–e gute Recht. 114; Der a–e Gott, der lebet noch. Lichtwer 224; Ein Mann von a–em Schrot und Korn. 224 (vgl. Münze); Prediger von a–em Schlage. Chamiso 4, 46; A–er, biedrer Degen; A–es, fideles Haus! A–er Schwede! Mein a–er, lieber Junge! [s. 5] etc. 5) A. tadelnd, was die schlechten Einwirkungen der langen Dauer erfahren hat; das Abgethane, Veraltete; dann auch ohne Rücksicht auf Alter = unangenehm, fatal: Der a–e m den heilen schwer; A–er Aberglauben etc.; Ein a–er [erfahrner, durchtriebner, s. 4] Schelm, Fuchs, Sünder etc.; A–e [ranzige] Butter, [baufällige] Häuser [aber vgl. 4, kaufm.: wohlrenommierte Geschäfte, die lange bestanden haben]; A–e [abgetragne] Kleider; A. und schwach; a. und grau; a. und kalt; Doch ist dieses Neue schon so a., so welk und abgestorben. Heine. Den a–en Adam ausziehn; Den a–en Sauerteig ausfegen. Bibel; A–e Moden; Das sind a–e Kalender [die nicht mehr gelten], a–e [abgethane] Geschichten, a–e Kamillen [die Duft und Heilkraft verloren] etc. Das a–e Lied, Märchen, die a–e Leier; noch immer auf dem a–en Fleck stehn etc. Das ist ein a–er Racker. Immermann M. 1, 261; Ein a–er, infamer Junge [s. 4]; Laß doch das a–e, fatale Necken! etc. 6) Oft in Verbind. m. Ggs. zur Bez. innern Widerspruchs [s. o. u. vgl. 4u. 5], z. B.: Neu-a–e Schallungeheuer. Immermann 12, 345; Sie hat noch ein paar a.-neue umgewendete Arien auf der Walze. Zelter 4, 299 (s. neualtdeutsch etc. Riemer G. 1, 398); Jung-a–e Grillenfänger. Scherr Pr. 24 (s. Benecke 1, 26a: Jung-a. von Christus, jung als Mensch und a. als Gott); Das alte Ammenlied, womit man a–e Kinder in den Schlaf zu lullen sucht. Börne 2, 27; Es giebt auch alte Kinder [Erwachsne mit kindischem Sinn]. Engel 12,17 etc. Ferner: Das Lied vom Odysseus, | das a–e, das ewig junge Lied. Heine Lied. 320; Wenn der Abendstern herauf kam mit den a–en Jünglingen [ewigjungen Sternen]. Hölderlin H. 1, 15; Ein Exemplar deines guten a–en neuen Werther [des bekannten in neuer Ausgabe]. Zelter 3, 462 etc. 7) A. und Jung [s. 6] = die Jungen und die A–en eine Gesammtheit ohne Unterschied des Alters (vgl. Klein und Groß): Mit, von, nach Jung und A. (2. Mos. 10, 9; W. 12, 17). Das Zeitw. dabei in Ez. oder Mz.: Zog A. und Jung dem Jubelschall | der Kommenden entgegen. B. 13a; Da horchen A. und Jung nach dir. G. 3, 92 etc. Vgl. bei Logau, der auch sonst oft das sächl. Ew. für ein abstraktes Hw. gebraucht (s. L. 5, 300) z. B.: Weil ihn Arm u. A. [Armuth u. Alter] so drückt. 2, 9, 20 etc.; ferner: Wollen uns lieben, bis [wir] spät u. a. Beck Heim. 49. 8) Sprchw. u. bes. Redensarten:
a) A–e Häute bedürfen viel Gärbens, a–e Stiefel viel Schmierens; A–e Hunde sind übel bändig zu machen, a–e Bäume schwer zu verpflanzen, zu biegen, a–e Vögel schwer zu rupfen etc. = das Alter ist bildenden, umändernden Einflüssen schwer zugänglich. A–e Kirchen, dunkle Gläser [das Alter hat trübe Ansichten]. Nichts Neues unter der Sonne: a–e Komödien, neue Komödianten. Zinkgref 1, 217 etc.
b) Auf ihre a–en Tage. Gutzkow R. 5, 49; In meinen a–en Tagen. Uhland 209 etc.; Eure alte[n] Jahr und Schwachheit verhöhnen. Zinkgref 1, 315; Wenn man jung ist, so muß man für den a–en Mann sorgen. Gotthelf U. 2, 60 = Alter. Dagegen: Der a–e Mann (Bergb.), das ausgehaune wieder mit Schutt gefüllte Feld. S. Mitscherlich 2,2, 26. In Uri heißt scherzweise der Föhn: ältester Landsmann, s. Kohl Alp. 3, 172 etc. (s. auch Kaiser). 9) Der Komp. und Superl. von a. (und jung) bez. die Reihenfolge in der Geburt, oft in Zsstzg. mit Ordnungszahlen; zuw. bleibt Sohn, Tochter etc. dabei weg, selten Bruder, Schwester: Die zweitälteste Tochter. Auerbach D. 1, 26; Meines drittältesten Bruders. Scherr Graz. 2, 23; Der Älteste war Auslaufer bei einem Kaufmann und der Zweit- älteste etc. v. Horn Schmj. 148. Bis ich mit Ihrer Ältesten [Schwester, frz. votre aînée] gesprochen. G. 9, 267. 10) A. als Hw. s. 7u. 9; Der (die) A–e.
a) vom Wein [s. d.]. Luk. 5, 39; obscön = das männliche Glied Weinhold.
b) = Greis, Greisin, zumal in der Anrede: Hiob 15, 10; In die Hände der wohlbedächtigen A–en. V. Od. 1, 439; Gott grüß Euch, A–er! Schmeckt das Pfeifchen? Pseffel etc. Die A–e, Kindel-A–e (Weinhold), Heb- amme; Des Meeres-A–en Nereus. Scheffel 172 [der greise Meergott]; Der Berges-A–e. Sch. 50b; Reithard 19 etc. Der A–e vom Berg, s. Assassine. Brand [s. d.] der A–en etc.
c) A–er, Ältester, mit vielen Zsstzg., = Vorsteher: Hesek. 7, 26; 1. Mos. 50, 7 etc.; Darum wurden sie von Amts u. nit nur v. Alterswegen die A–en u. Väter genennt. Stumpf 312b; Die Ober-A–en [in Hamburg]. L. 12,551; Dekurionen od. Bank-Älteste. Danzel 22; Kirchen- Ältester. Stilling 1, 120; Landes-Ältester. Talvj 2, 251 etc. (s. Aldermann etc.).
d) Bez., welche Untergebne von ihren Vorgesetzten, Kinder von ihren Eltern etc. brauchen: Die bewusste Unterredung mit unserm A–en [Vater]. Engel 12, 64; Der A–e (ich meine Captain Roß). Freiligrath Garb. 16; Von Zeit zu Zeit sah ich den A–en gern. G. 11, 17 [Mephisto von Gott]; Mein A–er. 14, 74 [Werther von dem ihm vorgesetzten Gesandten]; Der A–e [Vater]. 22, 13; Die A–en [Eltern]. Chamisso 6, 249 etc., selten als Anrede, wie öfters unter Eheleuten. 2, 84 etc.
e) Der, die A–e auch von Thieren in Bezug auf die Jungen: Wie die A–en sungen, so zwitscherten die Jungen; Die jungen Lämmer und die fetten A–en. Heinse A. 1, 236; Die A–e [das wilde Schwein]. F. Schlegel Flor. 1, 13 u. o.
f) im Karten- und Schachspiel einige wichtige Figuren, so dort der Eichel- und der Grün-Ober, hier der Läufer. Benecke; L. 11, 377.
g) Wenn die Große oder die A–e kam, wie die Ostseeschiffer sie nennen, ich glaube, im Kanal ist es die 13. [Welle]. Bucher (Nat. Z. 9, 367).
h) Die A–en, Mz., kollektiv: Leute, die früher gelebt haben, die alten Völker, nam. Griechen und Römer, ihre Schriftsteller und Künstler [s. 1]: Platen 2, 275; O weiser Brauch der A–en [die Todtenverbrennung]. G. 13, 295; Von unsern neuern A–en [Alterthumsforscher]. W. 20, 65 etc. Oft auch m. Bezug auf die Abstammung = Vorfahren: Bei unsern A–en war ein Sprichwort etc. 11) Das A–e, z. B.: Das Neue klingt [hat Reiz, gefällt], das A–e klappert; Das Ältere muß dem Neuen weichen; Das Älteste ist nicht immer das Beste etc. Vom A–en [gw.: von Alters] her. Jes. 25, 1. Beim A–en [unverändert, wie es ist] bleiben, es lassen; seltner: Alles im A–en gelassen. Gotthelf G. 167; Alles steh im A–en. Uhland 200 (vgl.: Es steht im a–en Recht) etc. Das Älteste bei den Handw. das Amt des Altgesellen.
Anm. Von goth. alan (lat. alere, nähren, wovon altus emporgewachsen, hoch). Veralt. Steigerung ohne Uml.: je alter. Ryff Th. 22; Dem alleraltesten. Weidner 22, s. Benecke. Bstw. in Zsstzg., z.B.: Alt-deutsch, griechisch etc. verjährt, bekannt, tapfer (B. 401) etc., Vater, väterlich etc.; Alt-Jungfernstand. Kinkel 490; -Weibermühle. Auerbach Leb. 2, 274; -Weibermärchen. Gervinus Sh. 1, 110 etc. Doch wird bei solchen Doppel-Zsstzg. (vgl. Armer Sünder; Hoher Priester u. s. Baum II 2) gw. alt abgewandelt: Doch wären Das nur Alteweibergeschichten. Prutz Mus. 1, 28; Mit Altemweibertheegeschwätz. Woch. 93; Euern Altenweiberglauben. Pesta- lozzi 1, 299 etc. Seltner: Zur Befriedigung deutschprüder Altejungferseelen. Scherr Gr. 1, 236. Zu 10. finden sich die Verkl.: Alterchen. Gutzkow R. 6, 428; Immermann M. 3, 103 u. o.; Altchen. G. 28, 208; Alterle. Auerbach D. 1, 282; Scherr Graz. 1, 58 ꝛꝛ. Mundartl., veraltet: Der Alt. Gotthelf G. 51; Schaidenraißer 126 etc.; fem. als Vokativ: Alta! HSachs 2, 4, 12 u. o.; auch mundartl. Altsche etc.
Zsstzg. s. 3; 6; 9; 10b und c; ferner z. B.: Sie sind gleich-a. [v. gleichem Alter]; Über-a. [allzualt]; Einiges Neue, Halb-A–e, Ur-A–e. G. Z. 4,65; Die stolzältesten Douairieren und die schnippisch jüngsten Fräulein. Heine Lut. 1, 70; Jenes süße, schöpfungs-a–e | Lied der ersten jungen Liebe. Scheffel 160 [so alt wie die Schöpfung]; Jung war ich kummer-a. [alt vor Kummer] und alte freudenjung. Rückert W. 2, 235 etc. Ferner einen hohen Grad des Alters zu bez.: Einen wunder-a–en Thurm. Stumpf 391a; Schwab 297 etc.; Hoch-, stein-, ur-alt.
Anm. Die letzten drei haben in der Prosa den Ton auf dem Bstw., bei Dichtern nam. in verlängerter Form auch auf alt, z. B.: Ein fischender Geis ..., hochált (– –), dem mit Macht arbeitenden Manne vergleichbar. V. Th. 1, 41. Und ward steinált als Pater Kellermeister. Reithardt 288; Sch. 590b (vgl. für die Bed. Stein u.: Wenn sie alt werden wie die Steinesel. Gotthelf Sch. 271); Wenn der urälte, heilige Vater etc. G. 2, 65; Er saß in der Götter urältestem Rath. Sch. 51a, vgl.: Ein Gebäude steht da von ūralten Zeiten. 74a; Ein ūralt Wort. 413a u. ä. m. (Ururalt. Gutzkow Diak. 158.)