Faksimile 0012 | Seite 4
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Abend
Ābend, m., –s; –e; -:
Ggstz. des Morgens.
1) die Zeit des Sonnenuntergangs, das Ende des Tags und Beginn der Nacht. Je nach dem Anfang oder Ende aufgefasst, heißt er hell, glänzend, golden etc. oder dunkel, finster, schattig etc.; im Ggstz. zu dem lärmenden, arbeitsvollen Tage: ruhig, still, erquickend, labend, selig, beseligend etc.; A. [= Feierabend] machen; Es wird, geht gegen [auf] den A.; Der A. kommt [heran], naht, sinkt [hernieder], senkt sich [hernieder], neigt sich, winkt, dunkelt, graut, dämmert, schattet, thaut, bricht an [herein], überfällt uns etc. Gold, Schimmer, Schatten, Dunkel, Duft, Kühle, Frische, Thau des A–s etc.
a) Guten A.!, gewöhnl. Grußformel des Abends; Einen guten A. bieten, wünschen etc., auch wohl als ein Wort (m. Mz.): Dass er ihm mit keinem Wort für seinen Gutenabend dankte. IP.; Da giebts Gutentag’s und Gutenabend’s, dass kein Ende ist. G. 8, 205.
b) Abends, des Abends als Zeitbest., so auch allabends = jeden Abend, häufig auch wie A., sich an andre zeitbestimmende Wörter anschließend und zwar, wenn dies Hw. sind, beide Formen; wenn Adv., die vor- oder nachstehn können, nur Abends; wenn Adv., die vorstehn müssen, nur A.: A–s werden die Faulen fleißig; Zu lustig am Morgen | schafft A–s Kummer und Sorgen etc. Donnerstag A.; Sonnabend A.; Kam gemeiniglich Sonnabends A–s. Stiling 1, 7; Einst .. an einem Sonntag A–s. Hebel 3, 347 etc. Nach einem freilich nicht immer beobachteten Untersch. drückt Abends dabei die Wiederholung aus: Er kam Freitag A.; Die Post kommt regelmäßig Freitag A–s; ebenso: Gemeiniglich des Abends. A–s spät, spät A–s etc.; gestern, heute A. etc. Am vierten A–s [versch. A.] angelangt. Selbigen A–s. Chamisso 6, 270; Den A. zuvor; Den A., als wir ankamen; Ich gehe; den A. (auf den, gegen, am, zum A., [des] A–s) bin ich wieder hier. Einen A. [an einem A., eines A–s, einst des A–s] kam etc. G. 30, 173.
c) Abh. v. Präp. (alph.): Am, an einem A.; Der gleichsam mit jedem Tage sein ganzes Vermögen verzehrte, um an dem A. [sc. jedes Tages] zu darben. G. 14, 115. Kommt er auf den späten A. in einen Flecken. Hebel; Jch komme auf den A. wieder etc.; Auf A–s [ungew.] IP. 21, 82. Bei A. Frisch, gew. nur mit Ew.: Bei stillem A. Geßner 3, 17; Bei schönen A–en. G. 10, 80 etc. Bis [des] A–s; bis [zu, zum, am, an den, auf den] A. Gegen A. In, vgl. bei, z. B.: War ihr heiß in dem sommerlichen A. geworden. Gutzkow R. 4, 10; Fuhren in einem feuchten Nebelabend. Rahel 1, 420; gew. an. Mit dem A. [beim Anbruch des Abends] kommen. Um den A.; Vor A.; Vor A–s. Sir. 28, 26. Zu A. essen; Von A. an bis wieder zu A. Bibl.; Zum A. bin ich wieder hier. Zwischen Abend(s) bibl., wird erklärt als die Zeit zwischen Sonnenuntergang und dem Dunkelwerden oder zwischen dem Neigen der Sonne und ihrem Untergang.
d) = Abendgesellschaft, Soiree: Zu einem der kleinen A–e des Kurfürsten eingeladen. König. 2) übertr., wie desTags, so auch andrer Zeiträume Ende: „Es ist A.“ Ganz recht, ganz wohl! A. für mich. G.; Das fürchterliche Ungewitter am A. des vergangnen Jahrhunderts. H.; (Einem Kriege, dessen Flammen den Abendhimmel unsres Jahrhunderts röthen. Salis); Meinen Lebens- A. so hell wie möglich zu schaffen. Kinkel; Alters-A. IP.; Am A. seiner Regierung. Tieck; Am Weltgerichts-A. Son- nenberg; Es ist noch nicht aller Tage A., sprchw., noch kein Endabschluss, eine Andrung (zum Bessern oder Schlechtern) möglich. 3) Wie der Beginn der Nacht, so nam. bei Festen in Zsstzg. oder in Vrbind. mit heilig, der Vorabend, Tag vorher: Sprchw.: Gewinnen ist der A. vom Verlieren. L. 11, 653: Gew. Am heiligen A.; Christ-, Weihnachts-, Johannis-A. etc.
Anm. In Zsstzg. bleibt Tag weg; der Thomastag ist z. B. der 21. Dec.; Thomastag Abend, der Abend des 21. Dec., aber: Am S. Thomasabend, den 20. Dec. Stumpf726a; S. Katharinen-, S. Mathis-, Palm-, Fest-Abend etc. Ebenso versch. Sonntagabend, Ende des Sonntags; Sonnabend, der Tag vorher und dazu: Sonnabend A., ähnlich wie die Weihnachtsnacht etc. Die Sitte, die Feste vom A. vorher zu beginnen, ist jüd., aber auch deutsch (L. 11, 653, vgl. engl. sennight, fortnight etc., 7, 14 Nacht = Woche, 14 Tage). 4) o. Mz., die Himmelsgegend, wo die Sonne sich abwärts neigt und untergeht, Westen; auch die westlichen Länder, der Occident: Aus, gegen, gen, nach, von A., zuw. mit Artikel, z. B. in der Bibel: Gegen den A.; Vom A. etc.; So der Wind aus dem A. weht. Döbel 1, 49a; Am dichtesten waren die Wolken im A. gethürmt. WHumboldt 3, 198; Des A–s Heiliger verbannt die Morgenländer. Haller 76; Immermann M. 3, 198; In dem fernsten A. und Morgen. Novalis 1, 197; Der Orient .., als der A. den Abschaum der Menschen über ihn ausgoss. Zachariä Temp. d. Fr. 8.
Anm. 2. Man untersch. adverbiell: Alle A. kommt er zu mir, von dem Hw.: Alle seine A–e bringt er bei mir zu; Alle Freitagabend erhalte ich Brief von ihm, alle Freitag- abende sind daher wahre Feste für mich; doch findet sich auch adv.: alle Abende. G. 16, 219; Hebel 3, 230; L. 12, 396; 400; W. 19, 192 etc. Selten im Gen. Abendes, wie FLewald W. 2, 109; V. 1, 24. Als Bstw. gew. zeitlich, doch auch örtl. (z. B. Abendwind, der Abends od. aus Abend weht), zuw. = spät: Abend-Freund, -Wunsch, -Regen etc. S. aben.
Zsstzg. mit den Namen aller Feste [3], Wochentage, Monate, Jahreszeiten: Pfingst-, Mittwoch-, December-, Frühlingsetc., ferner [2] und nach der Art, wie und dem Ort, wo man Abende zubringt etc., z. B. Ball-; Beicht-; Boston-; Erden- [auf der Erde zugebrachter] Salis 40; Erzähl-; Gebirgs-; Gewitter-; Himmels-: Erst am H,.als es im Himmel Abend wurde. Schubart 3, 54; Kneip-; Lese-; Nebel-; Schauspiel-; Spiel-; Theater-; Thee-; Trink-; Zank-; Zauber-, zaubervoller A. Hölderlin H. 2, 33 u. v. a. Bítt-, Brāūt-: der Abend vor der Hochzeit, der letzte Abend der Braut, die am andern schon junge Frau ist, nach dem sogen. Bitt- essen, dem Schmause, wozu die nächsten Verwandten und Freunde geladen werden.
Brǟūtigams-: gewisse mit Schmausereien gefeierte Abende, wo der Bräutigam die Braut besucht; der letzte ist der Bitt-A.
Dä́mmer-: Schimmer-A. König Leb. 2, 148. Fást(el)-, en-: der Abend vor Aschermittwoch und ausgedehnt: die Tage vor der Fastenzeit.
Fēīer-:
1) = heiliger Abend: Kannst du thun wie der heilig F. Gotthelf.
2) Beschluss der täglichen Arbeit, zunächst am Abend, dann allgem. Ende der Arbeit, Mühe etc., auch übertr.: Schon um Mittag F. machen; Den Arbeitern F. geben; F. bekommen; Viele Hände machen bald F.; Langsam hat bald F. [der Träge hört bald auf]; Vortheil hat bald F. [jede Arbeit hat ihre Kunstgriffe, die die Beendigung fördern] etc.; Der Wahrheit F. geben. Spate = lügen; Der ich mir nur noch einen glücklichen F. meines Lebens wünsche. Dorow 1, 122; An Kriegs-F–en. Jahn. Fést- [3]. Frǖh-: Ggs. Spät-A., s. Vorabend. Gābe-, Hǖhner-: Bittabend, nach den dargebrachten Hochzeitsgaben, mit Anspielung auf das Fangen des Huhns vom Hahn. Lä́mmer-: hamburgsches Fest. Michaelis 232; Schütze. Pólter-: Brautabend: Zerbrechen des Geschirrs bei unsern Polter- abenden. Bodenstedt, V. Luise 3, 139; Auf einem P. Rahel; etc. Schímmer-: Dämmrungszeit, im Ggstz. des Spätabends. Tiedge 2, 29; mundartl.: Schummer-A. Sómmer-: s. o., auch der Punkt am Himmel, wo die Sonne beim Anfang des Sommers untergeht. Sónn- [3 u. Anm ]. Spǟt-: der an die Nacht grenzende, schon ganz dunkle Theil des Abends. Alexis H. 1, 2, 1. Vōr-: der Abend, die Zeit vor einem Tage, Ereignisse: Am V. meiner Abreise; großer Plane; großer Ereignisse etc. Minder gut: Am V. vor einem großen Wettrennen. Kohl J. 1, 439 etc.; Fest-V.; auch = Früh- A., die Zeit vor dem eigentl. Spät-A.: Wo bringt er seine V–e zu? König Jer. 1, 391. Wínter-: s. Sommer-A. u. ä. m.