Faksimile 0010 | Seite 2
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Aar
Āār, m., –(e)s, –en; –e, –en; -: 1) Bez. aller
größern Raubvögel: Ein Raubmaal .. den Hunden und
den A–en allzumal [,allem Gevögel“ 184b] B. 141b.
2) Oft für beſ. Arten: Der Weiher oder A. Eppendorf 146 ff.;
Im Kreiſchen dieſes A–s [Geiers] Lenau 2, 25; Alb. 232;
Rückert Roſt. 75a, vgl. 83b; Feiner Geier! auf ein Haar |
ähnt er jenem alten A. Werner Kr. 1, 68 ꝛc. Am häufig-
ſten = Adel-A. (ſ. d.), Adler, doch andrerſeits auch
davon geſchieden, z. B. theilt Lenz 2, 44 ff. die Falken
in: Edelfalken, Adler, Seeadler, Aar, wo es dann bei einem
Kampf zwiſchen dem weißköpfigen Seeadler und dem
Fiſch-A. heißt: Der A. ſteigt mit ſeinem Fiſche, der Adler
ihm nach ꝛc. 3) Der A. (Adler) zeichnet ſich aus: a)
durch Größe, Kraft und Kühnheit, wodurch er die klei-
nern Vögel zur ſichern Beute macht: Edler Wild verfolgt
der ſtolze A. Böttger; Wie aus blauen Lüften der A. auf ſeinen
Fang, | ſo ſchießen ſie auf Beute. Chamiſo ꝛc. b) durch
ſchnellen, kräftigen himmelanſtrebenden Flug: Dann hol’
ich ihn aus ſeinen hohen Wolken, | den ſichern A. herunter.
G. ꝛc. c) durch ſeinen unzugänglichen Horſt auf
ragenden Felſen: Vom Horſt des A–en. Gutzkow Bl. 1, 320;
Auf unerſteiglichen Felſen .. ſtehend im Neſte des A–s. Platen
2, 303. d) durch ſein ſcharfes Auge: Dem jungen A.
gleich, der zum Strahl der Sonne ſchaut. A. Imhof.
e) daher: Die Könige der befiederten Völker, die kühnen A–e.
R. Hartmann; Der A., der höher ſich erhebt, als Alle, | iſt Fürſt
der Vögel. Mülner. f) bei den Alten Vogel des höchſten
Gotts und Träger des Blitzes: Des finſterlockigen Donner-
gotts | ſiegreicher A. Platen ꝛc. g) Sinnbild fürſtlicher
Macht und ſiegreich ſich aufſchwingender Gewalt: Frau
Viktoria. | Mit ihrem weißen Flügelpaar, | ſie dünkt ſich wohl,
ſie ſei ein A. G.; Theilt das Heer! es rege, gleich dem A., |
die Fittige zum Siegesfluge fertig. Müllner. h) daher
kriegeriſches Feldzeichen z. B. der Römer ꝛc., und Wap-
pen verſch. Reiche, wie für das röm.-deutſche (als öſt-
liches und weſtliches) der Doppel- oder Reichs-A.:
Vor des Kaiſeradlers [des röm.] Goldglanz | flüchtet ſcheu
der Wildnis A. [der deutſche]. Kinkel 64 ꝛc. 4) Übertr.:
a) Dort fliegt ein A. des Meeres durch die Wogen, | ein
Schiff. MBeer Arr. 37; Der A. des Ruhmes zieht in treuen
Kreiſen | um ſeine Stirn. Freiligrath 2, 17; Anapäſt, du mein
ſauſender A. Kinkel 129; Den Geiſt, der frei durch alle Bah-
nen .. ſchweifet, | ein A. in Lüften. HKönig Monatbl. 1, 540;
Sein Aug, der braune A. Meißner Ged. 150 ꝛc. b) von
Perſ.: Junger A., dein königlicher Flug | wird den Druck
der Wolken überwinden, | wird die Bahn zum Sonnentempel
finden. B. 34a; 488b u. o. Jroniſch: Um die Äſer kräch-
zeten die edlen A–e der Romantik. V. A. 2, 246 ꝛc.
Anm. Daß A. umfaſſender als Adler, zeigt z. B. auch Adler-
naſe, Naſe wie der Schnabel des Adlers, da der der andern
Aare, z. B. der Geier nicht von der Mitte an gebogen iſt.
Doppelf. im Genit., ſ. 3c, tadelhaft: Die Kraft des Aar.
Müllner 4, 26. Im Dat.: Dem A–en. Adelung s. v. Aar-
weihe; Dem A–e. Rückert Mak. 2, 70. Mz.: A— en.
MBeer Arr. 190; Ramler 116; A–e. Grün Sch. 178; Moh-
nike 58 ꝛc. (ſ. o.). Die Formen auf –en jetzt die ſeltnern,
vgl. den Anfang der Nibelungen: zwên ârn, bei Simrock:
Den griffen ihr zwei A–e ꝛc. A., veralt. Arn(-vogel), agſ.
earn, vrwdt. ōρνις (ornis, Vogel) vom Stamm ōρω (ſich
erheben).
Zſſtzg. wie bei Adler (ſ. d. = Adel-A., vgl. Sper-
ber ꝛc.), Bez. der Arten vielfach ſchwankend, zumal nach
der Hauptnahrung, dem Aufenthalt, der Farbe ꝛc.,
z. B.: Ādel-: Adler: Sahſt du je den A. im Sumpfe
wohnen? H. 9, 166; Der A. ſchwebt kühn beſchwingt em-
por. Rückert Erb. 2, 5; Ged. 2, 445; Waldis Eſ. 1, 59 u.
o. bei Alteren. Adalar HSachs 2, 6c. Älpen-.
Báſtard-: Gypaëtos barbatus. Bérg-: Vultur
leucocephalus. Būß-: Buſſard (ſ. d.). Dóp-
pel- [3h]: Den immer kühnern Flug des Aars yon Hohen-
zollern, | der ſchon den D. gebändigt. Geibel. Enten-:
Aquila clanga. Fíſch-: Fluſs-A. und See-A.
Flúſs-: Falco (Pandion) haliaëtos. Gä́nſe-:
Hühner-A., Falco milvus, ſ. Gabelweihe; ſeltner =
Haſen-A. Gedánken- [4a]: Auerbach Ab. 62.
Góld-: Steinadler, Aquila fulva, Falco chrysaëtos,
der größte Adler, goldgelb, wenig verſch. vom Königs-
oder Kaiſeradler, mit breitrem, bis hinters Ohr ge-
ſpaltnem Schnabel und weißen Flecken auf der Schul-
ter, bei Einigen = Fiſch-A.: Ein G. ſetzte nieder ſich ..
„O Königsadler.“ WMüller Ngr. 1, 11; Der Steinadler, der,
wenn er alt iſt, auch G. heißt. Tſchudi Th. 332; Der
Kaiſeradler, Aquila imperialis . .., der dem Steinadler ähn-
lich, aber etwas kleiner iſt. 337. Hāſen-: Vultur
leporarius. Hōch-: Stein-A. Hǖhner-:
Gänſe-A., gewöhnl. aber die weit kleinere Hühnerweihe,
F. aeruginosus. Júngfern- [3h]: Nürnberger
Wappen. Kāīſer-: ſ. Gold-A. und [3h].
Kling-: Enten-A. Kȫnigs-: ſ. Gold-A.
Krānich-: veralt. und unbeſt. Krīēgs-: ein
amerikan. Vogel, bei den Indianern Keneu. Freiligrath H.
59. Krōn-: Reichs-A. Mǟūſe-: Buß-A.
Mêêr-: ſ. See-A. Náttern-: Circaëtos leuco-
psis. Rēīchs- [3h]. Schrēī-: Aq. naevia.
Sēē-: Haliaëtos albicilla; Der weißköpfige S. H.
leucocephalus; aber auch [4b] = Seeheld. Mohnike
51 und eine Art Roche, Raja aquila. Sónnen-:
der zur Sonne fliegende Adler. Stēīn-: ſ. Gold-
und Stock-A. Stóck-: Nach Ryff Th. 99, weil er
ſich gern auf Baumſtümpfe niederlaſſe; nach Andern
von der klotzigen Geſtalt wegen der kurzen Flügel, =
Falco palumbarius, aber auch = Steinfalk.
Stōß-: allgem. Bez. der auf ihre Beute ſtoßenden
Vögel, auch für einzelne Arten verwendet, wie Stößer.
Stúrm-: Sturmvogel. Mohnike 53. Tōdes-
[4a]: todbringendes Geſchoſs ꝛc. 77; Als des Todes-
adlers Schwingen anrauſchten. H. 15, 226. Wánnen-:
F. cenchris oder tinnunculus, Thurmfalke, der ſich oft
auf einer Stelle in der Luft ſchwebend erhält, indem er
mit den Flügeln weht oder „wannt.“ Im Berngebiet ge-
wöhnl. Wanner od. Wannenwedel, Wanneli, ſonſt auch Schuſ-
ſer genannt. Tſchudi Th. 115; Wandweher. Stumpf 612a; Wan-
nenwöhr. Uhland V. 43. Zwérg-: Aq. pennata, u. a. m.