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Puls
* Púls (lat.), m., –es; –e; Pülschen, lein; -:
1) (o. Verkl.) beim Läuten die Schläge der Glocke bis zur Pause: In drei P–en [Absätzen] läuten; Ging ich unter dem letzten P. nach der Kirche. Freytag Bild. 2, 208; Drei feierliche P–e der Klosterglocke. Thümmel 5, 63 etc. und übertr.: Sentenzen [im Schauspiel] in langen P–en beklatscht. Zelter 2, 153 etc. 2) Arzn.: der Schlag des Herzens und, damit in nächster Beziehung stehnd, der Arterien (s. Bock An. 387), wie auch: die gw. zum P.-Fühlen benutzte Stelle über der Handwurzel: Rascher, langsamer; starker, schwacher; voller, leerer; gesunkner, sich hebender; harter (gespannter), weicher P. etc.; Der P. schlägt; schlägt rasch. heftig, ungleichmäßig; stockt etc.; Dem Arzt den P. [zum Fühlen] reichen. G. 8, 233; Dem Patienten den Puls (247 etc.), an den P. (W. 27, 339) fühlen etc., auch übertr. (s. c) = prüfen, auf die Probe stellen etc.: Den P. dieses Buchs anzufühlen. Hippel Leb. 1, 9; Einer Übersetzung an den P. zu fühlen. L. 8, 206; Dem Zauberer an den P. zu fühlen. W. 18, 226 etc.; Er fühlte dem Geschmack seines Publikums oft auf den P. Schütze HambTh. 702 etc., ferner z. B.: Gleich P–en pocht | des Auges Stern. Freiligrath 1, 340; Sei dieser ängstliche Krampf vorbei, so äußere sich die Kraft der Natur wieder in gewaltsamen P–en. G. 17, 286; 5, 52; Sprich nur, das Herz hat auch noch dafür einen P. 31, 48, schlägt noch, kann auch noch dies Wort ertragen, ohne stockend still zu stehn etc. Veralt. fem.: SClara EfA. 1, 80; 519; Olearius Ros. 106a etc.
a) verkl.: Das Pülslein wohl zu drücken. G.11,82; Euer Pülschen |schlägt so ungemein. Schlegel Sh. 6, 248 etc.
b) = Dauer, Zeit eines Herzschlags: O eines P–es Dauer nur Allwissenheit! Sch. 271b; Konnt’ er nicht wen’ge P–e länger leben? 543a.
c) übertr., s. o., serner: Seine Anziehungskraft . . Der abstoßende P. seines Wesens. G. 21, 232, vgl. (s. auch 1): Dieses Anziehen und Abstoßen haben zwar alle Menschen . ., einige in langsamern, andere in schnellern P–en. 234 etc. und ferner von etwas belebt Gedachtem (vgl.: Deine Blicke . . | könnten Leben durch den Marmor fächeln, | Felsenadern P–e leihn. Sch. 3a etc.): Neues allmächtiges Leben | durchlodert die P–e der ganzen Natur. Matthisson A. 14, 169; Der P. der Natur fängt an, von Neuem zu schlagen. Zachariä Tag. 9 etc.; Die P–e des Weltzirkels zu treiben. Sch. 106a; Lieb’ ist P. und Herz der Weltenalle. Kosegarten Po. 2, 246; Handlung ist der Welt allmächtiger P. Platen 2, 195 etc., s. d: Mittel-P.
d) Zsstzg. z. B.: Ader-P. Stolberg 5, 242; Arterien-P.; Im Fieber-P. der hingelebten Sünder. Seume Gd. 75, fieberhafter; Herz-P.; Hab’ ich dem Lebens-P–e zu gebieten? Schlegel Joh. 4, 2; Die Seele und der Mittel-P. (c), das Herz, | der Christenwelt durchwärmend alle Adern, | bin ich. Lenau A. 60; Normal-P., P. einer Pers. im normalen Zustand etc.