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klein
I. Klēīn, a.:
gering der Ausdehnung, der Quantität und der Intensität nach, auch übertr. z. B. in Bezug auf Einfluß, Würde, Bedeutsamkeit etc., s. den Ggstz. „groß“ nam. 2 a—b, auch die Belege. Außer dem dort Angeführten erwähnen wir noch besonders:
1) K. neben Hw. (s. d.), z.B.: K–er Finger, Zeh, Krieg, Thaler; K–e Stunde, Meile, Zahl; K–es Vieh etc.; K–e Kinder, Thiere, nicht bloß: k. gewachsne, sondern auch: unerwachsne, junge, s. 4b.
a) nicht selten ist die Verbind. mit Verkl. (s. Chen und Sanders Progr. 74b), z. B.: Mit den k–en Händchen. G. 14, 22; Ungeachtet seines k–en Rotznäschens. 23; An dem k–en runden Tischchen. 69; Das k–ste aufgefundene Blättchen. 114; K–e Bücherchen. L. 1, 245; Lichtwer 100; V. Mosch. 1, 22 etc. und zur prägnantern Hervorhebung der Kleinheit: Denen nur ein k–es Lichtchen in der Zeichenkunst geschienen. G. 29, 203; Jahre lang quält man sich, um ein k–es, k–es Resultätchen endlich hervorzubringen. Rahel 1, 280; Ein k–es, k–es Körnchen, Bischen, Männchen, vgl. die Verdopplung ohne Verkl.-Form: Ein k–er, k–er Knirps = ein sehr, ein winzig k–er Knirps.
b) K., nam. insofern es die Intensität bez., entspricht je nachdem es durch den Ton hervorgehoben wird oder nicht theils dem Adverb. wenig = gering, unbedeutend etc., theils dem ein wenig = Etwas, im Ggstz. zu Nichts, z. B., wobei wir das betonte Wort durch gesperrten Druck hervorheben: Die kleinen Leiden des menschlichen Lebens, im Ggstz. der großen; Ich möchte dir damit eine k–e Freude machen; Kleine Geschenke schlägt er aus, große würde er nehmen; K–e Geschenke unterhalten die Freundschaft etc.
c) K., wie die Verkl. auf „chen“ für Kinder und geliebte Personen als Schmeichelanrede, selbst in Verbind. mit eigentl. Schimpfw., die ihren harten Sinn verlieren: Du k–er Schelm, Spitzbube, Racker! etc.; K–e Schelmin!; He, k–e Hure! Rabner 3, 28 etc.
d) K. bez., daß Etwas dem Verglichnen ähnlich ist, doch in verjüngtem Maße, ebenso: im K–en, z. B.: Der Mensch als Mikrokosmos oder die k–e Welt, die Welt im K–en; Wenn sich der Mensch, die k–e Narrenwelt, | gewöhnlich für ein Ganzes hält. G. 11, 56; Mein Leipzig lob’ ich mir, | es ist ein k. Paris. 88; Was er, so artig, im K–en gesehn, | erfuhr er, genoß er im Großen. 1, 158; Leipzig, wo man die ganze Welt „in kleinen“ sehen kann. L. 12, 5 etc.
e) K. zur Verstärkung von dem urspr. wenigstens substant.: ein bischen, ein wenig, z. B.: Wart ein k. Bischen; Ein k. bischen Geduld; Ein k. wenig mehr Aufmerksamkeit; Um ein k. Weniges erweitert. Sch. 425b, vgl.: Um ein K–es (4a). Hochd. ungw. beim Komparat.: Nur eine k–e Anstrengung, nur ein k. [gw.: etwas] weniger Eigensinn. Gotthelf G. 113 etc., s. Anm.
f) s. Anm. u. kleinlich. 2) K. als Prädik.: Etwas ist k., sehr k., winzig, unendlich k.; so k., wie eine Ameise, wie ein Stäubchen, wie ein Atom; so k., daß man es kaum sehen kann; Jemand ist k. von Person, von Statur, an Geist etc.; Das Kind ist k. und bleibt k., wächst nicht; Suche dir ein andres Reich, Macedonien ist für dich zu k., zu eng, nicht groß genug; Der Rock ist mir zu k.; Er wächst sehr, sein Zeug wird ihm zu k.; Es wird dem lockgen Knaben | zu k. das Mutterhaus. Chamisso 3, 47; Wie er sah das große Heer, ward k. | das Herz ihm. Rückert Rost. 64a, es sank ihm vor Furcht zusammen; Der Schneider hat mir die Hose zu k. gemacht (s. 3) etc. Auch in Bezug auf Geistiges (s. kleinlich): Die an dem Knaben verübte Unbill als Mann noch zu empfinden ist k. Lewald W. 1, 281 etc. Ferner: Wär Gott und Eine | so wäre mein Lied nicht kleine. G. 3, 88, nicht gering, hätte Stoff genug. 3) in Verbind. mit andern Zeitw., doch nicht adverbiell (s. Groß 2l), sondern prädikativ (s. 2) oder elliptisch, z. B.: K. gewachsen [k. von Statur etc.]; Etwas k. [in k–e Stücke], kurz und k. schneiden, stoßen, stampfen, mahlen, reiben etc. (s. II.); Holz k. machen, hauen, hacken, auch von niedergemetzelten Feinden etc.: Zählt an den Fingern her, wieviel er k. gemacht. Rost; Köpf’, Arm’ und Bein’ | und Schulterblätter fliegen, | bis alle Sieben, kurz und k. [gehaun etc.], | auf einem Häufchen liegen. W. 11, 81, und danach übertr.: In meinem Fache soll mich Keiner k. bringen. Kürnberger Am. 109 = überwinden, übertreffen. Ferner übertr.: Etwas nicht k. kriegen können, damit denkend nicht fertig werden, es nicht begreifen können etc., s. kurz 4; Sich k. machen, demüthigen; Macht [schildert] mir den Teufel nur nicht k. G. 3, 135; Etwas k. achten. 39, 438, (er)achten, daß es k. sei; K. [wohl zunächst: eine k–e, werthlose Karte] zu-, beigeben (s. d.) etc., s. Groß 2l. 4) substantiv.:
a) sachl.: Etwas K–es etc., eine Kleinigkeit, Etwas von geringem Umfang, Belang oder Werth: Es ist des Menschen Auge nur ein K–es, | das doch in ungemeßner Gier umfasst, | was blinkt etc. Chamisso 4, 84; Ich hab um K–ers wohl | die Nächte durchgewacht. Schlegel Rom. 4, 4; Das zu vollenden ist nichts K–es; Ich habe ein K–es wider dich. Offenb. 2, 14; Weder Großes noch K–es. 4. Mos. 22, 18 etc., gar Nichts; Die Stiefel sind um ein K–es (s. 1e) zu groß; Um ein K–es [beinahe] wäre Alban dazwischen zerquetscht worden. Auerbach D. 4, 82, U. nam. oft bibl.: Um, über ein K–es, in kurzer Zeit, bald. Hiob 32, 33; Ps. 37, 10; Jes. 10, 25; 29, 17; Joh. 14, 19; 16, 16; Über ein K–es | keimet die Blume herauf. Claudius 1, 23 etc. Bei K–em, in k–en Portionen, allmählich: Mische das Mehl bei K–em ein. Rumohr Kochk. 102; Karmarsch 2, 242 etc., vgl.: Da verklag es k. zu k. (s. b). G. 4, 142. Im K–en, s. 1d; Die echte Kraft weiß im K–en groß zu sein. Gotthelf G. 92 etc.; Etwas ins K–e [Kurze] ziehn, bringen etc.; Ein Buchhändler in Groß und K. [en gros und en détail]. Nicolai 1, 171; Bis ins K–ste und Feinste (s. Anm.). Das K. s. II.
b) persönl., z. B. in Bezug auf Würde, Ansehn etc.: Aus dem K–esten (s. Anm.) soll Tausend werden und aus dem Geringsten ein mächtig Volk. Jes. 60, 22; Luk. 9, 48; Wer der K–en einen ärgert. Mark. 9, 42 etc.; ferner von Kindern, wo das Geschlecht geschieden wird: Der, die K–e, sonst: das K–e, auch von Thieren (s. das Junge): Der Größer wird dem K–en [der Altre dem Jüngern] dienen. 1. Mos. 25, 23; Es ist noch überig der K–est [Kleinste, Jüngste]. 1. Sam. 16, 11; Ihr K–stes erst zu butten. Droysen A. 3, 142; Mit welcher Emsigkeit das K–e [das k–e Mädchen] die Backen rieb! G. 14, 41; Die ganz K–en. Gutzkow R. 5, 162; Wer wird künftig deinen K–en [Sohn]lehren | Speere werfen? Sch. 1a; Leoparde füttern ihre Jungen, Raben tischen ihren K–en auf dem Aas. 110a; Das K–e nimmt täglich zu. G. 5, 198; Darauf soll das K–e [das erwartete, noch nicht geborne Kind, dessen Geschlecht also unbekannt ist] sein Wesen treiben etc. FSchlegel Luc. 231. Daran schließt sich flexionslos: Von K. ab, an, auf = vom frühesten Lebensalter an, z. B.: So werden die jungen Hunde, von K. auf, Kannibalen. Forster R. 1, 178; Sie er- innert sich von K. auf etc. G. 19, 172; Liebte von K. an ein Mädchen . . | sie von K. an, bis sie groß war. Talvj 2, 53, seltner: Die sah von Kleinem auf immer einem Affen ähnlicher. Weiße (Adelung), vgl.: Von Jung auf. Rüstow gK. 44. Ungw. aber hochd. außer in dieser Verbind. und als Attribut (s. 1), z. B.: So ein Hirschkalb k. geschnitten [jung kastriert] wird. Flemming J. 92a. Ferner gehört hierher die Verbind.: Groß (s. d. 2d und h) und K., sowohl = Alt und Jung, als auch = Vornehm und Gering: Von Groß und K. respektiert. Sch. 109b; Bei Groß und K. beliebt, auch: bei Großen und K–en etc. Bäcker.: Der K–e, s. Junker 5.
Anm. Ahd. chleini, mhd. kleine, Jenes ursprünglich: glänzend (vgl. ags. clæne, engl. clean, rein), dann, wie auch mhd., zierlich, fein, dünn, woraus sich die schon im Mhd. gw. heutige Bed. entwickelt, während die urspr. sich nur noch in einzelnen meist mundartl. Wendungen erhalten hat, s. nam. Schm.; Zarncke Br. 369bu. II, vgl.: Mit feiner Seide nähich. Simrock Nib. 847, im Urtext: Mit kleinen sîden ich etc.; Mit der Sackpfeif, darauf macht er wunderliche Ding, dann grob, dann k. Weidner 62; Weise Is. 64 etc. So (s. Adelung): K–es [feines] Brot, Garn; k–e Leinwand; k. spinnen; k–er Draht etc., doch hochd. gw. nur noch in der Zsstzg.: haar-k., s. d. und vgl. Kleinod, Kleinschmied, im Ggstz. zum Grobschmied; k. stoßen etc. (3), (zer)kleine(r)n etc. Hochd. ungw. auch: Thu es dann ein k. [ein wenig, s. 1e] ab dem Feuer. Büchsenmeisterei 34; Angebissen | ein K. der ersten Tracht. Uhland V. 478, und in ganz schwzr. Form: Sie sind da noch a kli dumm . . . Auch sind sie ä klili [ein ganz k. wenig] räuher. Kohl A. 2, 33 etc. Ferner z. B.: Wenn der Monat k. ist = bei Abnehmen des Monds. Eppendorf87; Wollen hinfürter das K–er handeln. 9, mehr ins Einzelne eingehend etc. Der Superl.: „kleinest“ oft bei Luther, z. B. 1. Sam. 9, 21 etc., s. o.
Zsstzg. z. B.: Āmeisen-: klein wie eine Ameise (s. d. und vgl. Spr. 30, 25): Ich erscheine mir dann selbst sehr a. und dennoch dehnt sich meine Seele so weltenweit. Heine Reis. 2, 34.
Hāār-: klein, fein [s. Anm.] wie ein Haar, nam. bis auf die kleinsten Umstände, ins Einzelnste eingehend: Etwas h. erzählen, (wieder)sagen, verrathen, vortragen, beichten, bekennen etc. Chamisso 6, 275; G. 224; Grimm M. 248; PHeyse Nov. 79; Heine Reis. 2, 128; L. 12, 213; 446; FMüller F. 111; W. 1, 191; Zschokke 8, 339 etc., auch: Härchen-k. Hagenbach (Echtermeyer 154) etc.
Klímper-: sehr, winzig klein: Sein Verstand war k. B. 49a, klümper-k. Campe; auch: klipper-k. Frommann 5, 188 (vgl. Klapper-, Klipperschulden etc.) und puter-k.
Míttel-: zwischen groß und klein in der Mitte, vgl. mittelgroß: Große, kleine und m–e Nägel. Wínzig-, Wúnder- u. ä. m.