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kämpfen
Kä́mpfen: 1) intr. (haben), mit Anstrengung Einen oder Etwas zu überwinden streben:
Gegen, wider und (mit einer Nüance, s. Anm.) mit Jemand oder Etwas k.; Mit der Dummheit k. Götter selbst vergebens. Sch. 471b; Mit einem Verbündeten gegen einen Feind k.; Mit Entschlossenheit, Muth etc. gegen die andringende Gefahr k.; Mit dem Schwert, mit der Zunge k.; Gegen, wider, mit einander k.; Gegen den Strom k., an-k. etc.; minder gw.: Entfesselt ihr den Sturm gleich, daß er kämpfe | auf Tempel [los- oder einstürmend]. Tieck Makb. 4, 1; Für Einen oder etwas zu Beschirmendes k.; Für Weib und Kind, für das Vaterland, für die Freiheit k. etc.; veralt.: Die sammt mir über dem Evangelio gekämpft haben. Phil. 4, 3; Daß ihr ob dem Glauben kämpfet. Judä 3; Joh. 18, 36 etc.; Um Etwas k., was den Streitpunkt bildet oder was man durch den Kampf erlangen will: In den Kreuzzügen wurde um die Religion, um das heilige Grab gekämpft; Finden sich nun gute Hirsche bei einem Rudel Wildpret zusammen, so k. sie um ihre Braut und Brunft hart miteinander; sie schlagen und k. mit dem Gehörn an und in einander. Döbel 1, 4b; Hier wird von nun an um die Haltbarkeit oder Unhaltbarkeit des newtonischen Systems gekämpft. G. 39, 241; Die zur Finsternis Gebornen werden verwegen um Licht k. Klinger F. 34 etc.; Wie Sonnenblitze, Regenschauer, fahle Lichter und tückische Wolkenschatten an manchem Tage k. Immermann M. 3, 389; Diese k–den Erinnerungen. Kinkel E. 235 etc. Der substant. Infin.: Alsdann ist nicht mehr K–s Zeit. Fischart B. 37a; 1. Thess. 2, 2; Hebr. 12, 4 etc., wofür bei den trans. Zsstzg. auch „Kämpfung“ üblich ist. 2) tr.:
a) Einen Kampf (s. d.) k.; Da kämpften Stolz und Schmerz in Rostem einen Kampf | so heiß. Rückert Rost. 111b; W. 11, 127; Darum kämpft’ ich den vielgehäss’gen Streit. MBeer Arr. 156 etc.
b) tr. und refl., mit Angabe der Wirkung: Des todtgekämpften Bruders [im Kampf getödteten]. G. 12, 186; Das heiße Herz vergisst, | woran sich’s müd’ gekämpft. Meißner Gd. 94; Es kämpft sich selbst in ihrem Dorn | die scheue Rose blutig. Wackernagel (Mager 2, 299); K. Sie sich erst ruhig! [Kommen Sie, sich bekämpfend zur Ruhe]. Waldau N. 1, 43; Den Dichter der Urania, der die Zweifelsucht an Gott so glücklich aus der Mode gekämpft hat. Zelter 6, 424; Den Feind zu Boden [oder nieder-] k. etc. Ugw.: Ihn k. [statt be-k.] wir schon hier. Tieck 2, 131. S.: herum-k.
Anm. S. Kamp, Anm. Gegen und mit Etwas (oder Jemand) k. untersch. sich so, daß „mit“ Das bez., was die Anstrengung des K–den herausfordert, ihn nicht ruhen lässt, womit er es zu thun hat, also immer etwas wirklich gegenwärtig Vorhandnes, ,„gegen“ aber mehr Das, was ihm feindlich entgegentritt und dessen Wirkungen er daher zu bewältigen und zu überwinden strebt, also zuw. auch nur etwas erst künftig Drohendes: Er hat lange mit sich gekämpft, ob er es thun soll; Mit seinem Herzen (Chamisso 4, 134), mit dem Schmerz im Herzen k. (6, 251); Lykurg kämpfte in seiner Gesetzgebung gegen die Verweichlichung [er wollte sie nicht aufkommen lassen] etc.
Zsstzg. z. B.: Áb-:
1) tr.:
a) Einem Etwas a., durch Kampf abnehmen; Die Inseln, die man den falschen Türken abgekämpft. Böttger 8, 232; Indem man der Krone alle wirkliche Macht allmählich abkämpfte. Heine Lut. 1, 14; Reis. 4, 303; Den verlorenen Sohn dem Tode abgekämpft zu sehen. Kompert Pfl. 1, 241; Und kämpfte sie der ganzen Hölle ab. W. 20, 89 etc.
b) Einen, Etwas a., es durch Kampf ab-, wegtreiben: Ich kann dann auch die Gefahren a., die euch bedrohen. Tieck NKr. 2, 256, nam. weidm.: Die stärkern Hirsche kämpfen in der Brunst die schwächern, die alten Auerhähne in der Falz die jungen ab. (Döbel 3, 162; Laube Brev. 234, s. abbeißen).
c) rasch zu Ende kämpfen: Große Gesammtmassen, mit denen sie das Massenduell schnell a. könnten. Volkszeit. 8, 47.
2) refl. [2b], sich matt kämpfen: Krankhaftigkeit einer Epoche, die sich erfolglos abkämpft. Auerbach SchV. 269, s. zer-k. Án- [1]: Gegen Etwas a.; Mit derselben Energie, mit welcher wir gegen die Unterdrückung der Weißen durch Weiße a., be-k. wir auch die Berechtigung der Unterdrückung der Schwarzen durch Weiße. Vogt Köhl. 84 etc. Āūs-:
1) intr. u. tr., zu Ende kämpfen: Kämpfe, längst schon ausgekämpfte. Nhland 133 etc.
2) tr., ausfechten, für Etwas als ritterlicher Kämpfer einstehn: Hatte doch meist die Kraft nicht, die Folgen, die seine entfesselte Wildheit nach sich zog, auszukämpfen. Gutzkow R. 8, 32. Be-, tr.: Einen, Etwas b., dagegen an-k. (s. d.), es zu überwinden, zu besiegen streben, besiegen: Den Feind, die Leidenschaften, den Schmerz b.; Ein Vorurtheil mit allen Waffen des Witzes b.; Deine Brust bekämpft vergebens | das unerwartet ungeheure Wort [strebt, sich seiner Wirkung zu erwehren]. G. 13, 37; Wenn ich ihre Verschwiegenheit | bekämpfte mit des Goldes Gediegenheit. Rückert Mak. 1, 58 etc.; Der Bekämpfer, die Bekämpfung des Vorurtheils etc. I. Dúrch-: 1) tr.: Etwas kämpfend durchmachen; es zu Ende kämpfen, so daß man darüber hinaus gelangt: Hier aber ward ein großes Beispiel durchgekämpft. G. 12, 102; Diese Zustände hatte sie nach und nach durchgekämpft. 22, 344; Wie eine inokulierte Krankheit Man wird sie nicht los, bis sie durchgekämpft ist. 39, 453; Bis alle Kämpfe durchgekämpft die Liebe. Platen 1, 301; 208; Manch blut’ge Seeschlacht hat er durchgekämpft. Uhland 213 etc. 2) refl. [2b], sich kämpfend durchschlagen oder durcharbeiten: Er setzte in die Fluthen und kämpfte sich glücklich durch. Stilling 4, 71; Durch alle Prüfungen mich männlich durchzukämpfen. W. 20, 255 etc. r II. Durch-, tr.: zuw. statt I1: Nimmer mag er seine Schuld bezahlen, | wie viel er auch durchkämpfet und durchblutet. Arndt 589; Jahrelang durchkämpfte Männerarbeit. Körner 133a; V. Il. 18, 453. Empōr-, refl. [2b], sich kämpfend emporarbeiten: Ich kämpfte mich empor und wollte flüchten. Schlegel (Sch. Mus. 112) etc., auch intr. emporringen, -streben: Das Eis brach, er kämpfte empor. JvMüller 24, 216 etc. Entgêgen-, intr.: Einem, einer Sache e., dagegen an-k., es be-k.: Ich kämpfe nicht| entgegen überirdischer Gewalt. B. 170b; Kämpf deinem Schmerz entgegen wie ein Mann. Sch. 576b; Wozu | e. dem süßen Triebe? W. 10, 263; Vergebens kämpft ihr Stolz der stärkern Zärtlichkeit entgegen. 20, 231 etc. Er-, tr.: durch Kampf erwerben: Den königlichen Purpur zu e. Geibel Rod. 12; Die Schlüssel der Weltherrschaft zu e. oder zu erschleichen. Heine Lut. 1, 212; Ihr habt meine Tochter als Ritter erkämpft. Platen 4, 399; Sch. 53b; Mit Mühe erringen und e. Tieck 16, 90 etc.; Nacht, | des unendlichen Glanzes Erkämpferin. WHumboldt 3, 45 etc., s. her- um-k. Fórt-:
1) tr.: weg-k., ab-k. 1b.
2) intr. und tr.: weiter-k.; fortdauernd kämpfen etc.: Wie lang um die Liebe des Paris | schmetternden Kampf fortkämpften die Danaer wider die Barbarn. V. H. 2, 219. Gêgen-: entgegen-, dagegen-k.: Gefühl kämpft gegen und Sitte. 2, 38. Dazu: Ihre tapfern Gegenkämpfer. B. 411b; Kein sehr tauglicher Gegenkämpfer, gegen diesen Demiurgen [Kleon]. W. Att. 2, 1, XIX; Seitdem er als der Gegenkämpfer eines Eupolis die Scene betreten. XX; 2, 3, 68, s. Gegner; Mit-, Wettkämpfer etc. Hêr-, Hín- etc. [2b]: Er kämpft in muthigem Gefechte | sich hin bis zu dem Vater Rhein. LBuchner (Mager Leseb. 2, 306); Ohne eine feste haltbare Gestalt für seinen Sinn herauszukäm- pfen. Klinger F. 3; Dann aber kämpfte sich aufs Neue der Verdruß unbändig hervor. G. 19, 187 etc., auch: Wie viel Leidenschaften sich in mir herum-k. 85, kämpfend sich herumtummeln, sich herumschlagen, vgl. (veralt.): Der sich mit dem Teufel derkämpft. Matthesius Luth. 166b. Mít-, intr. und tr.: Jenen war ich ein Kriegsgenoß .. und ich kämpfte das Meinige mit. V. Il. 1, 271. Dazu: Sein großer Mitkämpfer [Kampf-, Streitgenosse]. Fichte 8, 14; auch (vgl. Gegen-, Wettkämpfer): Mit seinen Mitkämpfern um den Epheukranz wetteifern. W. 34, 249 etc. Nāch-, intr.: Einem n., z. B. dem Vorkämpfer, ihm nacheifernd kämpfen. Dazu: Nachkämpfer (veralt. = Sekundant. Zinkgräf 2, 84). Nīēder-, tr. [2b]: zu Boden kämpfen, durch Kampf nieder- oder unterdrücken etc.: Die Aufregung (OMüller Bürg. 394; Ruge Rev. 2, 304), eine leidenschaftliche Bewegung (Lewald W. 1, 273), eine unangenehme Erinnerung (Hackländer Hdl. 1, 46), Gedanken (Steffens Malk. 1, 205), eine Gefahr (Engel 4, 14), ein Gelüsten (Gutzkow R. 5, 43), die Rebellion (Schlegel Sh. 6, 182), den Zorn (Waldau N. 2, 36) n. etc. I. Um-, tr.: mit Kampf umringen: Da Ilios’ Stadt sie umkämpften. V. Jl. 6, 461; 9, 412. II. Úm-, tr. [2b]: durch Kampf umwerfen (selten). Vōr-, Vorán-: im Kampf vorangehn (räumlich oder zeitlich), nam. auch den Nachfolgenden als Muster dienend. Dazu: Huß, der Vorkämpfer Luthers; Des Heers Vorkämpfer [erster oder Haupt-Kämpfer]. V. Il. 3, 44; Der Vorkämpfer der Freiheit etc. Wétt-: einen Wettkampf kämpfen. Dazu: Wettkämpfer. Zer-, ref. [2b]: stärker als ab-k. (2), sich bis zur Zernichtung, Zerstörungab-k. etc.: Alle Element’ im Streit | z. sich mit zügellosem Grimme. W. 20, 44. Zurück-, refl. [2b]: Er kämpfte sich [schwimmend] an das Ufer zurück. Freytag Soll 1, 430 etc. Zwēī-: einen Zweikampf (s. d.) kämpfen, weitern Umfangs als sich „duellieren“: Ajax und Hektor haben gezweikämpft, doch auch statt„duellieren“: Du sollst nicht zw. Arndt E. 96. Dazu: Zweikämpfer etc.