Faksimile 0626 | Seite 618
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Gras
Grās, n., –es; Gräser; Gräschen, lein, Mz.:
Gräserchen, lein; -: Botan.: allgem. Bez. der Gewächse mit röhrigem, knotigem, meist einfachem Halm, immer ungetheilten und ungestielten Blättern, rispen- oder ährenförmigem Blüthenstand, spelzigen Blumen, meist mit 3, seltner mit 2 Staubgefäßen, Gramina, woran sich in weitrem Sinne auch die ähnlichen Halb- oder Scheingräser, deren Halm ohne Knoten und ausgefüllt ist, etc. schließen. In engrem Sinn aber versteht man im gewöhnlichen Leben unter G., meist als Stoffwort und deßhalb in Ez., mit Ausschluß des Getreides nur die dem Vieh zum Futter dienenden wildwachsenden Grasarten: Gemeines G., Poa pratensis etc.; Im G. weiden; Das Vieh ins G. jagen; G. schneiden; Ins G. gehn [um es zu schneiden]; Sich ins weiche G. legen etc. Oft, nam. bibl. als Bild des rasch Welkenden und Hinfälligen: Ps. 90, 5; 102 12; 37, 2 etc., aber auch des frisch und in Fülle Wachsenden, sich Mehrenden: Hiob 5, 25 etc. Ferner sprchw.: Grün wie G. etc.; Giebt Gott’s Hasel, giebt er auch Grasel. Holtei Lammf. 1, 190; Daß wo ein Häschen ist, auch ein Gräschen ist. Rückert Mak. 2, 173 etc.; Das war für mich gedörrtes G. [werthlos]. G. 12, 195 etc.; Es wächst G. in den Straßen, in einer Stadt. Zimmermann Nat. 43 [es ist öde, kein Verkehr dort]; Gehörte noch der alten Schule, wo man das G. nicht unter den Füßen wachsen, die Kelle nicht an der Pfanne kleben ließ. Gotthelf Sch. 82 [rührte fich rasch und resolut vom Fleck]; Wo er hinschlägt, da wächst kein G. [er fackelt nicht und schlägt derb zu]; Er denkt nimmer dran, was er einmal verübt hat und meint, es sei schon lange G. dar- über gewachsen [vergessen]. Hebel 3, 69; Es giebt Unthaten, über welche kein G. wächst. 71; Höfer V. 155; Immer- mann M. 4, 46 u. o.; Ihr hörtet das Gräschen fast wachsen, sagt man [ihr seid klüger, seht Mehr, als ein Mensch vermag]. B. 66a; Börne 1, 12; 196; Wie manchen Bauer, der gemeint, er sehe das G. wachsen und höre die Flöhe husten, sie angeschmiert. Gotthelf U. 2, 31; vHorn Schmj. 36 etc. (vgl. Humboldt K. 1, 155). Ins G. beißen (s. d. 9), sterben; Das wird ihm bekommen, wie dem Hund das G. [übel] etc.
Anm. Goth., ahd., mhd. gras, vgl. lat. gramen, nach Einigen eines Stammes mit Grün (s. d.) als das „Wachsende“. Veralt. u. mundartl. Bedd.: bürgerliche Haft, Gefängnis. Frisch 1, 367, so auch Grashaus. In Ostfriesland: ein Wiesenmaß von 300 Q.-Ruthen. Ferner: Weiderecht; Weide oder Futter für eine Kuh etc. auf der Alp; Unkraut im Acker; das Frühjahr, wo man erst grünes Gras zum Futter hat, Ggstz. Heu: Zeit des Heuens; Mz. Grasen, in der deutschen Karte = Laub (s. 2); verkl. Grasel, Gräslein = Rothhänfling, Flachsfink. S. Schm.; Stalder etc. Als Bstw. ausnahmsweise Grase- neben Grasmücke.
Zsstzg. zur Bez. der versch. Arten, wie z. B. Acker- G., Anthoxanthum odoratum; Cerastium arvense; Panicum dactylon; Adel-G., Plantago alpina; Ader- G., Liesch; Band-G., Phalaris picta; Carex arenaria und hundert andre, über die man in botan. Werken Auskunft zu suchen hat, s. Oken Reg. 166 etc. Ferner z. B. Álp-G., das auf der Alp zur Viehweide, Ggstz.: Heim-G.; Futter-G., zum Viehfutter dienend oder besonders passend; Nach-G., das auf schon einmal abgemähten Wiesen nachwachsende (s. Grummet) u. ä. m.