Faksimile 0059 | Seite 51
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Ast
Āst, m., –es; Äste; Ästchen, lein; -:
1) starker, dicker Zweig eines Baums: Daß der Orangenbaum sich bald über der Wurzel in Zweige trennt, die mit der Zeit zu entschiedenen Ästen werden. G. 23, 375; Ein junger Zweig verbindet sich mit einem alten Stamme gar leicht und gern, an den kein erwachsener Ast mehr anzufügen ist. 15, 224 etc. Dagegen Ästchen, ein kleiner Zweig: Ein Zweig lässt sich nicht kappen, höchstens könnte man ein vom Sturm herabgerissenes Ästchen auflesen. Burmeister gB. 2, 204; Kirschen und warf ein Ästchen herab. Stilling 1, 144 etc. Doch findet sich auch ohne Verkl., da der Begriff der Stärke und Dicke ein bezüglicher ist, A. und Zweig oft ungenau gebraucht, ja mit einander vertauscht, wie z. B. nach Nemnich A. als Unterabtheilung des Zweigs gilt (s. auch 2): Abgestorbner, dürrer, saftloser, todter, welker A., Ggstz.: Frischer, grüner, lebendiger, saftreicher A., auch bildl. jener als der keinen festen Anhalt und keine Frucht gewährende, dieser umgekehrt: Daß auch Einer, den die Welt nicht | auf den grünen Zweig gesetzt hat, | lerchenfröhlich und gesund doch | von dem dürren A. sein Lied singt. Scheffel Tr. 12; Wirthen und Krämern auf dem dürren A. Gotthelf Sch. 323; Sei dieser Nahrungszweig vor der Hand Nichts als ein dürrer A. Musäus M. 4, 20 etc. Ferner sprchw.: Sich aus den Ästen [aus dem Staub] machen. König Kl. 3, 174, hergenommen von den Obstdieben; Zu oberst in den Ästen hängen [Nicht Viel besitzen]. Gotthelf G. 276, die unten hängenden Früchte erreicht man zuerst; wer oben in den Asten hängt, hat nur noch wenige, die letzten etc. 2) übertr. (vgl. 3; Baum 3; Stammbaum etc.): Wir Menschen wollen wachsen, da hin- auf und dort hinaus die Äste und die Zweige breiten. Hälderlin H. 1, 67 etc.; Vier Söhne rafft dieser Zwist mir fort, | .. Der alte Stamm, der Äste bar, verdorrt. Chamisso 4, 135; 3, 77; Die väterliche Stammen tragen sechzehn Äst oder Ahnen. Fischart B. 227a; Sie, der letzte Zweig ihres A–es. G. 19, 108 etc., umgekehrt (vgl. 1): Geschlecht, welches sich in folgende Linien, Zweige, Äste und Nebenäste spaltet. Immermann M. 1, 101 etc. 3) (s. 2) überh. übertr. auf Theile eines als Stamm angesehnen Ganzen, aus welchem sie hervorsprossen, oft mit weitrer Verzweigung, vgl. Arm (6), das aber den hervorragenden Theil nicht als organisch von innen herausgewachsnen, sondern nur als mit dem Ganzen zusammenhängenden, oft äußerlich angefügten bez., z. B. Arm (nicht A.) eines Wegweisers etc.: Wo ihre [der griechischen Poesie] ganze Masse sich in mehrere genau bestimmte Richtungen gleichsam ebensoviele Äste eines gemeinschaftlichen Stammes spaltete. FSchlegel Gr. 119 etc.: Äste eines Flusses (G. 25, 24), eines Gebirgs, des Unterkiefers, eines Darms, der Nerven, eines Geweihs etc.; In den zierlichen Locken und Ästen des Silbers. Novalis 1, 84. S. Zsstzg. 4) Auswuchs am menschlichen Körper, Höcker, Buckel, (vgl. V. 2, 69): Einen Ast haben; Sich einen A. lachen. 5) Stelle im Holz, wo ein Ast gesessen: Ein Brett voller Äste; Auf einen harten A. gehört ein harter Keil (Sprchw.), Widerspenstigkeit macht harte Behandlung nöthig etc.
Anm. Goth. asts u. gr. ́ος, vgl. Art. I. Mz. auch Äster. Döbel 1, 36a; Fleming Gd. 149 etc.; Öste. Eppendorf 96 etc. Nbnf.: Nast. Spee Trutzn. 37; Uhland V. 45 ff.; vgl. Knast, das mit Knorren zusammenhängt. Als Bstw. zuw.: Äste-los, -förmig, -zerbrochen etc.
Zsstzg. unerschöpflich, nam. zu 1) z.B.: Baum(es)-A. Heine Rom. 85; Kühne Ch. 1, 284; Burbaum-, Dornen-, Eichen-, Linden-, Nußbaum-, Pinien-, Tannen-A. etc., ferner z. B.: Áb-: gewöhnl. Mz.: Abgang beim Fällen der Bäume an Astholz. Bérg- [3]: Ein vereinzelter B. tritt aus dem festen Stamme dieser Berge heraus. Hettner gR. 264; G. 12, 205 etc.
Blǖthen-: Blüthen tragender. Nhland 6 etc.
Fīēder-: gefiederter, federförmiger. Burmeiser Gsch. 471.
Frúcht-: fruchttragender, Ggstz. Blüthen-A. Jp. 1, XXXIX.
Gābel-: gabelförmiger. Kohl I. 1, 208.
Hāūpt-: im Ggstz. der Nebenäste, eig. u. übertr., s. Holz-A.
Hérz-: aus dem Herzen (s. d.) der Pflanze hervorkommend, eig. u. übertr.: Vom geknickten H–e. König Kl. 3, 110. 7* Hólz-: Haupt-A., woraus die Fruchtäste etc. entspringen.
Lāūb-: belaubter. Rückert N. 109.
Māser-: s. Maserholz. Immermknn M. 3, 175.
Nādel-: Ggstz. Laub-A., von Nadelbäumen.
Nêben-: Ggstz. von Haupt-A. [s. 2], nam. auch Wasser-A. Nérven- [3]. Auerbach Dicht. 1, 94. Quêr- [3]: Theil des Schambeins. Sēīten- [3]: Darm, der oft Seiten- äste abgiebt. Burmeister Gsch. 382; Wo die Seitenäste dem Gebirgsstock näher treten. Kohl A. 2, 116.
Trēīb-: der gegen einen andern Ast anwächst und ihn aus seiner gehörigen Richtung treibt.
Wásser-: falscher Ast an Obstbäumen, d. h. nicht aus dem Schnitt des vorigen Jahres, sondern aus dem alten Holz in Folge überschüssigen Safts aufschießender unfruchtbarer Ast.
Wúrzel-: Jp. 21, 151.
Zūg-: Āste, die man einem gepfropften Baum hie und da lässt, damit der Saft nicht die Pfropfreiser erstickt u. ä. m.