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Kessel
Kéſſel, m., –s; uv.; –chen, –ein; -: 1) ein tie-
fes Metallgefäß, mehr oder minder in der Form einer
hohlen Halbkugel, ohne Füße, Waſſer ꝛc. darin zu ver-
ſchiednen Zwecken zum Sieden zu bringen: Den K. auf
den Dreifuß, übers Feuer ſetzen, ſtellen; übers Feuer hängen
(ſ. Hänge-K.); einmauern (ſ. Mauer-K.); Kartoffeln,
Fiſche im K. kochen; Heiß, wie’s aus dem K. kommt ꝛc.
Sprchw.: Schmauſen, wie’s der K. [vgl. Kelle 1] giebt.
V. 4, 134; Alles in einen K. werfen. W. 33, 388, über
einen Kamm (ſ. d. 1) ſcheren; Sich an den alten K.
reiben [ſich rußig machen, ſich blamieren]. Luther 8, 5b;
Hüt dich vor kleinen Keſſeln, ſie haben Ohren [ſ. d.], hüt
dich vor Kindern ꝛc. Weidner 266. Zuw. als das Haupt-
geräth = „Brauerei“, ferner: Die Freiheit, Brandewein
zu brennen . . Bisher ſind vielleicht 200 K. [Brennereien]
im Lande geweſen. Möſer Ph. 2, 51. 2) bildl., von
einem tiefen Raum (ſ. 3), in dem es brodelt, qualmt,
wogt ꝛc. wie in einem K. [1]: O brodenvoller K., o
Raum der Sklavenbrigk. Freiligrath 1, 42; Dein K., broden-
volle Stadt, liegt dampfend unter mir. Schwab 57; Die Höhe
. ., von der .. unſer Fuhrwerk in den K. einer rußigen Stadt
rollte. Thümmel 5, 13; Während tief unten in den K–n der
Klammen Nebel kochen und gären, brodeln und aufflattern.
Waldau N. 1, 7 ꝛc. 3) keſſelförmige Vertiefungen oder
Räume, z. B.: a) ein Baſſin, Waſſerbecken: K. eines
Springbrunnens; Die dem K. des ägäiſchen Meeres angehö-
renden Länder. Stuhr Rel. 8, ſ. f u. g. b) Artill.:
der hohle Raum (Lauf) des Mörſers bis zur Kammer.
c) Bauk.: der keſſel- oder glockenförmige, von den
Blättern bedeckte Kern der röm. und korinth. Kapitä-
ler. d) Bergb.: eine Vertiefung im Erdboden,
beſ. inſofern ſie durch einen Erdfall entſtanden: „Der
Boden keſſelt ſich (aus)“; ferner: bei Göpeln ein tiefes
ausgezimmertes Loch für den Klotz, worauf die Spin-
del in ihrer Pfanne ſteht und dieſe Pfanne ſelbſt.
e) Feſtungsb.: der leere Raum zwiſchen Facen und
Flanken einer „hohlen“ Baſtion, zur Aufſtellung von
Kanonen; ferner: Bombenbattrie, ein gw. eingegrab-
ner und mit Bettungen für Mörſer verſehner Ort.
f) Fiſch.: ein tiefes Loch in einem Teich (als Fiſch-
lager). Lenz Nat. 3, 70, und ſo auch ſonſt: Der See ..
hat nirgends ſolche plötzliche unergründliche Abſtürze, K. und
Löcher. Kohl A. 2, 406. g) Geogr. ꝛc.: von Ber-
gen oder Gebirgen umſchloßne tiefliegende Gegenden,
die vor dem Durchbruch der Flüſſe durch die Berge
Seen oder Waſſerbecken waren (ſ. a): Auf den Höhen des
amphitheatraliſchen K–s. G. 4, 293; Der K., worin dieſe
Stadt liegt. 26, 15; In dem K. (wenn man das Land ſo
nennen will, worin Marienbad liegt). 40, 240; Von Thä-
lern, Gründen, K–n, Mulden ꝛc. Jahn M. 167; Die Ge-
birge, welche den böhmiſchen Elb-K. umgeben. Raumer Päd.
3, 1, 134, nach dem Namen des Hauptfluſſes, ferner:
Berg-, Gebirgs-K. h) Gärtn.: gegrabne Vertiefun-
gen für Fechſer von Spargelpflanzen ꝛc. Landwirthſch.
Ztg. (55) 469a ꝛc. i) Kalkbr., der innre Theil des
Kalkofens über dem Aſchenherd. k) Kriegsk.: K.,
Pickelhaube. 1) Schiff., Waſſerb.: eine tiefe
Krümmung am Ufer eines Waſſers: Bis wir um die
Ecke in den K. fahren konnten. Olearius Reiſ. 4b. m)
weidm.: die Vertiefung, worin ein Rudel wilde
Sauen gelegen (ſ. keſſeln 2a); ferner: der Haupttheil
des Dachsbaus, wohin die Röhren führen; ferner: ein
runder Platz, in den das Wild eingeſtellt und zuſam-
mengetrieben wird, ſ. Keſſeljagd.
Anm. Goth. katils, ahd. chezil, mhd. kezzel, aus
catillus, Verkl. von catinus, dem ahd. chezzi(n), mhd.
kezi entſpricht und ſo noch ſchwzr., ſ. Stalder.
Zſſtzg. vielfach, z. B. zu 1 nach dem Stoff: Kupfer-,
Meſſing-K., ferner nach Dem, wozu der K. benutzt wird
ꝛc., ſ. 3g, z. B.: Bāde-. Bérg- [3g].
Blēī-: (Kattundr.) ein inwendig mit Bleiplatten
ausgeſchlagner Zuber. Bómben- [3e]: Steht’s
[das Lager] auf dem Felſen felſenfeſt, | mit B–n ſiegt’s.
Gleim 4, 168. Brāū-. Brūt-: (veralt.) zum
Sieden (ſ. Brühen ꝛc.). Fiſchart B. 120a u. o.
Dáchs- [3m]: auch übertr. wie „Bau“, ſichrer Auf-
enthalt ꝛc. IP. 20, 55. Dámpf-: worin der Dampf
für die Dampfmaſchine erzeugt wird: D. von hohem, von
niederm Druck ꝛc. Eīs-: ſ. Kühl-K. Erd- [3g]:
Ein tiefer faſt zirkelrunder E., vom klarſten .. Quellwaſſer
gefüllt. G. 40, 30. Erhéll(ungs)-: in Zucker-
ſied., ſ. „erhellen“. Fä́ll-: zum Fällen oder
Niederſchlagen der in einem flüſſigen Körper aufgelöſten
Erze ꝛc. Fárbe-: Die Küpen oder F. Forſter A. 1,
308; Färbe-K. Lewald Ferd. 2, 108. Féld-: kleiner
Keſſel, wie ihn die Soldaten zu Felde zum Kochen ha-
ben. Fíſch-: 1) zum Kochen von Fiſchen. 2)
[3f]. Gebirgs- [3g]. Gīēß-: eiſerner Keſſel
zum Schmelzen von Mctall, nam. für Orgelpfeifen.
Hänge-: an einem Haken übers Feuer zu hängen.
Héren-: z. B.: In ſich zu brodeln wie ein H. Moſen Ah.
134; Der H. in Shakeſpear’s Makbeth. Hílfs-: zur
Aushilfe dienend. Karmarſch 2, 577. Káffe-: zum
Kochen des Kaffes. Kámm-: der Wollkämmer, die
Kämme darüber zu wärmen, Kammtopf. Klǟr-:
(Zuckerſied.) Klärpfanne, ſ. klären. Klátſch-:
(Zuckerſied.) die fünfte Siedepfanne. Adelung, vgl. Kar-
marſch 3, 703. Kǖhl-: der zum Kühlhalten von
Getränken dient, nam. mit Eis gefüllt, Eis-K.: Friſches
Waſſer in einem K. bringen. G. 28, 188. Lǟūī-
ter(ungs)-: zum Läutern, z. B. des Schwefels, des
Zuckers (ſ. Klär-K.) ꝛc. Māūer-: eingemauerter
Keſſel. Mílch-. Mörſer-: ſ. Bomben-K.
Opfer-. Péch-. Púmpen-: ein ſiebartig
durchlöcherter Keſſel, in den zuw., nam. auf Schiffen
das Saugrohr der Pumpe geſtellt wird, damit keine
Unreinigkeit hinein komme. Schínken-: zum Ab-
kochen der geräucherten Schinken, oft mit drei Füßen.
Schmélz-: Mauer-K. zum Schmelzen, z. B. des
Wachſes, in Gießereien zum Schmelzen der leichtflüſſi-
gern Metalle. Karmarſch 2, 100. Schwénk-: 1)
Spül-K., ein flacherer Keſſel zum Ausſchwenken oder
Ausſpülen der Trinkgeſchirre: Unter Bechern und Sch–n.
L. 6, 543. 2) ein hin- und hergeſchwenkter Keſſel,
z. B. bei den Konditoren ein zum Überzuckern von
Früchten dienender, der an einem Seil über einem
Windofen ſo hin- und herbewegt wird. Sīēde-:
worin Etwas geſotten wird. Karmarſch 2, 577.
Spítz-: Keſſel ohne umgelegten Rand. Spül-:
Schwenk-K. 1. Stōv-: (Schiff.) = Kochflott
(ſ. d.). Thēē-: 1) ein kleiner Keſſel, heißes Waſſer
zu machen, wie er zur Theebereitung ꝛc. üblich iſt, aus
der halben faſt zur ganzen Kugel erweitert, oben mit
einem Deckel, ferner mit einer Röhre zum Ausgießen
des Waſſers und einem Bügel als Handhabe: Man
wirft den Engländern vor, daß ſie ihren Th. überall mit-
führen. G. 30, 44 ꝛc. 2) übertr., Bez. eines Dumm-
kopfs, mit dem ſich Nichts anfangen läſſt: Wär ich nicht
ein Th. geblieben. Holtei Jahr. 2, 287; Immermann 12,
216 ꝛc., vgl.: Th.-Klicke, die vornehme Damenwelt. Voll-
mann. Wálk-: (Hutmach.) zum Eintauchen des zu
walkenden Filzes. Wáſch-: großer Mauer-K., wie
er zur Wäſche dient. Wáſſer-: im Ggſtz. zu
Milch-K. ꝛc., aber auch [3a]: In den kleinen Tümpeln
und W–n. Kohl A. 2, 308. Wēīh-: Weihwaſſer-
K. Heine Lut. 2, 229. Wēīhrauch-: mit durch-
brochnem Deckel, zum Räuchern und übertr.: Er hätte
ſogar ein Lump ſein können, ſo würde ihn dennoch der W.
des officiellen Lobes ſattſam eingequalmt haben. 201; Hat
mit dem Dampf von ſeinem W., den er dem alten Kunſtdeſpoten
unter der Naſe herumſchwenkte .., den Leuten das Gehirn
benebelt. Heinſe A. 1, 267. Wēīhwaſſer-: Mit dem
Wedel aus dem W. beſpritzt. Bettine 1, 231. Wēīn-:
In ſeinen weiten W. und Bierſtiefel ſchütten. Fiſchart B. 174,
ſcherzh. vom Bauch des Zechers. Wínd-: bei
Pumpwerken, nam. bei Spritzen, ein dichtes Metall-
gefäß, worin Luft abgeſperrt wird zur Regelung des
auszutreibenden Waſſers. Karmarſch 1, 766; 2, 909,
auch „Windhoſe“ u. ä. m.