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Hader
Hāder: 1) m., –n; –n; Häderlein, chen; -, –n-:
ein abgerißnes Stück Zeug, Lappen, Lumpen (ſ. d.):
Papier wird aus H–n bereitet (vgl. Stratze); Sie griff ..
nach einem naſſen H–n. Blumauer 2, 183; In ſchlechten H–n
ſaß ein Weib. Freiligrath Pol. 1, 24, und wortſpielend
(ſ. d.): „Darf man mit H–n vorm Richter ſtehn?“ | Nicht
jeder Arme kann in reichen Kleidern gehn. Rückert Mak. 2,
55; Luther SW. 61, 125 ꝛc. So: Fege-, Scheuer-,
Wiſch-H.; Küchen-H.; Fuß- oder Schuh.H., zum Rein-
wiſchen der Fußbekleidung; Streich-H., der Schuſter,
zum Glattſtreichen des Pechdrahts ꝛc. (ſ. Schm.).
Auch übertr. auf Perſ.: Gar kein Kerl! ein Lump (ſ. d.)
iſt er, ein Hadder! Zelter 4, 380; Jemandes Fuß-H. ſein
[woran er ſozuſagen die Füße wiſcht]; Fort du Wiſch-
H.! du Bagage! du Schlampalie. Schlegel Sh. 6, 225.
2) m., –s; uv.: Zwiſt und Streit: Haß erreget H. Spr.
10, 12; H. anrichten zwiſchen Brüdern. 6, 19 u. o.; Die
lleinen H., die wohl einmal entſtanden wären, hätten ſich bei-
legen laſſen. Arndt E. 256; Drob ſuchte der Kaiſer am Pfäff-
lein oft H. [ihm Etwas am Zeug zu flicken]. B. 66a;
Daß dieſer H. nicht . . | zwiſchen dir und mir zu größerem
Zwiſte gedeihe. 212b (ebenſo V. Jl. 4, 37); H. über
Mein und Dein. Fallmerayer Or. 2, 33; Daraus entſtand nun
bald Unwille, H. und Streit. G. 19, 63; Jeglichen Zwiſt
verſtanden ſie in Entzweiung, jeglichen H. in Haß .. zu ver-
künſteln. Jahn M. 62; Laſſt allen Groll und H. jetzo ſchwin-
den. Sch. 457b; Der Mann | will ſeinen Haß .., doch eu-
res H–s Urſprung ſteigt hinauf | in unverſtänd’ger Kindheit
frühe Zeit. 492b ꝛc. Einen kleinen Haus-H. zu beſtehen.
Heine Sal. 1, XIV; Perſonen-H. Lut. 1, 295 ꝛc.
Anm. Schon mhd. in beiden Bedeutungen, ſ. Benecke
1, 609a (ahd. hadara 1), wonach 2 als Figur von 1 er-
ſcheint (vgl. Zwiſt, Entzweien ꝛc.), obgleich Manche einen an-
dern Stamm annehmen, vgl. Haß. Nbnf. in beiden Bed.
Hadder, ſo nam. bei Luther, z. B.: Die Hadder und Zwie-
tracht. 5, 360b; 176a; 6, 129b ꝛc. Vgl. plattd. und
ſchwzr.: (Ver)häddern, verfitzen, verwirren, ſchwzr. Hu-
dern: Da man ſich denn [difputierend] verhädderte. Zelter
3, 364; Der Direktor hadderte hin und her. 365 ꝛc.; Sie
verheddern ſich nur [in der Liebe]. Willkomm Banko 2, 373;
Häkelein und Heddereien. Goltz 3, 106. S. auch Hede,
Anm., und Hoddel. Luther 6, 324a (= Zottel?). Mhd.
Nbnf. zu 2: hadel, vgl. Hudel. Mundartl. auch: Der H.
ein aus dem Schwaden zuſammengerechter Heuhaufen, und
dazu: Hadern: das Heu ſo zuſammenharken.