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fesseln
Féſſeln, tr.: eig.: Einem Feſſeln anlegen, z. B.:
Einen Falken, ein weidendes Pferd f. [mit einem Strick,
daß es nicht entlaufe], einen Gefangnen f. ꝛc.; übertr.:
Einen, ſein Herz, ſeinen Geiſt, ſeine Aufmerkſamkeit f., ihnen
die freie Bewegung, die ſich ſelbſt beſtimmende Äuß-
rung der Thätigkeit (auf eine Zeit) rauben, nam. ſie
anziehn und feſthalten, ſo beſchäftigen, daß ſie nicht
los können: Fremde Beſchränkung feſſelt den Geiſt, die eigne
lähmt ihn. Börne 2, 114; 1, 248; Ich hatte ihre ganze
Phantaſie an mich gefeſſelt. Chamiſſo 4, 270; Schlaf, | der
den Jüngling mächtig feſſelt. G. 2, 77; Der Anblick dieſer
Schönen, | hat mich, wie keiner je, gefeſſelt. 8, 21; Vielleicht
iſt mir die frohe Rückkehr nah | und ich . . hätte mich hier
gefeſſelt! 13, 20; Ein .. Weib | hält jenes blutige Geſetz
gefeſſelt. 32; Zuvörderſt löſ’ ich in des Fürſten Namen | das
ſchwache Band. das dich zu f. ſchien. 192; Mit dir verlor ich
Alles, was mich an das Leben feſſelte. 17, 236; Das ge-
feſſelte Zutrauen. 26, 205; Den Monarchen feſſelte es [ein
gewiſſes Etwas] an ihn. Gutzkow R. 9, 93; Schallt der
Hymnos der Erinnyen ſeelen-f–d. WHumboldt 3, 100; 1,
298; „Halt!“ und Regimenter feſſelt das ſtarre Kommando.
Sch. 7a; Die verrätheriſche Freundſchaftskette zu brechen,
welche die Rothen mit den Weißen nicht verband, ſondern ſie
feſſelte an dieſe. Sealsfield Leg. 1, 72; Kraft ungefeſſel-
ter Menſchheit. V. 3, 32; Dann müſſen ſie ſtärker in meh-
rere Bande dich f. Od. 12, 55; Von ſanftem Schlummer ge-
feſſelt. 15, 6. Geféſſelt, a.: ſ. Feſſel 2a.
Anm. Dazu: Féſſ(e)ler, m., –s; uv. ꝛc., z. B.;
Herzens-F–in. H. 9, 247; Sch. 10b; 27a. Féſſ(e)-
lung, f.; –en: Auf F. des menſchlichen Geiſtes abgeſehen.
Schlegel Mißd. 108; Immermann M. 3, 170 ꝛc.
Zſſtzg. z. B.: Áb-: die Feſſeln abnehmen, los-f.
Än-: feſſelnd an Etwas befeſtigen: Die angefeſſelten
Hunde. Gutzkow R. 2, 165; Ramler F. 1, 21; Angefeſſelt
bei den Beinen, hockten ſie. Heine Rom. 137; Angefeſſelt
hält mich deine Locke. Platen 2, 36; Zwar feſſelt manche
Pflicht an dich mich an. 3, 274; Stilling l, 81 ꝛc. Be-:
Sollen die Bilder .. deine Sinne völlig b. FrMüller Fauſt
162; Nicht nur Gaben ſind es, die b. Schefer Laienb. 77;
Hält uns doch eher kein Schläfchen befeſſelt. Wiedemann Jun.
69. Eīn-: in Feſſeln legen ꝛc.: [Die Fahne|, jetzt
der rauhen Winde Spiel, | jetzt eingefeſſelt. H. 9, 113;
Günther 655. Ent -: von den Feſſeln befreien: Den
Gebundnen zu e. Forſter Br. 1, 323; Entfeſſelt die gebund-
nen Triebe. G. 6, 381; [Berge], von meines Winkes All-
gewalt | entfeſſelt, küſſen Thal und Triften. Sch. 17b: 24a;
Der Krieg, auf Augenblicke nur gebändigt, ... um ... mit
neuer Wuth ſich zu e. 492a; Im entfeſſelten Haar. Prutz
Woch. 53; Den entfeſſelten Gluthſtrom in eine feſte Form
zu bannen. Stahr Rep. 2, 254; W. 20, 5 ꝛc. Lōs-:
ab-, ent-f.: In aller Ausgelaſſenheit eines losgefeſſelten
orientaliſchen Harems. Böttiger Sab. 225; Die losgefeſſelte
Gluth deines wilden Herzens. Kinkel Erz. 370. Um-:
feſſelnd umſchlingen: Das Band, das ſie umfeſſelt, will ich
ſprengen. Beer Arr. 76; Himmel, | der mit ſtarrendem Eis
die traurigen Fluren umfeſſelt. Knebel 1, 14. Ver-:
feſſeln: Ihr Blick verfeſſelt mich. H. 8, 367 ꝛc.