Faksimile 0443 | Seite 435
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Fessel
Féſſel, f.; –n; m. (n.), –s; uv.; -: 1) Bande
(ſ. Band 8), als das Feſthaltende, die freie Bewegung
Hemmende, nam. von gefangnen Perſonen, eig. und
übertr.; doch tragen z. B. auch die Jäger das Hüft-
horn an einer F. (der ſogen. Horn-F.); ferner heißt
der dem Falken um die Füße gelegte Lederriem F. (auch
Kurz- oder Wurf-F., welcheſelbſt wieder an die Lang-F.
befeſtigt iſt) ꝛc.: Ihre Könige zu binden mit Ketten und ihre
Edlen mit eiſernen F–n. Pſ. 149, 8; Nah. 3, 10; Ergieb
deine Füße in ihre [der Weisheit] F. . .. Ihre F–n werden
dir ein ſtarker Schirm werden. Sir. 6, 25 ff.; Wo .. der Ge-
ſchichte Strom | die ſtarren langgehegten Eiſes-F–n ſprengt.
Chamiſo 3, 365; Das Nöthige zu Löſung dieſer F–n [Geld-
verlegenheit]. Forſter Br. 1, 247; Laſſt mich vergeſſen, daß
auch hier die Welt | ſo manch Geſchöpf in Erde-F–n [irdi-
ſchen F.] hält. G. 2, 28; Hielte dich nicht Freundſchaft
mit Blumen-F–n an mir. 38; W. 3, 81; Die Perlen-
F–n [Bänder] um die Hand. Gotter 1, 13; Wann ſein ekel
Herz nicht güldne Feſſel halten. Haller 124; Meine Arme, in
die ich dich nur als in leichte Bande und nie als in ſchwere F–n
ſchloß. L. Sampſ. 2, 3; Ich beſchwör’ | euch bei den erſten
Banden der Natur, | zieht ihnen ſpätre F–n doch nicht vor.
Nath. 3, 9; Wagt ſich die feige Fauſt ſelbſt an den F. nicht?
L. 3, 347; Herr der Natur, die deine [des Menſchen] F–n
liebt. Sch. 22b; Die F. klemmt der Jungfrau zarte Hände.
33a; Furchtbar wird die Himmelskraft, | wenn ſie der F.
ſich entrafft. 78b; Du biſt an mich | geknüpft mit jedem zar-
ten Seelenbande, | mit jeder heil’gen F. der Natur, | die
Menſchen an einander ketten kann. 384a; 76b; Die F. ſtrengt
ihr an? Vergebens! V. 3, 177; 83; Die Sklaven-F. klirrt
in das Eigenlob. 8; Wer iſt, der ihn [den Wind] in F–n
ſchloß? W. 11, 157; Als ob .. ihr Buſen ſich in ſeinen F–n
dehne. 3, 33; 8, 195 ꝛc.; Arm-, Bein-, Fuß-F–n ꝛc.
2) bei Thieren, nam. Pferden, der Theil, dem das ſog.
F.-Bein (unterhalb des Schienbeins und oberhalb des
Kronbeins) zu Grunde liegt: Wiederkäuer haben in jedem
Fuße 2, Schweine 4, Hunde und Katzen 5 F.-Beine. Falke
Thierarzn. 1, 278b (als m.). Daher wortſpielend in
einem Räthſel von Pferden: Begehrſt du ſie friſch, kräf-
tig, froh und frei, | ſo ſchneide ihre F–n nicht entzwei. Gude
Leſeb. 2, 414 ꝛc. a) dazu: Gefeſſelt, a., gew. in
Zſſtzg.: Das Pferd iſt hoch- oder niedrig-, lang- oder
kurz-g., hoch-feſſ(e)lig ꝛc., aber zuw. auch allein =
weiß-g., ein Pferd, wenn ein weißes Abzeichen bis zur
F. aufwärts ſteigt.
Anm. Ahd.fez()era (fem.), feil (masc.), zum
Stamm „faſſen“, vgl.: In Ketten und „Gefäſſeren“ ver-
wahrt. Eppendorf 21. Heute überwiegt das fem., doch
ſ. o. Haller und L., ferner; Zum F. Spr. 7, 22; ferner: Das
Horn-F. Döbel 3, 108a; Die Kurz- und Wurf-F. (pl.) 2,
119a. Die Bed. 2 erklärt man als den Theil des Fußes,
woran die Feſſel gelegt wird.