breiten
Über-Breiten
Un-Breiten
Brēīten, tr. und refl.: breit machen; auf, über
einen großen Raum allſeitig ausdehnen. Eigentl.:
Das Gedehnte, Ausgedehnte wird dünn und lang; das Ge-
breitete wird platt und breit; Eiſen wird zu Draht gedehnt,
unterm Zainhammer zu Blech gebreitet; 22 Faden von Hanf
b. ſich ſo gut [haben dieſelbe Breite] als 24 von Flachs.
Möſer Osn. 1, 105; Ein Tuch wird gedehnt, ausgereckt und
dadurch länger, ein zuſammengelegtes Tuch wird über, auf
den Tiſch gebreitet; Eine Decke ꝛc. über, auf, um Etwas b.;
Daß reicher Teppich ſich unten, oben ſich | der goldnen Decke
Wölbung breitete. G. 13, 275; Breitet ſeine Wolken davor.
Hiob 26, 9; IP. 7, 164; Gras, Heu, Flachs, Miſt b., aus-
einanderlegen; Die Beleuchtung breitet das Ganze ausein-
ander. Heinſe A. 1, 25; Aus Kreta ..., dem langgebreiteten
Eiland. V. Od. 14, 199; Die Arme b. nach Etwas. Sch.
49b; um Etwas. Tieck Acc. 2, 23; Die Hände b. [aus-
ſtrecken]. 2. Moſ. 9, 33; Die Flügel b. Hiob 39, 26; Mit
gebreiteten Schulterflügeln. V. Myth. 1, 125; Breite deine
Güte über Die ꝛc. Pſ. 36, 11; Er [ver]breitet einen Biſam-
geruch über das ganze Parterre. Sch. 186a; Da hinauf und
dort hinaus die Zweige b. Hölderlin H. 1, 67; Um dieſe brei-
teten ein duft’ges Zelt | die dichten Reihen hoher Linden-
bäume. Chamiſſo 4, 28; Der Baum breitet ſich über das
ganze Land. Danzel 4, 17; Wird er [mein Stamm, Ge-
ſchlecht] ſich herrlich b., wie er angefangen? Sch. 469b. —
Schäumende Weine ... b. zu Seeen | ſich. G. 11, 61; Daß
nahe bei dem Flecken ..., ein kleiner See ſich breitet. Laube
Band. 1, 113. — Wie die Sonne ihre Strahlen um ſich
breitet. Claudius 5, 38; [Du, Mond,] breiteſt über mein
Gefild | lindernd deinen Blick. G. 1, 80. — Ein von hohen
Linden umſchatteter Platz breitete ſich würdig als Vorhalle.
18, 53 ꝛc. — Dazu: Breitung, f.; –en, z. B.: Die
B. des Fluſſes ꝛc. (vgl. Breitling); häufiger von den
Zſſtzg., ſ. Aus-, Ver- ꝛc.
Anm. S. ſpreiten und breitern. In der heutigen Proſa
ſind die Zſſtzg. „aus-“ und „ver-b.“ (ſ. d.) üblicher. So
würde es, wie Adelung richtig bemerkt, bei Opitz Pſ. 145:
„Dein Reich muß ſich ewig b.“ gew. aus-b. (ſ. d.) heißen;
ebenſo: Die Andrer Nachruf nicht aus blindem Eifer b. Gün-
ther 743; Wie die Patricierpeſt ſich breitete. Böttger Byr. 8,
187 und in mehreren der oben angeführten Stellen. Unge-
wöhnl. iſt „ſich b.“ wie Gryphius 2, 315; Opitz Pſ. S. 76
= ſich breit machen, brüſten, aufblaſen (Spate 225). —
Campe hat noch „b.“, bei den Färbern, Kalk in die Blauküpe
ſchütten, wo es jedoch vielmehr „bereiten“ (ſ. d.) iſt. —
Sanders, deutſches Wörterb. I.
Schleſiſch: „Einen b.“, ihn überwinden; „Etwas b.“, ver-
mögen. Weinhold.
Zſſtzg. (vgl. die von ,Bereiten“), z. B.: Áb-:
das gegoßne Kupfer unter dem Breithammer breit-
ſchlagen, abpochen. — Án-: Landwirthſch.: Getreide
a., zum Dreſchen in der Tenne auseinander legen;
Flachs a., breit auseinanderziehn. Brem. Wörterb: —
Āūf-: auf, über etwas Darunterliegendes ausbreiten:
Daß die vulkaniſche Höhe des Kammerbergs nur oberflächlich
auf einem Glimmergrunde aufgebreitet ſei. G. 40, 234;
Ließ ich Tafeln, Tapeten und Lappen a. 29, 61; Hat er dem
Gaſt ein Bett ... aufgebreitet. Schaidenraißer 72a. — Aūs-,
tr. und refl.: breitend ausſtrecken, auseinander-legen,
-falten, entwickeln. Jnſofern das Ausgebreitete nur
einen größern Raum einnimmt, kann auch das einfache
„breiten“ ſtehn, — in der Proſa gewöhnl. mit einer
abhängigen Präpoſ., — inſofern es aber ein innres
Wachsthum bez., ein Größerwerden und Zunehmen,
ein Entwickeln aus dem Innern nach allen Seiten in
ununterbrochnem Zuſammenhang, iſt heute a. gewöhn-
lich. Hierin liegt zugleich auch der Unterſch. von dem
zuw. ſinnverwdt. „ver-b.“, worin nicht die Beziehung
auf einen Mittelpunkt liegt, an den ſich auch die ent-
fernteſten Verzweigungen ſchließen, ſondern nur das
Fortpflanzen ins Breite und Weite, z. B.: Der fliegende
Vogel breitet die -Flügel aus; Die Henne breitet die Flügel
über die Küchlein. — Man breitet ein zuſammengelegtes Tuch
aus, breitet es auf den Tiſch; Sein Leben | liegt faltenlos
und leuchtend ausgebreitet. Sch. 399a. Ungewöhnl.: Ver-
breite [breite aus] dein Gewand, halb über mich gegoſſen, |
daß den geſchränkten Fuß der Nachbar nicht erblickt. LHNicolai
1, 224. — Daß der junge Mann ſich eifrig beſtrebte, nach
allen Richtungen hin ſeine Kenntniſſe auszubreiten [zu ver-
größern], aber die Grundlage ſeiner Bildung war zu ſchmal.
Tieck Acc. 1, 245. — Die chriſtliche Lehre hat ſich von Pa-
läſtina aus faſt über die ganze Erde ausgebreitet; Ein weit
verbreiteter Aberglaube [ohne Beziehung auf einen Mittel-
oder Ausgangspunkt]; Die Cholera hat ſich von Aſien aus
ſprungweiſe über Europa verbreitet ꝛc. — Wenn er ſich des
Weiteſten über dieſelben mit . .. Beleſenheit ausbreitet. Bur-
meiſer gB. 2, 317 [breit ausſpricht]; Der Schleier blutig-
roth, aus Dunſt gewoben, | auf ebne weite Landſchaft aus-
gebreitet. Chamiſſo 4, 18; 241; Faden, der ſich ... zu einem
reichen Gewebe ausgebreitet hat. Danzel 450; Wiſſenſchaft,
die durch Erfahrung weiter ausgebreitet, | dem Menſchen
nutzt. G. 13, 98 [gewachſen, größer geworden]; Eine
ausgebreitetere Kenntnis der Welt. 39, 98; Weit ausgebrei-
tet war der Handel. 224; Er hatte ſehr ausgebreitete Ver-
bindungen. 247; 9, 247; Die Ausbreitung des Fluſſes
ladet auch das Gemüth ein, ſich auszubreiten. 22, 231;
[Arme], die den leeren Winden nur ausgebreitet waren. 13,
49; Was ſie dort a., in die Welt hinausblaſen würden.
Gotthelf G. 328; Reinliche Gaſſen breiten ſich aus; mit er-
höhetem Pflaſter | ziehet der ſchmälere Weg neben den Häu-
ſern ſich hin. Sch. 83a ꝛc. — Das Refl. im Partic. zuw.
auch ohne „,ſich“ (ſ. d.): Eine a–de Tiefe. Guhrauer L. 2,
106. — Dazu: Ausbreitung (ſ. o.), auch konkret:
Jene unpaaren floſſenartigen A–en, welche den Fiſchen ...
nicht leicht abgehen. Burmeiſter Gſch. 408 ꝛc. Ferner: Bei
der Ausgebreitetheit der Deutſchen. Jahn M. 34; V.
397 ꝛc. — Be-: breitend bedecken: Mit Vließ und
Teppich Aller Sitz bereitet ſchon. Droyſen Ar. 3, 367; Logau
2, 2, 3. — Dār-: hin-b., ſo daß es bereit daliegt.
— Eīn-: Weißgärb.: die enthaarten Felle in die Aſche
legen. — Entgêgen-: breitend entgegenſtrecken, die
Arme ꝛc. Immermann M. 4, 163. — Er-: breiter machen,
ſelten: Gemach, deſſen Fenſter erbreitet iſt. LSchücking HdZ.
1, 85; veralt.: Dein Ruhm und Lob e. Waldis Pſ. 106,
13, ſt. ver-b. — Hêr-, Hín- ꝛc.: Breit’ um uns her
den purpurrothen Flor. Sch. 47a; Mögen dieſe Felſen um
uns her | die undurchdringlich feſte Mauer breiten. 534a;
314b ꝛc. — Die Kleider hin-zu-b. Gutzkow R. 3, 158; H.
16, 150; Ranken ..., der ſich nach jedem nahgelegnen Stäud-
chen hinbreitet, um ſich daran hinaufzuſtängeln. Muſäus M.
4, 34 ꝛc. — I. Über-: darüber breiten, breitend über
Etwas legen, ſ. II. — II. Über-: mit etwas Überge-
legtem, Ubergebreitetem bedecken: Er überbreitet den Tiſch
mit einer Decke [breitet eine Decke über]; Die Abendſchatten
überbreiteten zuletzt die höchſten Gipfel. Rank Arm. 31; Gleich
ihr [Aurora] ... überbreitete | dein Dichterglanz die fahle
Region. Thümmel 5, 86. — Umhêr-: Er breitet die Farbe
ſeiner Empfindung weit umher. H. R. 7, 162. — I. Un-
ter-: breitend unter Etwas legen: Auf untergebreitete
Kräuter. V. Ov. 2, 26; Eichenhain mit dem untergebreiteten
Teppich. Monatbl. 2, 444a. Auch: Daß man ihm Wünſche
und Pläne unterbreitete [unterſchob], die er nicht hegte.
Lewald Wandl. 2, 471 ꝛc. — II. Unter-: Einer Perſon
oder einem Gegenſtande Etwas unter-b., es ihnen als aus-
gebreitete Unterlage, als Grundlage ꝛc. geben: Der
ganze Dialog hat eine Färbung, die, wenn ihm nicht die Ver-
ſifikation unterbreitet wäre, eine ganz andre ſein müßte. Dan-
zel 145, beſonders oft im Kanzleiſtil: Das Reſkript, das
dem Großherzog zur Unterzeichnung unterbreitet [vorgelegt]
werden mußte. König (Monatbl. 1, 538a ꝛc.). — Ver-,
tr. und refl.: weithin ausdehnen; tr.: auf eine große
Entfernung hindringen laſſen und refl.: dringen (ſ.
aus-b. und verbreitern); refl. auch: ſich in Breite, aus-
führlich über Etwas ausſprechen: Ein Gerücht, einen Ge-
ruch, Geſtank, Schatten ver-b. ꝛc.; Gerüchte ꝛc. ver-b. ſich.
— Die abhängigen Präpoſ. meiſt mit Accuſ., doch zu-
mal beim Refl., zuw. auch — mit einer Nüance —
mit Dat.: Der Geruch verbreitete ſich im ganzen Saal und
von da aus auch in die anſtoßenden Zimmer ꝛc.; Gehört zu
den allerverbreitetſten Gruppen. Burmeiſter Gſch. 261; Ins
Land Verwüſtung zu ver-b. Chamiſſo 4, 79; [Des Rheins]
verbreitetes Bette. G. 5, 11; Da auf der freien Erde Men-
ſchen ſich ... verbreiteten. 13, 131; Die Majeſtät verbreitet
ihren Schutz auf Jeden. 151; Licht-v–d. 265; Weit verbrei-
tet euch! 286; Sternhimmel, der ſich immer zu ver-b. und
Alles zu umſchließen ſchien. 18, 145; 31, 15; Weitläufigen
Brief ..., welcher ſich ... über der Tochter Fortſchritte mit
Behagen verbreitete. 15, 29; Gift, das wie ein Quell ſich
verbreitet. Heinſe A. 2, 64; Bis der Spiegelſextant ... unter
die Seefahrer verbreitet wurde. Humboldt K. 2, 335; Ver-
breitete ſich Heiterkeit auf die traurigen Geſichter. Klinger F.
127; Die Wieſe mit weithin verbreitetem Teppich. Sch. 75a;
Die Hände v–d [ausbreitend] ſchwamm er. V. Od. 5, 374;
Den Thälern zu, die ſich in unabſehbare Weiten | ... vor
ihrem Blick ver-b. W. 20, 36; Da zwiſchen ſeinem Freund |
und ihm die offne See ſtets weiter ſich verbreitet. 179; 334
ꝛc. — Dazu: Verbreitung, f.; –en: V. einer Flug-
ſchrift ꝛc.; auch Verbreitetheit, f. ꝛc.
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