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all
†I. All, a.: 1) eine Geſammtheit bez. und die Mitte
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haltend zw. jeder und ganz: Bei Dieſem tritt die Ge-
ſammtheit als Einheit, als Inbegriff der einzeln Theile
auf; in all liegt nur die Vollſtändigkeit der einzelnen
Dinge, nicht ihr Zuſammenfaſſen zur Einheit; jeder
drückt im Ggſ. des Zuſammenfaſſens die Vereinzlung
auts: Jeder Theil der Maſchine wird von einem eigens darauf
eingeübten Arbeiter gearbeitet; alle Theile erhält der Ma-
ſchinenbauer, der aus ihnen die ganze Maſchine zuſammen-
ſtellt ꝛc.; Alles [zuſammen] und Jedes [im Einzelnen]
zeigen; All und jeder Hansnarr; Alle und jede Argumente.
G. 20, 125; Alle und jede Richter. L. 6,319 ꝛc. Alle
haben es geſehen. Nicht alle dieſe Diamanten [ſondern
nur einige davon] ſind echt; Alle dieſe Diamanten ſind nicht
echt [keiner davon iſt echt]. Alle Metalle; alles Metall;
alle Furcht; alles Gethier, ſeltner: Alles Thier; Und ſo
ſchläft nun aller Vogel. G. 4, 124 ꝛc.; Alle 4 Wochen;
alle 5 Fuß; alle Abend; alle Meile ꝛc. (vgl. jeder). All
der Himmel, wenn’s ein Blatt Papier wäre, | all der Wald,
wenn es Rohrfedern wären ꝛc. Talvj 2, 78; All bedecken
werden es die Türken. 252 (vgl. ganz). Alles oder
Nichts; Sein Eins und Alles; Alles in Allem ꝛc.; ferner
auch Alles (oder all) neben den fragenden und bezüg-
lichen Fw., ſie verallgemeinernd: Wozu mein gekränktes
Herz jetzt nicht Alles fähig wäre. G. 10, 196 [zu wievielen
u. zu welchen Dingen ꝛc.]; Wer Alles?; Was fehlte nicht
Alles!; Als er ſah, wie und wo man die Excellenz Alles ſucht.
Gutzkow R. 2, 367; In Rom und wo all. König Klub.
1, 10 ꝛc. Aller (Gen. pl.) zur Verſtärkung von Su-
perlativen: der aller -größte, kleinſte, höchſte, niedrigſte ꝛc.;
aller -höchſt, unterthänigſt. All, das Übermaß verſtär-
kend vor zu: Allzugut iſt dumm; Allzuklug verfehlt das Ziel
wie allzudumm ꝛc. und auch ſonſt vor allen Ew. (und
Part.) und Adv. zur Verſtärkung, ſ. G. 4, 111 und
z. B. All- mächtig (Allmacht), wiſſend (Allweisheit) ꝛc.,
ferner all- hier, da, wo, je ꝛc. und die Vereinzlung her-
vorhebend in: all- ſtündlich, täglich, ſonntäglich (Freiligrath
Pol. 2, 73), donnerstäglich (Bodenſtedt 1, 110) ꝛc.
2) adv. = fertig, zu Ende: Die Kugeln ſind a–e, wir
wollen neue gießen. G. 9, 89; Nun ſchießt nur hin, daß es
a–e wird. 139; Die Pinnen ſind a. Gutzkow R. 4, 109.
Soviel kann ich ungefähr noch mitbringen, um ein Jahr da
zu leben; wenn Das a–e iſt, nun, ſo wär’s auch hier a–e.
L. 12, 203; 3, 71; Meine Hyacinthen ſind a–e. Sch. 310a;
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II. conj. immer am Anfang des vollſt. oder
verkürzten Satzes im Ggſtz. zum Vorangehnden,
ſtärker als das ſvw. aber: Er iſt reich, a. (er iſt) nicht glück-
lich; Da, dacht’ ich, liegt das Gold wie Stroh .. . A., a., a.,
a.! | wie kann der Menſch ſich trügen! | Ich fand da Nichts,
als Stock und Stein. Claudius.
Anm. Durch all verſtärktes ein, doch nun in Ausſpr.
(al-lein), Bed. und Anwendung von all-ein geſchieden (vgl.
alleinig): Den all-einen Geiſt. Droyſen; All-Einslehre. Wal-
dau ꝛc. In der Bed. I ſteht wegen leicht möglicher Ver-
wechslung mit II a. nicht gern an der Spitze, ſ. z. B.: Das
ward Alles von der Erde vertilget. A. Noah blieb übrig.
1. Moſ. 7, 23, gw. und klarer: Noah a. ꝛc. Etwas Andres
iſt es, wo kein Anſchluß an Vorhergehndes ſtatthat, z. B. in
Liederanfängen: A. Gott in der Höh ſei Ehr! A. auf
Gott hoff und vertrau! ꝛc., oder wo vor a. noch Bindew.
ſtehn: Da a. Noah übrig blieb; Wir wiſſen, daß a. Noah
übrig blieb; Denn a. N. bl. übrig, ſ. Pſ. 4, 9; Sondern a.
Matth. 24, 36; Nicht a. [ſ. 1a] ꝛc. Die Stellung be-
gründet im Gebrauch auch Unterſch. von den ſvw. nur, bloß,
einzig, welche beſchränkende Adv. (die beiden letztern auch at-
trib. Ew.) oft zu a. hinzutreten und ſonſt überall ſtehn, wo
a. Zweideutigkeiten veranlaſſen könnte, nam. als Beſchränkung
eines Zeitw. ꝛc.: Komm nur, aber komm allein! Ich ſoll
ihn nur zu ſehn bekommen, ſo ſag’ ich’s ihm; Wo ich ihn nur
ſehe [verallgemeinernd = auch immer], ſoll er’s hören; So-
bald ſich nur der Haushund reget. Hagedorn; Schon a. das
Bellen des Hundes ſchreckt ihn; Ich will’s gern thun, nur
heute nicht [mit dieſer Beſchränkung, daß heute ausgenommen
wird; a., als Bdw., bezeichnete einen Ggſtz.] ꝛc. Dagegen
ſteht im Anſchluß an bezügl. Fw. gw. nur a., z. B.: Nur
Gott iſt weiſe; Gott, der a. weiſe iſt. Röm. 16, 27;
Zeitſchriften, aus welchen a. ein großer Theil .. ſeine Bildung
ſchöpft. Börne 2, 6; Ein Grundprincip, aus welchem und aus
welchem a. alle Phänomene ſich befriedigend erklären laſſen.
Fichte 8, 8. Zu dem prädikativen Ew. [ſ. 1b] gehört auch
die Verb.: A. mit a. Heinſe A. 2, 82 (gew.: Wenn ſie Beide
a. ſind); ferner die Steigerung, z. B.: Man wird mehr und
mehr a. Zelter 4, 172 ꝛc., ſeltner: Da ich immer a–er
werde. 5, 317, oder: Hier mehr als draußen | bin ich a–er.
G. 3, 70. In der Bed. 1b und c oft a–e, veralt. a–lich.
Fiſchart B. 110b. Bſtw. in Zſſtzg., wie A.-Herrſchaft,
Handel ꝛc. Fortbildungen: A–heit, f. (gw. Das A–ſein.
G. St. 3, 193; Gutzkow R. 5, 66): Ihn jammerte die A.
und Verlaſſenheit des Kindes ꝛc., verſch.: Keine rohe All-
Einheit, dergleichen auch das Syſtem des Spinoza nicht iſt.
H. Gott 133. A–ig, a. (–keit, f.; 0): Das Mittel
hierzu iſt einfach und a. ꝛc. Börne 2, 302; Nachrichten auf
denen ſeine a–e Hoffnung beruht. Chamiſſo 4, 253; 5, 130;
A. hervortreten. Heine Lut. 1, 238; Ein Ketzerrichter, der
an der A–keit ſeines ſtatuariſchen Glaubens feſthängt. Kant
6, 371 ꝛc. Verſch.: Statt Zwietracht herrſcht Eintracht und
All-Einigkeit ꝛc., was auch zuw. ſt. All-Einheit ſteht, vgl.:
Sich in die All-Einigkeits-Lehre zu flüchten. G. 4, 203 und
dazu 197: Die Einheitslehre ... daß an göttlichen Weſen
zuletzt Alles untertauche und ſich verkläre; ebenſo: Daß er
[Gott] der All-Eine iſt oder vielmehr, wie wir auf dem
gegenwärtigen Standpunkt uns noch ausdrücken müſſen, der
nur all-einig ſein Könnende, Dies iſt nun auch der einzige
wahre Inhalt des Begriffs Monotheismus. Schelling 2, 2,
61, ſ. Zſſtzg. von Einig.