Faksimile 0026 | Seite 18
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ahncn
Āhncn, tr. und intr. (haben): 1) ein dunkles Ge-
fühl, eine unbeſtimmte Empfindung v. Etwas haben,
im Ggſ. der klaren Anſchauung und deutlichen Wiſſens,
oft m. d. Nbnf. ahnden [ſ. d. 2]; doch z. B.: Schien
nicht zu ahnden oder nicht zu ahnen [zu rügen oder auch
nicht einmal zu vermuthen], | daß du gekommen ſeiſt von
Hürd’ und Stadel. Rückert 2, 97 ꝛc. a) tr.: Ja, ſo ahn-
dete dich, mir ſelbſt noch ein Fremdling, mein Herz ſchon.
Brinckmann Gd. 92; Das allein | unterſcheidet ihn | von
allen Weſen, | die wir kennen. | Heil den unbekannten, | hö-
hern Weſen, | die wir a. G. 1, 67; Was ahneſt du? was
weißt du? 13, 283; Er liebte! Ich liebe, wie er, ich ahnd'
ihn. 4, 111; Ihre [der Planeten] Gänge durft’ ich a., |
aber Er berechnet ſie. Schwab 45; Nur Manches ahnt er
leiſer, | wie ſtillen Morgentraum. Voß 3, 216; Od. 10,
374 ꝛc. [ſ. f.] b) refl. (ſelten): O du, die ſich mir
ahnet. Tiedge [meinem Gefühl ſich ankündigt, vgl. eig-
nen]. c) intr. m. abhängiger Präp. (ſelten): Schließt
oder ahndet von Beiden auf die Zukunft. H. R. 7, 161;
Da ahnd’ ich ganz, Natur, nach dir. G. (an Lavater 29; Mercks
Br. 1,55; Lavater Phyſ. 1, 272, vgl. ahnd = ich empfinde
Sehnſucht, wie es G. 2, 179 heißt: Da ſehn’ ich mich,
Natur, nach dir). d) unperſ. m. Dat. der Perſ.:
Ob mir gleich ſelbſt zu a. anfing, unſere Luſtbarkeit werde
einen Stoß leiden. G. 14, 22; Es ahnet mir und gemahnet
mir, daß ꝛc. Rückert Mak. 1, 70; Ihm ahndete, daß es ein
Gott ſei. V. Od. 1, 324; W. 16, 58 ꝛc. e) Unperſ.
m. Acc.: Mich ahndet’s, daß du mich wiederſehn wirſt.
Kl.; Da war’s, als ob ihn ’was ahne. Rückert Mak. 1, 96 ꝛc.
f) Zu a. das Part.: Im Rauſche nie geahnter Selig-
keit. Kinkel; ſo auch: Zu einer bisher unbekannten, ja un-
geahnten Denkfreiheit. G.; Nichts a–d; Liebahnend. G.
Merck 2, 38 ꝛc. g) Ein ſelig A. Freiligrath Garb. 42;
Ein dunkles A. Lenau A. 249; 236; Ein ſchweres, banges
Ahnden. 227; Mir fliegt ein böſes Ahnden durch das Herz.
Sch. Stuart 38 [„Ahnen.“ Sch. 411b]; Banges Todes-A.
Lewald Ferd. 3, 147 ꝛc. (ſ. Ahnung). Auch: Hoffnung,
Ahnerin Deſſen, was vergeſſen uns jegliche Pein macht.
Lavater Zürich (1800) 1. 2) ſelten = ahnden 1: Wie
willſt du den Frevel a.? | Ich will doch an meinem Unter-
thanen | die Strafe ſelber vollſtrecken. Rückert Nal. 173.
Anm. 1. Vomſelben Stamm wie ahnden [ſ. d.], ſchon
früh vorkommend, ſ. Benecke. Wie es mich ahnt, ſo ging’s
auch. Berlichingen 236; Die Roſſ(e) will auch ahnen ein
Schlacht. Eppendorf 75; Ahnung. 43; 81 ꝛc. Nbnf.: Als
öhne ſie es, daß es bald ein Ende .. nehmen ſoll. Luther 5,
530a; Weil mir nun ’was ahnſete. Schweinichen 3, 218 ꝛc.
Anm. 2. Die Ahnung geht oft dem Geſchehnden vor-
aus (ſ. vor-a. ꝛc.), kann aber auch nachfolgen: Als ich das
ſchwarze Siegel des Briefs ſah, ahnte ich gleich den Tod mei-
nes Vaters ꝛc. Das ſvw. vermuthen ſtützt ſich auf Gründe,
auf Verſtandesſchlüſſe; a. auf das Gefühl, weßhalb die Ah-
nung, ohne daß ſie der Wirklichkeit grade immer näher iſt als
die Vermuthung, doch ſo erſcheint, z. B.: Bedeckt der Kalkſtein
hier die Region, | ſo ahn’ ich unten Thon. G. 6, 24, ſichrer
als vermuthen, aber zugleich mit dem Geſtändnis, daß die
Geognoſie den Zuſammenhang nicht durchſchaut; Ich ver-
muthe aus ſeinen Äußerungen, daß er noch Nichts von dem
Unglück ahnt ꝛc. Vgl. auch ſchwanen.
Zſſtzg.: Be-: ſ. I. Ahn. Anm. 1. Ferner z.B.:
Er-, tr.: ahnend Etwas erkennen, vermuthen. W. Hum-
boldt 1, 23; 3, 81; Erahnung 1, 9 ꝛc. Herāūs-, tr.:
ahnend herausbekommen: Die Geſchichte ihrer Bildung
lieber h., als herausforſchen. G. 39, 57; V. Myth. 1, 33;
Zelter 3, 91 ꝛc. Herbēī-, tr.: Künftige Zeiten des
Troſtes vorbereiten, durch Ermahnung, Lehre und Geſang ſie
gleichſam h. H. R. 7, 164 ꝛc. Nāch- [Anm. 2]:
Platon, den alten Nachahnder der alten Phyſiker, Voß Ant.
1, 369. Vōr- [Anm. 2]: Der treffliche, das Echte
v–de. Leſſing G.; Sein V. zukünftiger Möglichkeiten. 39, 115;
Mein künftiges Schickſal un-v–d. 14, 236; Vorahndung.
Reinh. 225; Als hätte ſie ihr Jdeal in Dankmar nur vor-
geahnt und es in Siegbert .. gefunden. Gutzkow R. 5, 260;
Herbſtesvorahnungen. 2, 370; Nicht ohne mehrere Vorahner
erkannte Thales. Voß Ant. 1, 185 ꝛc. Vorāūs-:
vor-a. Heine Sal. 1, 18 ꝛc. Zuſámmen-: ahnend
zuſammenbringen ꝛc.: Das aus den matten Widerſtrahlen
von der Phantaſie zuſammengeahndete Bild.