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Ader
Āder, f.; –n; Äderchen, lein; -: 1) im thieriſchen
Körper die ſich durch denſelben verzweigenden Kanäle
zum Umlauf der Säfte, nam. a) des Bluts. Man
unterſch. die aus den Herzkammern entſpringenden
Puls- oder Schlag-A–n (Arterien), die dunkles Blut in die
Lungen und rothes in den Körper ſpritzen, von den in
den Kapillargefäßen des Körpers und der Lunge ent-
ſpringenden, in die Vorkammern des Herzens einmün-
denden Blut-A–n, die dunkles Blut aus dem Körper u.
rothes aus der Lunge empfangen. Unter dieſen z. B.
die Pfort-A. ꝛc.; die goldne A., deren es zwei giebt, eine
inwendige und auswendige, ſich bis ins Gefäß er-
ſtreckend, durch Anſchwellen zumal bis ſich der Blut-
fluß einſtellt oft ſchmerzend; auch dieſer Blutfluß’
(griech. Hämorrhoiden) heißt goldne A. und, wenn ver-
halten, blinde goldne A.: Hat uns drei Kindern Nichts hin-
terlaſſen als die goldne A. Auerbach ꝛc. Ein Äderlein ge-
troffen. Berlichingen; Die zarten blauen Äderchen. Gutzkow ꝛc.
Das Offnen der Blutadern, nam. am Arm, zuw. auch
am Fuß, zum Ablaſſen von Blut, wird von Ärzten
oft verordnet: Einem eine A. öffnen (G. 19, 184), ſchlagen
(Goltz 1, 57), laſſen (G. 14, 153); A. laſſen (Lewald Roth.
Erd. 52); zur A. laſſen (Hebel 3, 259; Lichtenberg 5, 474);
Sich zur A. laſſen (Immermann M. 1, 234) oder mit aus-
gelaſſnem „ſich“ (Hebel 3, 134; L. 12, 342; 432). Ver-
alt.: Einem der A. ſchlagen. Weidner 256; Einem laſſen.
Ryff Th. 31, 37 u. o. (ſ. auch Blut laſſen). Nicht
nachahmenswerth: Einen (zur) A. laſſen. b) Kanäle
zum Umlauf andrer Säfte, z. B. die den Milchſaft in
die große Gekrösdrüſe führenden Milch-A–n, venae
lacteae; die dem Geblüt ein helles Waſſer zuführenden
Waſſer-A–n, vasa lymphatica ꝛc. c) Auch ohne Rück-
ſicht auf darin umlaufenden Saft aderförmig ausſehnde
und verzweigte Theile des Körpers, z. B. Äderchen =
Fiber; bei ältern Anatomen auch: Band-, Flachs- (Schai-
denraißer 13a), Spann-A. (z. B. 1. Moſ. 32, 32) ſtatt
Flechſe, Sehne ꝛc.
2) Auch die aderförmig ſich verzweigenden Züge in
Pflanzenblättern, in Holzen, in Steinarten (nam.
Marmor); die Gänge und Kanäle des Waſſers unter
der Erde, der Erze in den Bergen ꝛc.: Eine reiche, er-
giebige A.; Die A. verſiegt ꝛc.: Das Gold in Kammern und
A–n. Chamiſſo; Obgleich dieſem [Berg] von Gold die A–n
glühen. Knebel; Hieb als Lehrhäuer eine reiche A. an. Novalis;
Gehen die Waſſer in vielen kleinen A–n und Zweigen ausein-
ander. Kohl ꝛc. 3) Übertr.: Strömte der akademiſchen
Jugend das Blut raſcher und feuriger durch alle A–n des
Geiſtes. Börne; Die goldene [goldhaltende] A. der Seele die-
ſes Mannes ſchon erſchöpft. Kohl Alp. 1, 415; Die ſtrotzende
A. der komiſchen Kraft. Möricke; Ein Edelmann und Fürſt in
jeder A. Tieck; Einwendungen, die ihn auf neue A–n von
Wahrheit führen. W. (Mercks Br. 2, 79) ꝛc. So nam.
4) in Redensarten und Verb.: In (an) ihm iſt keine gute
A. (vgl. kein gutes Haar); keine falſche A. G.; nicht eine
A., nicht ein Nerv fürſtlichen Gemüths. Börne ꝛc.; Er hat
keine A. von ſeinem Vater [Ähnlichkeit in ſeinem Weſen];
Du haſt die ſiebente A. von deinem Path. vHorn rh. D. 258
[kaum eine entfernte Ähnlichkeit]; Kein Äderchen von
ihm. Sch.; Einige Oden haben wirklich eine horaziſche A.
Danzel; Kerls, die keine A. griechiſch Blut im Leibe haben.
G.; Wer eine A. von einem Bauer im Leibe hat. Gotthelf ꝛc.
Keine A. [Anlage, Trieb, Neigung] zu Etwas haben;
Dazu ſchlägt in mir keine A.; Das Große iſt ihnen unbe-
quem, ſie haben keine A., es zu verehren. Eckermann; Ich
habe zu der ſpaniſchen Lebensart nicht einen Blutstropfen in
meinen A–n. G.; Dichteriſche A., zuw. auch bloß: Die
Fülle ſeiner A. Chamiſſo 6, 287 (wie im Franz. veine) ꝛc.
5) bei Drahtziehern die in einem Ring Draht be-
findlichen kleinern Stücke Draht.
Anm. Mundartl. Verkleinr.: Ädrigen. Zink 1, 423;
Stamm unſicher, nach Grimm ſkr. at (gehen), alſo Gang,
Kanal.
Zſſtzg. unerſchöpflich, z. B. in der Bed. 1a nach
den Körpertheilen, wo die Adern ſich befinden, wie
Bruſt-, Leber-, Lungen-, Milz-A., -Schlagader, -Blutader ꝛc.,
deren nähere Beſchreibung der Anatomie angehört; in
einigen meiſt veralt. Namen bez. das Bſtw.
Das, worauf man einer A. beſondre Wirkung zuſchrieb,
z. B. Augen-A., die man in Augenkrankheiten; Milz-A.,
die man in Milzkrankheiten zu öffnen für beſonders
heilſam hielt; Gicht-A. ꝛc. So findet man z. B. Ryff
Sp. 170 ff. eine Menge von Namen. Zu 2 gehört
z. B. Brunn(en)- (auch übertr. 3: Reiche Brunn-A. von
Witz. W. 15, IV); Fluß- (Kohl A. 2, 7); Bergſtrom-(133);
Erdball- (Freiligrath Garb. 142), Quell- (Rückert Mak. 1, 7),
Strom-, Waſſer-A. (Hackländer Hdl. 1, 206) ꝛc. Ferner:
Erz-, Arſenik- (Gutzkow R. 3, 194); Felſen- (Sch. 3a);
Eiſen- (Jeſ. 48, 4); Kryſtall- (G. 14, 239); Metall- (Hebel
3, 189); Leim-A. (L–n, die zu ewigem Marmor werden.
Mercks Br. 2, 6) ꝛc.; übertr.: Die vererzte Liebe-A. aus
dem Mädchen hervorſprengen. IP. 2, 119 ꝛc. Zu 3 u.
4 = Neigung, Anlage, Natur: Sie hätten ſtatt ihres
Heldenmuths eine Schneider-A. im Leibe. G. 9, 199; Daß
eben eine ſolche Menſchen-A. auch durch ihn durchgeht. 32,
214; Der eine gewaltige Narren-A. im Leibe hatte. 28,
199; Haſſte die Tyrannen, weil er ſich ſelbſt eine Tyrannen-
A. fühlte. Z. 2, 48; Dieſe Hunde-A., daß du ihr gut biſt.
Rahel 1, 465 ꝛc. Wir führen nochan: Bánd- [1b].
Blūt-[1a]. Bránd-: Schenkel-A.; Krumm-
darm-A.; Landwirthſch., Brandfleck, Stelle in einem
zugerichteten Erdboden, wo kein Gewächs aufkommen
will. Brúnnen- [2]: ſ. o.; auch Adern unter
der Zunge des Rindviehs, die bei der Feuerkrankheit
geöffnet wurden. Dróſſel-: Kehl-A.; bei den
Pferden Lungen-A. Félſen- [2a]: unter den Ar-
men Ryff Sp. 1, 172b; [2] Sch. 3a. Fláchs- [1c].
Flēīſch-: Aſt der Schlüſſelbein-A. Frāūen-:
Zweig der Schenkelader, saphena, früher bei Mutter-
beſchwerden geöffnet, daher auch Mutter-, Roſen-A. mit
Bezug auf die Roſe od. ſogen. Blume, Menſtruation
der Frauen. Ryff. Fróſch-: eine leicht aufſchwel-
lende Ader unter der Zunge. Gícht-: ein Aſt der
Brand-A. Hōhl-: Hohlblutader, die in die rechte
Herzvorkammer ſich ergießende Vene. Kíndes-:
Aderkropf. Kóller-: Zorn-A.; Die K. trat mächtig
an der Stirn hervor. Muſäus. Licht-A. 2. Krámpf-:
Aderkropf. Lêbens-: eine A. als Hauptſitz des
Lebens, Schlag-A., oft übertr. Geibel Rod. 82; Tieck
Acc. 1, 213. Lêber-: auch der untre größre Aſt der
Achſel-A., Baſilika. Ryf Sp. 173a. Lícht-: 1) die
helle (lichte) Ader, woran das Herz und das Geräuſch
(Geſchlinge) hängt, Licht. 2) ein bei Krankheiten
der Lichter d. i. Augen, aber auch beim Koller zu öffnen
für heilſam erachteter Aſt der Lungenader in der Gegend
der Schläfen bei den Pferden. Lúft- (veralt.):
Puls-A. Māūs-: an der Naſe des Pferds.
Mǟūslein-: Fleiſch-A. Mediān-: Mittel-A.
Mílch- [1 b]; Stark hervortretende „M–n“ unter dem
Bauch der Kuh. Tſchudi Th. 594. Mílz-: ſ. o., auch
ein Aſt der Hohl-A. von der Vorhand bis zum kleinen
Finger. Míttel-: Aſt der ſogen. Leber-A., in der
Mitte des Arms entſpringend. Múskel-: Fleiſch-
A. Mútter-: Frauen-A. Pfórt-: eine der
drei großen das Blut aus dem Unterleib in die Leber
führenden Venen. Púls-: Schlagader; auch z. B.
von einem Fluß: Haupt-P. des Landes. Kohl J. 1, 84.
Rêhe-: bei Pferden, im Schenkel. Fleming J. 205 a.
Rōſen-: Frauen-A. Schránk-: Roſen-A. der
Pferde. Schlág- [1a]. Sêhn-: Sehne.
Sēīten-, Spōr-, Spórn-: am Bauch des
Pferds, in der Gegend des Sporns. Stāhl-:
ſtahlharte Stelle im Eiſen. Stérn-: Schwanz-A.
des Pferds. Strāhl-: durch den Strahl an
der Spitze des Pferdehufs gehend. Tōdes-:
bei Kindern ein dunkelblauer Streif unter der Stirn,
von einem Auge zum andern, weil man wähnt, daß
ſolche Kinder ſterben müſſen. Kinkel Erz. 278.
Víertel(s)-: die ſogen. Leber-A., bei Thieren.
Wǘrfel-: bei Pferden, = dritte Staffel, dritter
Kern, d. h. die dritte Furche des Gaums. Fleming
J. 205b. Zórn(es)-: eine bei Zornigen an-
ſchwellende Ader auf der Stirn. Alexis H. 1, 1, 236
U. v. a.